LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7346 19.11.2014 Datum des Originals: 17.11.2014/Ausgegeben: 24.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2806 vom 15. Oktober 2014 des Abgeordneten Peter Preuß CDU Drucksache 16/7071 Wie ist es mit der Sicherheit der Patienten und Patientinnen vor Übergriffen seitens des Personals in forensischen Kliniken in Nordrhein-Westfalen bestellt? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 2806 mit Schreiben vom 17. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die forensischen Kliniken in Nordrhein-Westfalen sind sicher. Aber ebenso, wie es immer wieder zu Entweichungen aus forensischen Kliniken kommt, so kommt es nach Presseberichten (RP Online, 02.09.2014) auch immer wieder zu Ereignissen in Form von sexuellen Übergriffen gegenüber Patienten und Patientinnen. Zuletzt soll es derartige Vorkommnisse in der forensischen LVR-Klinik in Süchteln gegeben haben. 1. Wie viele weitere Fälle von sexuellen Übergriffen sind der Landesregierung be- kannt? Zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 konnten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit nur Daten über den Zeitraum vom 01. Januar 2013 bis 01. Oktober 2014 erhoben werden. Im überprüften Zeitraum ist neben dem in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage erwähnten Fall nur ein weiterer Fall bekannt geworden, in dem eine Maßregelvollzugspatientin einen Klinikmitarbeiter eines sexuellen Übergriffs bezichtigt hatte. Die Anschuldigungen stellten sich in diesem Fall als nicht glaubhaft heraus. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7346 2 2. Sind der Landesregierung Fälle (Beschwerden) bekannt, in denen es sexuelle Grenzverletzungen (Übergriffe) zwischen den Patientinnen und Patienten untereinander gegeben hat? Im Zeitraum vom 01. Januar 2013 bis 01. Oktober 2014 sind sechs Fälle bekannt geworden. 3. Welche Regeln gelten für den Umgang des Personals mit Patientinnen und Pati- enten im Hinblick auf sexuelle Grenzen zum Zwecke des Selbstschutzes des Personals und des Schutzes von Patientinnen und Patienten vor sexuellen Übergriffen anderer Patientinnen und Patienten? Sexuelle Übergriffe in Maßregelvollzugskliniken werden nicht geduldet. Im Verdachtsfall werden der Sachverhalt unverzüglich aufgeklärt und - soweit hierzu Anlass besteht - Strafanzeige erstattet sowie dienst- und aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergriffen. Zwischen den Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern und den Patientinnen bzw. Patienten sind private Beziehungen einschließlich sexueller Kontakte untersagt. 4. Findet z.B. eine „Supervision“ statt, die sich mit Fragen des Umgangs mit sexu- ellen Grenzverletzungen im Maßregelvollzug befasst (wie oft, mit welchem Inhalt und Ziel)? In allen Kliniken finden regelmäßig Team- und Fallsupervisionen statt. Die Themen „Nähe /Distanz“ sowie „Macht/Ohnmacht“ spielen dabei eine wesentliche Rolle und dienen dazu, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für dieses Thema zu sensibilisieren und sexuelle Grenzverletzungen zu erkennen und zu verhindern. 5. Gibt es Ansprechpartner/Vertrauenspersonen für die Patientinnen und Patienten, die neutral und unabhängig von der Klinikleitung und dem eigenen Arbeitsverhältnis Beschwerden und Verdachtsfällen nachgehen können? Den Patientinnen und Patienten der Maßregelvollzugskliniken steht eine Vielzahl von Möglichkeiten offen, sich mit Beschwerden und Anliegen an Stellen außerhalb der Klinik zu wenden . Hierzu gehören zum Beispiel die Direktorin bzw. der Direktor des jeweiligen Landschaftsverbands als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde oder die im Einzelfall mit der Durchführung des Maßregelvollzugs beliehene Körperschaft. Daneben können die Patientinnen und Patienten Beschwerden an den Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug als Fachaufsichtsbehörde und das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter als zuständige oberste Landesbehörde richten. Adressaten von Anliegen können außerdem die Klinikträger (Landschaftsverbände und Beliehene) als Arbeitgeber des Klinikpersonals sein. Im Falle eines Straftatverdachts kann Strafanzeige bei den Strafverfolgungsbehörden erstattet werden. Soweit gesetzlich vorgesehen, können Anliegen oder Beschwerdevorbringen auch gerichtlich überprüft bzw. geltend gemacht werden. Bei den Landschaftsverbänden sind darüber hinaus weitere Stellen eingerichtet, die sich Anliegen und Beschwerden von Patientinnen und Patienten annehmen. Es handelt sich dabei um das Zentrale Beschwerdemanagement des Landschaftsverbands Rheinland und die Beschwerdekommission des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Des Weiteren haben die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich an die Besuchskommissionen nach dem LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7346 3 Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG NRW) zu wenden. Schließlich können Patientinnen und Patienten Anliegen auch an den Petitionsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen oder den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages herantragen sowie Beschwerden an das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte richten.