LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7343 18.11.2014 Datum des Originals: 17.11.2014/Ausgegeben: 21.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2790 vom 14. Oktober 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/7035 Optimierungspotentiale im Beschaffungswesen des Landes Nordrhein-Westfalen – Wie gestalten sich derzeit Strukturen, Volumina und Prozesse der Auftragsvergabe und Einkäufe? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2790 mit Schreiben vom 17. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Beschaffungsorganisation ist der Teilbereich eines Unternehmens oder einer öffentlichen Verwaltung, der für die zentralisierte Beschaffung der notwendigen Arbeitsmaterialien der Beschäftigten, Produktion oder Dienstleistungserstellung verantwortlich ist. Dazu gehören sowohl die technische Ausstattung sowie die Ausstattung beispielsweise mit Büromobiliar und Arbeitsgeräten. Die Vorteile eines zentral organisierten Beschaffungswesens liegen dabei unter anderem in der Möglichkeit, durch größere Bestellmengen bessere Zahlungs- und Lieferkonditionen erzielen zu können und die Bearbeitungskosten pro Auftrag zu reduzieren. Durch die größere Einkaufsmacht wird die Stellung gegenüber den Lieferanten gestärkt. Andererseits führen zentrale Stellen möglicherweise zu höherem Verwaltungsaufwand und zu einem geringeren Überblick über die Anforderungen der einzelnen Bedarfsträger. Viele Anforderungen lassen sich jedoch heute mit den Mitteln und Möglichkeiten der EDV handhaben. Dennoch gibt es meist auch spezialisierte Teilbereiche, für deren Beschaffung die zuständigen Abteilungen dezentral und eigenverantwortlich zuständig sind. Das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand in Deutschland liegt nach Schätzungen bei etwa 300 Milliarden Euro im Jahr. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7343 2 sieht darin ein erhebliches Potential für Innovationen. Auf der Internetpräsenz des BMWi wird dazu unter anderem ausgeführt: „Durch den Einkauf hochmoderner Produkte und neuer technischer Lösungen können staatliche Institutionen modernere Leistungen anbieten und sparen langfristig Kosten, vor allem Energiekosten. Gleichzeitig werden Unternehmen dazu angeregt, mehr Innovationen zu entwickeln. Wenn es ihnen gelingt, ihre innovativen Produkte an öffentliche Institutionen zu verkaufen, sind dies wichtige Referenzprojekte für weitere potentielle Verkäufe. Damit leistet der Staat einen großen Beitrag, um Innovationen schnell zu verbreiten.“ Es wird also leicht deutlich, dass es bei einem effizienten Beschaffungswesen auch in der öffentlichen Verwaltung um mehr geht als nur um den Erwerb von PCs, Schreibtischen und Bleistiften. Diese Chancen zur Optimierung darf das hochverschuldete Land NordrheinWestfalen nicht ungenutzt verstreichen lassen. Es muss die Potentiale eines erfolgreichen Beschaffungsmanagements viel stärker und erfolgreicher nutzen als dies bislang der Fall ist. Es ist dazu erforderlich, dem Parlament einen umfänglichen Einblick in die Prozesse des Beschaffungsmanagements der nordrhein-westfälischen Landesbehörden zu gewähren. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat sich im Jahre 2007 entschieden, den Einkauf der Landesverwaltung durch Einführung des sog „Lead-Buyer-Konzepts“ zu optimieren. Die gemeinsame Federführung hierfür wurde dem Finanzministerium und dem Ministerium für Inneres und Kommunales übertragen. Kern dieses Konzeptes ist, dass eine Behörde, die in einem bestimmten Fachbereich über eine besondere Expertise verfügt, den Bedarf der gesamten Landesverwaltung bündelt und zentral ausschreibt. Auf diese Weise werden die Vorteile des zentralen Einkaufs (Verwaltungsvereinfachung und Reduzierung der Prozesskosten durch weniger Vergabeverfahren, günstigere Einkaufskonditionen durch größere Abnahmemengen ) erreicht, ohne eine neue Behörde (Beschaffungsamt o.ä) errichten zu müssen. Der weitaus größte Teil der Produkte, die an vielen Stellen der Landesverwaltung benötigt werden, werden inzwischen zentral ausgeschrieben. Hierbei handelt es sich um eine breite Produktpalette, die von Büromaterialien über Papierprodukte, Kraftfahrzeuge, Treib- und Schmierstoffe, IT-Hardware und Software, Pakettransport bis zu Laborbedarf und - chemikalien reicht. Die Bedarfsstellen bestellen die benötigten Produkte über einen elektronischen Vergabekatalog. Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Zentralisierung besteht in der Nutzung von besonders guten Produkt- und Marktkenntnissen der Lead-Buyer in ihrem jeweiligen Bereich. Außerdem verfügen sie über fundierte Kenntnisse im Vergaberecht, so dass Verfahrensfehler weitestgehend ausgeschlossen sind. Auch der kontinuierliche Ausbau der elektronischen Auftragsvergabe ist Bestandteil dieses Projektes. Der Vergabemarktplatz NRW gehört zu den führenden derartigen Anwendungen in Deutschland. Die inzwischen mehr als 65.000 registrierten Unternehmen schätzen die hohe Transparenz, das leichte Auffinden von Ausschreibungen und die Möglichkeit, die Vergabeunterlagen einfach und kostenfrei herunter zu laden. Durch die Übernahme der Standardbeschaffungen durch die LeadBuyer wurden die Vergabestellen in den Ressorts für die übrigen Beschaffungen entlastet und können sich damit intensiver um erforderliche Spezialbeschaffungen kümmern. Die Berücksichtigung einer nachhaltigen und innovativen Beschaffung ist ein Kernanliegen des Tariftreue - und Vergabegesetzes des Landes NRW, das von allen Beschaffungsstellen des Landes NRW beim Einkauf von Leistungen am Markt zu beachten ist. Auf Grund ihrer fachlichen und rechtlichen Expertise sind die Lead-Buyer besonders prädestiniert dafür, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- und Innovationsgesichtspunkten in der Beschaffung umzusetzen . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7343 3 1. Welcher Anteil an dem Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand in Deutschland von 300 Milliarden Euro pro Jahr entfällt jeweils in den Jahren 2013, 2014 und 2015 in etwa auf das Land Nordrhein-Westfalen? (bitte Beschaffungsquote von Nordrhein-Westfalen in Prozent und absolute Beträge in Euro angeben, Näherungswerte für die noch nicht abgeschlossenen Jahre genügen) Bei dem in der Kleinen Anfrage angegebenen Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand in Deutschland handelt es sich um eine Schätzung, der kein belastbares Zahlenmaterial zugrunde liegt. Es gibt weder auf Bundes- noch Landes- oder kommunaler Ebene eine statistische Pflicht zur Erhebung dieser Daten. Oberhalb der EU-Schwellenwerte1 besteht eine Pflicht zur jährlichen Meldung ausgewählter Daten an die Europäische Kommission. EUVergabeverfahren machen aber lediglich eine geschätzte Zahl i. H. v. 3% aller Vergabeverfahren aus, so dass auch diese Zahlen für die Beantwortung keine weitere Erkenntnis bringen . Das Bundeswirtschaftsministerium hat in 2014 einen externen Dienstleister beauftragt, die Möglichkeiten der Realisierung eines bundesweiten Statistik- bzw. Monitoringwesens im öffentlichen Auftragswesen zu untersuchen, das auch Aussagen zu Vergabeverfahren im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte liefern soll. Erst wenn eine Verpflichtung zur Erfassung statistischer Werte im gesamten Beschaffungsbereich besteht, wäre eine Beantwortung dieser Frage möglich. Eine Erhebung der Daten ist in der für die Beantwortung Kleiner Anfragen bestehenden Frist nicht möglich. 2. Wie gliedert sich das aktuelle Beschaffungsvolumen des Landes Nordrhein- Westfalen in die jeweiligen Ausgabekategorien auf? (Einteilung bitte sinnvoll strukturieren) 3. Wie hoch waren bzw. sind voraussichtlich die Ausgaben in den jeweiligen Aus- gaben-kategorien in den einzelnen Jahren 2013, 2014 und 2015? Wie in Frage 1 ausgeführt kann das Beschaffungsvolumen des Landes nicht beziffert werden . Damit kann es auch nicht nach sinnvollen Ausgabekategorien aufgeteilt bzw. den jeweiligen Ausgaben zugeordnet werden. Eine Erhebung der Daten wäre im Übrigen in der für die Beantwortung Kleiner Anfragen bestehenden Frist nicht möglich. 4. Welcher prozentuale und absolute Anteil des Beschaffungsvolumens des Lan- des Nordrhein-Westfalen entfällt derzeit auf sogenannte Geringbeschaffungen mit einem Wert von jeweils unter 500 Euro? Eine Erhebung der Daten ist in der für die Beantwortung Kleiner Anfragen bestehenden Frist nicht möglich. 1 Die Schwellenwerte betragen 207.000 Euro für Lieferungen und Dienstleistungen, 5.186.000 Euro für Bauleistungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7343 4 5. Wie viele einzelne Beschaffungs- und Vergabestellen, bitte jeweils aufgegliedert nach den Einzelplänen und Landesbetrieben sowie Sondervermögen und der dort jeweils tätigen Beschäftigtenzahl, gibt es insgesamt beim Land NordrheinWestfalen ? Im Land NRW sind 7 Lead-Buyer für landesweit zentrale Beschaffungen zuständig. Abhängig von der jeweiligen ressortspezifischen Beschaffungsorganisation - sind in den Ressorts zentrale Beschaffungsstellen selbst tätig, soweit die Bedarfe nicht von den Lead Buyern abgedeckt werden bzw. - werden von allen zentralen Beschaffungsstellen nicht abgedeckte Bedarfe in den Ortsdienststellen selbst beschafft. Eine Beschreibung der jeweiligen Einkaufsorganisation ist im Wirtschaftsportal von vergabe .NRW unter www.vergabe.nrw.de im Menüpunkt „Einkaufswegweiser“ enthalten.