LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7353 20.11.2014 Datum des Originals: 19.11.2014/Ausgegeben: 25.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2844 vom 24. Oktober 2014 der Abgeordneten Ulrich Alda und Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/7126 Trägt der Bildungsscheck zum Abbau des Fachkräftemangels bei? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 2844 mit Schreiben vom 19. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Arbeitsministerium hat vorzeitig bis zum Ende des Jahres das Förderprogramm Bildungsscheck gestoppt. Die vorgesehene Fördersumme aus Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds ist aufgebraucht. Arbeitnehmer haben nur noch eine Woche Zeit, den Bildungsscheck NRW zu beantragen. Das Arbeitsministerium hatte 2013 die Fördersumme von 500 auf 2000 Euro erhöht, um die Nachfrage zu erhöhen. Daraufhin folgte ein Ansturm auf die Beratungsstellen, die die Schecks ausstellen. Seit 2013 wurden insgesamt 71.000 Bildungsschecks an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ausgegeben, die bereits einen Job haben. Ab 2015 sollen sich die Förderkriterien ändern, dann soll es wieder nur 500 Euro Fördersumme geben und es sollen vor allem Zugewanderte und Beschäftigte ohne Berufsabschluss gefördert werden. Vorbemerkung der Landesregierung Um die Umsetzung des sog. „Bildungsscheck Sonderprogramm Fach-kräfte“ angemessen darzustellen, wurde abweichend vom Text der Kleinen Anfrage der Betrachtungszeitraum „1. September 2013 bis 31. August 2014“ gewählt, da das Sonderprogramm am 1. September 2013 begann. Mit der Eingrenzung auf den “31. August 2014“ wird eine genau einjährige Umsetzungsphase in den Blick genommen. Der für die folgenden Auswertungen verwendete Datenbestand hat den Stichtag „6. Oktober 2014“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7353 2 1. Wie viele Bildungsschecks wurden von August 2013 bis September 2014 ausgegeben und bewilligt (aufgeschlüsselt nach betrieblichem oder individuellem Zugang , nach Berufsabschluss und Geschlecht)? a. Es wurden insgesamt 71.749 Bildungsschecks ausgegeben, 31.171 über den betrieblichen Zugang und 40.578 über den individuellen Zugang. Jahr/Monat Betrieblicher Zugang /Anzahl Individueller Zugang/Anzahl Gesamt/Anzahl 2013/09 2.293 3.738 6.031 2013/10 2.690 3.146 5.836 2013/11 2.258 2.831 5.089 2013/12 2.130 2.356 4.486 2014/01 3.685 4.603 8.288 2014/02 3.143 4.237 7.380 2014/03 3.340 3.884 7.224 2014/04 2.574 3.135 5.709 2014/05 2.548 2.961 5.509 2014/06 1.776 2.706 4.482 2014/07 2.120 3.236 5.356 2014/08 2.614 3.745 6.359 Gesamt 31.171 40.578 71.749 b. Die Quote der bewilligten Bildungsschecks lässt sich belastbar erst nach etwa einem Jahr nach der Ausgabe berechnen, da die geförderten Weiterbildungsmaßnahmen zunächst umgesetzt und danach von den Weiterbildungsträgern zur Bewilligung eingereicht werden müssen. Mit dem hier verwendeten Datenstand vom 6. Okt. 2014 lässt sich eine Bewilligungsquote von 30,8 % errechnen, die deswegen noch deutlich unterschätzt ist. Für die im Sept. 2013 ausgegebenen Bildungsschecks lässt sich bereits eine Bewilligungsquote von 62,2 % feststellen. Insgesamt ist aufgrund der bisherigen Erfahrungen von einer endgültigen Bewilligungsquote von über 70 % auszugehen. c. Zum Berufsabschluss werden wegen zum Teil fehlender Angaben hier die Anteilswerte ausgewiesen. 3,3 % der Teilnehmenden hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung, 42,6 % eine betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildung (Lehre), 24,5 % den Abschluss einer Berufsfachschule (auch Meister), 12,0 % den Ab-schluss einer Fachhochschule bzw. Bachelor, 16,0 % den Abschluss einer Universität bzw. Master und 1,6 % der Teilnehmenden gaben einen sonstigen Berufsabschluss an. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7353 3 Jahr/ Monat Anzahl Bildungsschecks je Berufsabschluss Ohne abgeschlos - sene Berufsaus - bildung Betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildung (Lehre) Berufsfach - schule oder Fach- schule (auch Meis- ter) Fachhochschule (auch Abschluss Bachelor) Universität (auch Abschluss Master) Sonstiger Abschluss Gesamt 2013/09 4,1% 45,4% 24,1% 11,4% 13,6% 1,4% 100,0% 2013/10 4,1% 44,5% 24,3% 11,2% 14,9% 1,0% 100,0% 2013/11 3,2% 43,1% 24,2% 12,0% 16,2% 1,3% 100,0% 2013/12 3,1% 42,1% 26,0% 11,6% 15,7% 1,6% 100,0% 2014/01 3,4% 43,0% 25,4% 11,5% 15,2% 1,5% 100,0% 2014/02 2,8% 42,4% 25,1% 12,3% 15,5% 1,8% 100,0% 2014/03 2,9% 41,6% 24,6% 11,9% 17,3% 1,6% 100,0% 2014/04 2,6% 40,6% 24,4% 13,4% 17,5% 1,6% 100,0% 2014/05 3,9% 40,9% 24,2% 12,5% 16,9% 1,6% 100,0% 2014/06 3,5% 40,3% 24,0% 12,0% 18,1% 2,1% 100,0% 2014/07 3,1% 42,1% 24,1% 12,5% 16,4% 1,8% 100,0% 2014/08 3,1% 44,7% 23,4% 11,3% 15,8% 1,7% 100,0% Gesamt 3,3% 42,6% 24,5% 12,0% 16,0% 1,6% 100,0% 37,4 % der Teilnehmenden waren Männer und 62,6 % Frauen. Jahr/Monat Männer/Anzahl Frauen/Anzahl Gesamt/Anzahl 2013/09 2.003 4.028 6.031 2013/10 2.262 3.574 5.836 2013/11 1.948 3.141 5.089 2013/12 1.878 2.608 4.486 2014/01 3.032 5.256 8.288 2014/02 2.675 4.705 7.380 2014/03 2.786 4.438 7.224 2014/04 2.250 3.459 5.709 2014/05 2.113 3.396 5.509 2014/06 1.595 2.887 4.482 2014/07 1.974 3.382 5.356 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7353 4 2014/08 2.297 4.062 6.359 Gesamt 26.813 44.936 71.749 2. Wie hoch ist die Anzahl der Bildungsschecks, die durchschnittlich je Unterneh- men ausgegeben wurden (bitte aufgeschlüsselt nach Wirtschaftszweigen)? a. Durchschnittlich wurden im Betrachtungszeitraum 2,7 Bildungsschecks pro Unterneh- men ausgegeben. In 89,1 % der Fälle wurden bis zu maximal 5 Bildungsschecks ausgegeben . b. Nach Wirtschaftszweigen reicht die Anzahl der durchschnittlich pro Unternehmen aus- gegebenen Bildungsschecks von durchschnittlich 1,7 im Grundstücks- und Wohnungswesen bis zu durchschnittlich 3,6 in den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen . Wirtschaftszweig Anzahl Bildungsschecks pro Unternehmen Mittelwert (A) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 2,1 (B) Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 2,0 (C) Verarbeitendes Gewerbe 3,5 (D) Energieversorgung 2,6 (E) Wasserversorgung und -entsorgung, Umweltschutz 2,6 (F) Baugewerbe 2,6 (G) Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz 3,2 (H) Verkehr und Lagerei 2,7 (I) Gastgewerbe 2,1 (J) Information und Kommunikation 3,0 (K) Finanz- u. Versicherungsdienstleistungen 3,6 (L) Grundstücks- und Wohnungswesen 1,7 (M) Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen 2,3 (N) Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 2,6 (O) Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung . 3,0 (P) Erziehung und Unterricht 2,5 (Q) Gesundheits- und Sozialwesen 2,4 (R) Kunst, Unterhaltung und Erholung 3,4 (S) Sonstige Dienstleistungen 2,3 (T) Private Haushalte (Personal, Waren, Dienstleitungen) 1,9 (U) Exteritoriale Organisationen und Körperschaften 2,2 Gesamt 2,7 min. 1,7 max. 3,6 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7353 5 3. Wie beurteilt die Landesregierung den Bildungsscheck im Hinblick auf den Abbau des Fachkräftemangels? Mit dem Start des Sonderprogramms Fachkräfte wurde erstmals die Erfassung des „Weiterbildungszwecks “ im Monitoring eingeführt, um beobachten zu können, inwieweit die erweiterten Förderkonditionen für höherwertige Weiterbildungen genutzt werden. Das ist deutlich an der Kategorie „Erwerb eines Abschlusses in einem Fortbildungsberuf“ zu erkennen. Diese Kategorie macht insgesamt einen Anteil von 9,0 % an den ausgegebenen Bildungsschecks aus. Davon fallen allein 7,5 % auf den individuellen Zugang. Beispiele für kostenintensive Weiterbildungen, die den Erwerb eines Abschlusses in einem Fortbildungsberuf ermöglichen, sind:  Internationale(r) Schweißfachingenieur/in  Heilpraktiker/innen für Psychotherapie  Heilpraktiker/innen für Ergotherapie  IT-Fachinformatik  Wirtschaftsprüfer/innen. 4. Ist es richtig, dass die Fördersumme ab 2015 reduziert wird, um dann vorwiegend nur noch Zugewanderte und Beschäftigte ohne Berufsabschluss zu fördern ? Der Bildungsscheck Nordrhein-Westfalen soll auch in der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfond 2014 – 2020 (ESF) im Rahmen der von der Europäischen Kommission veränderten Schwerpunktsetzung weitergeführt werden. Vor diesem Hintergrund ist geplant, die maximale Fördersumme pro Bildungsscheck von derzeit 2.000 Euro im Sonderprogramm Fachkräfte dann wieder auf 500 Euro abzusenken. Der zukünftige Bildungsscheck soll sich insbesondere an Zugewanderte, Un- und Angelernte, Beschäftigte ohne Berufsabschluss und Berufsrückkehrende richten. 5. Welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die Weiterbildungsanbieter? Die Weiterbildungsanbieter müssen zukünftig besonders darauf achten, dass ihr Angebot den Bedarfen der oben genannten bevorzugten Zielgruppen entspricht.