LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7373 21.11.2014 Datum des Originals: 21.11.2014/Ausgegeben: 26.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2846 vom 24. Oktober 2014 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/7129 Risikospiele im Fußball – Status Quo Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2846 mit Schreiben vom 21. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 23.10.2014 hat der Innenminister in einer Aktuellen Viertelstunde Stellung zu seinem neuen Einsatzkonzept bei Risikospielen im Fußball bezogen. Hintergrund der Debatte war die Verletzung von 12 Polizeibeamten bei einer Massenschlägerei auf Schalke beim Bundesligaspiel gegen Hertha BSC Berlin. Die Kritik am neuen Einsatzkonzept konnte der Innenminister nicht entkräften. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW bezeichnet das neue Einsatzkonzept in ihrer Pressemitteilung vom 19.10.2014 als „Spiel mit dem Feuer“. Der Vorfall auf Schalke zeige, „dass die Zeche dafür unsere Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Gesundheit bezahlen.“ Die Aufteilung in Risiko- und Nichtrisikospiele mit einsatztaktischen Vorgaben ist aus Sicht der GdP ein „gescheitertes Konzept“. Vorbemerkung der Landesregierung Vom 1. August bis zum 28. September 2014 wurde in Nordrhein-Westfalen die Pilotphase zur „Lageangepassten Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen“ erfolgreich durchgeführt. Neben einer Reduzierung der polizeilichen Einsatzbelastung um etwa 20% anlässlich vergleichbarer Spielbegegnungen der ersten drei Spielklassen habe ich für unser Konzept Zuspruch und Anerkennung von vielen Netzwerkpartnern erhalten. Positive Rückmeldungen kamen in diesem Zusammenhang auch von der „Deutschen Polizeigewerkschaft“ und dem „Bund Deutscher Kriminalbeamter“. Zu den Einzelheiten des Pilotprojektes verweise ich auf die diesbezüglichen Befassungen des Innenausschusses am 28. August 2014 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7373 2 und am 23. Oktober 2014 sowie meine diesbezüglich vorgelegten Berichte (Landtagsdrucksachen 16/2103 und 16/2294). Den beim Fußball verbundenen Herausforderungen wird mit dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS), das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, sowie meiner Initiative „Mehr Sicherheit bei Fußballspielen“ begegnet. Sowohl das NKSS als auch meine Initiative setzen auf den Dialog mit den Fans, eine intensive Netzwerkarbeit und ein konsequentes Vorgehen gegen Störer. Die Polizeibehörden treffen in diesem Zusammenhang alle erforderlichen Maßnahmen zur Bewältigung der jeweiligen (Fußball-) Lage auf Basis einer eigenen Lagebeurteilung nach sorgfältiger Auswertung aller zur Verfügung stehenden Informationen. Dies hat auch das Polizeipräsidium Gelsenkirchen aus Anlass der am 19. Oktober 2014 ausgetragenen Fußballbegegnung FC Schalke 04 gegen Hertha BSC Berlin getan und für den Einsatz Polizeikräfte in angemessenem Umfang eingesetzt. Viele Fußballveranstaltungen verlaufen in friedlicher Atmosphäre. Trotzdem bewegen sich Sicherheitsstörungen rund um den Fußball seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Der Fußball setzt hierfür nicht die Ursache, wird von gewaltgeneigten und gewaltsuchenden Personen aufgrund der sich bietenden öffentlichkeitswirksamen Bühne aber dazu missbraucht . Dies stellt ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. Eine Garantie für einen vollständigen Ausschluss von Störungen am Rande von Fußballveranstaltungen wird die Polizei alleine daher nie geben können. Vor diesem Hintergrund ist eine undifferenzierte Verknüpfung von gewalttätigem Verhalten bei einem Fußballspiel mit der Einsatzkonzeption der lageangepassten Reduzierung der Polizeipräsenz bei Fußballspielen weder zielführend noch zulässig. 1. Wie werden Risikospiele bzw. Hochrisikospiele genau definiert? Die Begriffe "Risikospiele bzw. Hochrisikospiele" werden im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet und beruhen auf dem Verbandsrecht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In den „DFB Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen“ sind nach § 32, Nummer 1, Buchstabe (a) Spiele mit erhöhtem Risiko solche Spiele, „bei denen aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht , dass eine besondere Gefahrenlage eintreten wird.“ Darüber hinaus kennt das Verbandsrecht Spiele unter Beobachtung. Hiernach handelt es sich gemäß § 32, Nummer 2, Buchstabe (a) um Spiele, „bei denen die Voraussetzungen für ein Spiel mit erhöhtem Risiko nicht vorliegen, bei denen aufgrund allgemeiner Erkenntnisse sowie Verhaltensweisen der Zuschauer in der Vergangenheit Sicherheitsbeeinträchtigungen jedoch nicht ausgeschlossen sind.“ Die Einstufung eines Spiels durch die Polizeibehörden erfolgt in Anlehnung an diese Definition durch eine eigene unabhängige Lagebeurteilung, die im Wesentlichen folgende Aspekte umfasst:  die Anzahl der zu erwartenden Gesamtzuschauerzahl sowie insbesondere des darunter befindlichen Störerpotentials aus der Anhängerschaft beider Vereine sowie deren Verhältnis zueinander  die Erkenntnisse aus den Spielen beider Vereine der zurückliegenden Jahre sowie aktuelle Erkenntnisse aus den zurückliegenden Wochen, vorrangig in Bezug auf Mobilisierung , gezeigte Gewaltbereitschaft sowie Verhalten auch auf Reisewegen und in den jeweiligen Austragungsorten  der Tabellenstand und der Spieltag (Auf-/Abstiegskampf) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7373 3  örtliche Besonderheiten und Einsatzzeiten bei Tag oder bei Dunkelheit  offene Aufrufe zu Gewalt  ggf. Koalitionsbildungen mit anderen gewaltbereiten Gruppen  ggf. in der Stadt stattfindende Parallelveranstaltungen (Demonstrationen, Umzüge aufgrund von Stadtfesten, Schützenfesten, Karneval, pp) Die Entwicklungen in den einzelnen Bereichen sind zudem dynamisch. Erkenntnisse verdichten sich regelmäßig mit näher rückendem Spieltermin. Die Polizeibehörden beurteilen die jeweilige Lage daher bis zum Einsatzende fortlaufend. 2. Wer nimmt die Einstufung als Risikospiel letztverantwortlich vor? Die Feststellung, dass ein Spiel mit erhöhtem Risiko im Sinne der „DFB Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen“ gegeben ist, obliegt gemäß dem § 32, Nummer 1, Buchstabe (b) „in erster Linie dem Heimverein, der die Entscheidung frühestmöglich nach Anhörung der Sicherheitsorgane - insbesondere des Einsatzleiters der Polizei - zu treffen hat. Die Vereine sind verpflichtet, ihre Entscheidung dem DFB unverzüglich mitzuteilen. Dasselbe gilt, wenn einer entsprechenden Anregung des Gastvereins oder der Sicherheitsorgane nicht entsprochen wurde. Die DFB-Zentralverwaltung ist berechtigt, aufgrund eigener Erkenntnisse ein Spiel als einzustufen.“ Über die polizeiliche Einstufung und die zu treffenden polizeilichen Maßnahmen entscheidet der zuständige Polizeiführer auf Grundlage der Beurteilung der Lage im Einzelfall. Dabei werden die Gesamtumstände im Zuge einer Spielpaarung berücksichtigt. 3. Welche Spielbegegnungen sind in der gesamten Saison 2014/2015 als Risikospie- le eingestuft (bitte genaue Nennung der spielenden Mannschaften, Ort, Datum und Zeit des Spiels) Eine landesweit zentrale Erfassung von als Spiele mit erhöhtem Risiko eingestuften Begegnungen erfolgt nicht. 4. Wie hoch ist der genaue, geplante Kräfteansatz für jedes dieser Spiele? Siehe Antwort zu Frage Nummer 3. 5. Gibt es im Saisonvergleich der letzten 10 Jahre (seit 2004/2005) mehr oder weni- ger Risikospiele (bitte jedes Jahr mit Anzahl und Begegnung auflisten). Die Anzahl von Spielbegegnungen mit erhöhtem Risiko ist von verschiedenen Faktoren abhängig , insbesondere auch der durch Auf- und Abstieg bedingten unterschiedlichen vereinsmäßigen Ligenzusammensetzung. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage Nummer 3.