LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7344 19.11.2014 Datum des Originals: 14.11.2014/Ausgegeben: 24.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2750 vom 1. Oktober 2014 der Abgeordneten Volker Jung und Werner Lohn CDU Drucksache 16/6961 JVA Büren – waren Präventivmaßnahmen möglich? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2750 mit Schreiben vom 14. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das EuGH-Urteil vom 17.07.2014 hat die JVA Büren vor eine ungewisse Zukunft gestellt. Die Landesregierung hat in ihren Antworten auf die bisherigen kleinen Anfragen 2621 und 2685 zu diesem Thema versichert, dass sie gut auf dieses Urteil vorbereitet war. Fakt ist allerdings , dass bislang – außer der Verlegung der Abschiebehäftlinge nach Berlin – keine grundlegenden Weichenstellungen für die Zukunft JVA Büren erfolgt sind. Im Gegensatz dazu beispielsweise das Justizministerium des Landes Hessen den Umbau der JVA Schwalmstadt zu einer vollständigen Sicherungsverwahrungsstätte im August diesen Jahres fertigstellen lassen , dessen Umbaubeginn bereits zum Januar 2013 erfolgt ist. Eine weitere Unsicherheit besteht für die JVA Büren, den öffentlichen Angestellten sowie den Angestellten der Sicherheitsfirma Kötter. Der erst im Dezember 2015 auslaufende Vertrag mit Kötter kostet dem Land NRW 3 Mio. Euro. 1. Welche Kosten sind dem Land seit dem oben genannten Richterspruch in Bezug auf die JVA Büren entstanden, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarung mit der Firma Kötter? Vertragliche Vereinbarungen bestanden zum Zeitpunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 17.07.2014, BGH-Beschluss vom 25.07.2014) mit der Firma Kötter über Krankenpflegeleistungen - siehe nachfolgend zu 1.1 - und Bewachungsleistungen - zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7344 2 1.2 - sowie mit der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. (Nadeschda) in Soest - zu 1.3 - und der Firma European Homecare GmbH (EHC) in Essen - zu 1.4 -. Aufgrund vertraglicher Verpflichtung mit der Firma Kötter sind seit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 17.07.2014, BGH-Beschluss vom 25.07.2014) folgende Kosten entstanden: 1.1 Krankenpflegevertrag Firma Kötter Monatlicher Pauschalbetrag 22.235,15 € Juli 2014 ab 18.07.2014 (EuGH v. 17.07.2014) 10.041,68 € ab 26.07.2014 (BGH v. 25.07.2014) 4.303,58 € August 2014 22.235,15 € September 2014 22.235,15 € Oktober 2014 22.235,15 € Summe 18.07.2014 bis 31.10.2014 81.050,71 € Summe 26.07.2014 bis 31.10.2014 71.009,03 € 1.2 Bewachungsvertrag Firma Kötter Der jeweilige monatlich zu ermittelnde Rechnungsbetrag berücksichtigt die jeweilige tatsächliche Anzahl der Wochen- und Feiertagsschichten und differiert daher von Monat zu Monat. Juli 2014 ab 18.07.2014 (EuGH v. 17.07.2014) 101.607,91 € ab 26.07.2014 (BGH v. 25.07.2014) 42.968,52 € August 2014 220.371,64 € September 2014 220.866,62 € Oktober 2014 192.565,32 € Summe 18.07.2014 bis 31.10.2014 778.380,01 € Summe 26.07.2014 bis 31.10.2014 676.772,10 € Die sich bereits im Monat Oktober abzeichnende Reduzierung der Kosten wird sich nach Mitteilung der Firma Kötter für November auf rund 90.000 Euro erweitern. Der Dienstleister geht davon aus, dass auch in der Folge weitere Mitarbeiter sozialverträglich im Großraum Ostwestfalen anderen Beschäftigungen zugeführt werden können und sich das Einsparvolumen für das Land weiter steigern wird. Vorbemerkung der Landesregierung zu 1.3 und 1.4 Die Bezirksregierung Detmold hat mit der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. (Nadeschda ) in Soest und der Firma European Homecare GmbH (EHC) in Essen jeweils einen auf 2 Jahre befristeten Vertrag zur Betreuung der Abschiebungshäftlinge in der JVA Büren geschlossen. Beide Vereinbarungen haben ein Vertragsende am 31.12.2015 zum Inhalt und sehen angesichts der begrenzten Laufzeit eine fristgebundene Kündigung nicht vor. Aufgrund der aktuellen Entwicklung hat die Bezirksregierung beiden Vertragspartnern einen Auflösungsvertrag angeboten, der eine Beendigung bereits zum 31.12.2014 enthält. Nadeschda hat diesen Auflösungsvertrag bereits unterzeichnet, EHC noch nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7344 3 Sollte EHC in den Auflösungsvertrag nicht einwilligen, wird die Bezirksregierung Detmold eine außerordentliche Kündigung prüfen und nach Möglichkeit von ihr Gebrauch machen. 1.3 Nadeschda Monatlicher Pauschalbetrag 2.083,33 € Juli 2014 ab 18.07.2014 (EuGH v. 17.07.2014) 940,83 € ab 26.07.2014 (BGH v. 25.07.2014) 403,23 € August 2014 2.083,33 € September 2014 2.083,33 € Oktober 2014 2.083,33 € Summe 18.07.2014 bis 31.10.2014 7.594,05 € Summe 26.07.2014 bis 31.10.2014 6.653,22 € 1.4 EHC Monatlicher Pauschalbetrag 18.748,45 € Juli 2014 ab 18.07.2014 (EuGH v. 17.07.2014) 8.467,04 € ab 26.07.2014 (BGH v. 25.07.2014) 3.628,73 € August 2014 18.748,45 € September 2014 18.748,45 € Oktober 2014 18.748,45 € Summe 18.07.2014 bis 31.10.2014 68.341,12 € Summe 26.07.2014 bis 31.10.2014 59.874,08 € 2. Welche Maßnahmen haben andere Landesregierungen (in den deutschen Flä- chenländern wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen) ergriffen , um auf das EuGH-Urteil – frühzeitig – zu reagieren (bitte auch Maßnahmen vor dem Urteil aufgreifen)? Die Frage 2 zielt auf einen Sachverhalt ab, der nicht in die Zuständigkeit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen fällt. 3. Warum hat die Landesregierung nicht frühzeitig die Weichen wie z.B. die hessi- sche Landesregierung zur Einrichtung einer Sicherungsverwahrungsstätte, z.B. in der JVA Büren, gestellt? Soweit sich die Frage im Wortlaut auf eine Sicherungsverwahrungsstätte bezieht, geht die Landesregierung davon aus, dass eine Einrichtung der Abschiebungshaft gemeint ist. Auf die Entscheidungen des EuGH vom 17. Juli 2014 und des BGH vom 25. Juli 2014 hat das Ministerium für Inneres und Kommunales umgehend reagiert. Noch am Tag der BGHEntscheidung vom 25. Juli 2014 wurde entschieden, zur Sicherung einer richtlinienkonformen Haftunterbringung die Amtshilfe des Landes Berlin in Anspruch zu nehmen, das über eine spezielle Abschiebungshafteinrichtung verfügt. Am 26. Juli 2014 wurden 21 Personen nach Berlin verlegt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7344 4 Die Justizvollzugsanstalt Büren wird seitdem für Zwecke des Strafvollzuges genutzt. Ob sie zukünftig als Abschiebungshafteinrichtung für das Land Nordrhein-Westfalen in Betracht kommt, ist aktuell noch Gegenstand der Prüfung, bei der auch länderübergreifende Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet werden. Bis zu einer Entscheidung dieser Frage bieten sich Nutzungsänderungen in der JVA Büren nicht an. 4. Warum führten die in der kleinen Anfrage Nr. 2621 benannten Bemühungen des MIK nicht zu kurz- bzw. mittelfristigen Lösungen? In der Antwort auf die Kleine Anfrage 2621 werden keine Bemühungen des Ministerium für Inneres und Kommunales beschrieben, die nicht zu kurz- bzw. mittelfristigen Lösungen geführt hätten. Soweit die Fragesteller auf die Beantwortung der Frage 1 der Kleinen Anfrage 2621 abstellen, ist festzuhalten, dass der vom Ministerium für Inneres und Kommunales frühzeitig zu anderen Ländern hergestellte Kontakt dazu geführt hat, dass Abschiebungshäftlinge aus Nordrhein-Westfalen in einer Übergangsphase in Berlin und bei Bedarf auch in Schleswig-Holstein (bis 31.10.2014), Rheinland-Pfalz und Brandenburg untergebracht werden können. Im Übrigen ist die Erarbeitung des Konzepts für die künftige Ausgestaltung von Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen inzwischen fortgeschritten. Die Landesregierung wird den Landtag nach Fertigstellung des Konzepts umgehend informieren. 5. Welche Überlegungen für ein Nachfolgekonzept werden derzeit diskutiert? Siehe Antwort zu Frage 4.