LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7334 18.11.2014 Datum des Originals: 17.11.2014/Ausgegeben: 21.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2727 vom 25. September 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/6899 Zeitüberschreitungen bei Bauprojekten des Bau- und Liegenschaftsbetriebes BLB – Bei wie vielen Bauvorhaben ist es dem BLB nicht gelungen, Neubaumaßnahmen zum geplanten Zeitpunkt abzuschließen, und sind dadurch Mehrkosten entstanden? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2727 mit Schreiben vom 17. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Erstellung eines mangelfreien und funktionstüchtigen Bauwerks, die Einhaltung dessen Kostenplans sowie die Einhaltung der vereinbarten Bauzeit sind bei einem Bauvorhaben sowohl für private Investoren als auch die öffentliche Hand von zentraler Bedeutung. In aller Regel wird daher die Bauzeit, also die Zeit zwischen dem Beginn der Bauausführung eines Bauvorhabens bis zur Bauabnahme, vertraglich festgelegt und bietet so gleichermaßen dem Investor wie den beteiligten Auftragnehmern einen zeitlichen Orientierungspunkt bei der Durchführung dieser Neubaumaßnahme. Die Erstellung eines Bauvorhabens ist jedoch ein kompliziertes Vorhaben, das sich nur schwer so planen lässt, dass der Ablaufplan ohne Änderungen durchgehalten werden kann. In aller Regel stellt sich heraus, dass es dabei zu Verzögerungen kommen kann. Insofern ist, insbesondere bei begrenzt verfügbaren finanziellen Mitteln, bei der gesamten Bauplanung mit enormer Sorgfalt vorzugehen und bereits in der Planung mit Zeitpuffern zu kalkulieren. Eine Bauzeitüberschreitung ergibt sich beispielsweise durch neue zusätzliche nachträgliche Wünsche des Bauherrn, unerwartete Probleme mit der Beschaffenheit des Grundstücks (wie Altlasten etc.) oder einer schwierigen Wetterlage. Aber auch Planungsfehler, problematische Grundstückskäufe und fehlende Kontrollen spielen eine bedeutende Rolle. Meist geht eine Bauzeitenverzögerung in der Folge einher mit deutlichen Mehrkosten, die unter anderem LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7334 2 durch verlängerte Baustelleneinrichtungen, Personalkosten, Stillstandskosten, Lagerkosten oder die Zahlung zusätzlicher Leistungen entstehen. Am 13. September 2014 hat die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) von der erneuten Verzögerung beim Neubau der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum-Querenburg berichtet, der in der Verantwortung des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebes (BLB) liegt. Die Hochschule wird demnach anders als geplant erst im nächsten Jahr fertig, so dass die Umzugspläne verschoben werden müssen und nun voraussichtlich frühestens zum Wintersemester 2015/2016 der Lehrbetrieb in Querenburg aufgenommen werden kann. Die Situationsbeschreibung und Kommentierung in der WAZ ist entsprechend kritisch: „Der Gesundheitscampus, das wegweisende und mit 75 Millionen Euro derzeit größte Bauprojekt in Bochum, steuert damit endgültig auf ein Planungsdesaster zu. Ursprünglich sollte der Neubau der Hochschule samt Mensa und Veranstaltungszentrum in diesen Wochen bezogen werden. Im Frühjahr teilte der BLB mit, dass mit der Fertigstellung erst zum Jahresende zu rechnen sei. Nunmehr steht fest: Die Bauarbeiten dauern ein Jahr länger als vorgesehen . Mindestens. (...) Vollmundig hatte der Landesbetrieb BLB bei der Grundsteinlegung 2012 zugesichert, den Neubau bis Juni 2014 zu vollenden. Versprochen. Gebrochen. Nach dem Aufschub auf Dezember, der immerhin noch einen Umzug zum Sommersemester ermöglicht hätte, werden die Arbeiten nochmals länger dauern. Ein Jahr Verzug: Ein Desaster für die Hochschule. Ein Tiefschlag für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bochum. Ein Armutszeugnis für den BLB, der landesweit jedes Vertrauen in seriöse Projektabwicklung und Planungssicherheit verloren hat (…)“. Dies ist jedoch nicht die einzige Bauverzögerung, die der BLB aktuell zu verantworten hat: Auch beim Neubau der Fachhochschule Bielefeld ist bekannt geworden, dass neben über 100 Millionen Euro Mehrkosten inzwischen ebenfalls von einer immensen Bauverzögerung von rund zwei Jahren auszugehen ist. Die bekannten enormen Bauverzögerungen sollten für den Finanzminister bereits Grund genug sein, sich einen genaueren Überblick über diese Problematik zu verschaffen und dem Parlament detaillierte und präzise Informationen zu Bauverzögerungen in Verantwortung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) zukommen zu lassen. Der BLB hat offenbar nicht nur das bekannte Problem seiner Kostenüberschreitungen dringend zu lösen, sondern auch im Bereich einer sorgfältigen Bauzeitenplanung offenkundige Defizite zu beheben. 1. Bei namentlich welchen einzelnen Neubauvorhaben, an denen der BLB seit dem Jahr 2010 beteiligt ist, hat es Verzögerungen bei der Bauzeit im Vergleich zu den Annahmen zum jeweiligen Zeitpunkt der getroffenen Projektentscheidung gegeben ? 2. Wie viele Monate Zeitverzug sind jeweils einzeln bei den zuvor genannten Projek- ten zu verzeichnen gewesen (bei abgeschlossenen Projekten) bzw. aus heutiger Sicht zu erwarten (bei noch laufenden Projekten)? 3. Was sind jeweils vollständig die Gründe für den Zeitverzug bei jedem einzelnen der zuvor genannten Neubauprojekte gewesen? Die vom Fragesteller geforderte Darstellung der Bauzeitverzögerungen einzelner Neubauvorhaben , an denen der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) seit dem Jahr 2010 beteiligt ist, war im Rahmen der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen geltenden Frist nicht möglich. Eine systematische Auswertung der Bauzeitverzögerungen sämtlicher in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7334 3 den relevanten Zeitraum fallender Neubauvorhaben nebst der Benennung von Einzelbegründungen , wäre äußerst umfangreich und zeitaufwendig. Zu berücksichtigen ist, dass im Einzelfall mehrere Gründe vorliegen und korrelieren können, deren Wechselwirkungen nicht pauschal zu erheben sind. 4. Mit jeweils welchen einzelnen Maßnahmen der Gegensteuerung hat der BLB ein- zeln bei den zuvor genannten Projekten versucht, die Problematik der Zeitüberschreitung in den Griff zu bekommen? 5. Wie sehen jeweils einzeln bei den zuvor genannten Projekten die finanziellen Folgen der Bauzeitenüberschreitung aus, wenn einerseits die dadurch bedingten Mehrkosten und andererseits die Einnahmen des BLB aus Vertragsstrafen seitens der externen dritten Dienstleister gegenübergestellt werden? (getrennter Ausweis erbeten) Die Frage 4 ist im Zusammenhang mit der vorstehenden Frage zu verstehen. Die jeweiligen Maßnahmen der Gegensteuerung sind projektspezifisch. Eine vollständige Erhebung der Maßnahmen mit ihren Wechselwirkungen ist im Rahmen der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen geltenden Frist nicht möglich. Gleiches gilt für den Ausweis der finanziellen Folgen der Bauzeitverzögerungen. Generell kann man sagen, dass die größten Terminrisiken in Bereichen liegen, die von den Planungsbeteiligten nicht beeinflussbar sind. Das sind zum Beispiel: Genehmigungszeiträume , Umweltauflagen, Bürgerbeteiligungen, Nachprüfungen behaupteter Verstöße gegen Vergabebestimmungen, Insolvenzen, höhere Gewalt oder andere unabwendbare Umstände. Im Risikobereich der Bauausführung sind die technischen Schwierigkeiten dagegen vergleichsweise gering. Nichtsdestotrotz verfügt der BLB NRW über verschiedene allgemeine Maßnahmen der Gegensteuerung , die bereits präventiv zum Einsatz kommen. Beispielhaft ist hier der Einsatz von Risikomanagement-Kriterien, die enge Projektbegleitung durch den BLB NRW und die Einforderung einer kompetenten Projektorganisation beim Auftraggeber zu nennen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Ergreifen der allgemeinen Gegenmaßnahmen von deren Wirtschaftlichkeit abhängt. Eine Gegenmaßnahme, deren Kosten den Aufwand aus der Bauzeitverlängerung überschreiten, wird der BLB NRW nach kaufmännischen Gesichtspunkten nicht durchführen.