LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7377 24.11.2014 Datum des Originals: 20.11.2014/Ausgegeben: 27.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2811 vom 16. Oktober 2014 des Abgeordneten Josef Wirtz CDU Drucksache 16/7080 Will die Landesregierung die Realisierung des interkommunalen Gewerbegebiets „Campus Aldenhoven“ mit Hilfe des LEP-Entwurfes von Juni 2013 verhindern? Die Ministerpräsidentin hat die Kleine Anfrage 2811 mit Schreiben vom 20. November 2014 für die Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Gemeinden Aldenhoven und Baesweiler beabsichtigen auf der Fläche des ehemaligen Kraftwerks Aldenhoven-Siersdorf gemeinsam ein neues Gewerbegebiet zu erschließen. In direkter Nachbarschaft zum bestehenden „Aldenhoven Testing Center“ (ATC) wollen die beiden Kommunen zusammen mit dem Kreis Düren einen Automobil-Schwerpunkt für Forschung und Industrie in der Region etablieren. Erste Schätzungen gehen von der Schaffung von über 1000 neuen Arbeitsplätzen aus. Von den hervorragenden Perspektiven des Projektes hat sich Wirtschaftsminister Duin auf der Messe Expo Real jüngst selbst überzeugen können und von einem der führenden Forschungs- und Entwicklungsprojekte in NRW gesprochen . In krassem Widerspruch zu den Worten des Wirtschaftsministers steht dagegen das derzeitige Handeln der Landesregierung. Diese hat in Ihrem LEP-Entwurf von Juni 2013 den ehemaligen Standort des Steinkohlenkraftwerks in Aldenhoven-Siersdorf in den zeichnerischen Festlegungen als Freiraum dargestellt. Da diese Fläche im Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, Teilplan Aachen an dem in der Fußnote genannten Stichtag 01.01.2013 und auch heute noch als GIB mit zweckgebundener Nutzung dargestellt ist, wäre diese Flä- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7377 2 che jedoch eigentlich als Siedlungsraum in die zeichnerische Darstellung zu übernehmen gewesen. Die Gemeinde Aldenhoven und die Stadt Baesweiler bemühen sich mit Unterstützung des Kreises Düren, der Städteregion Aachen und verschiedener regionaler Institutionen seit Jahren intensiv darum, den ehemaligen Standort des Steinkohlenkraftwerks in AldenhovenSiersdorf in einen GIB ohne Zweckbindung umwidmen zu lassen und dadurch eine interkommunale gewerblich-industrielle Nachfolgenutzung auf diesem Altstandort zu ermöglichen . Die Notwendigkeit der Umwidmung in einen nicht zweckgebundenen GIB wurde vom Kreis Düren zuletzt im Rahmen des mit Erlass der Staatskanzlei des Landes NRW vom 8. September 2010 eingestellten Verfahrens zur 1. Änderung des LEP NRW 1995 – Energieversorgung , in seiner Stellungahme vom 07.07.2010 begründet. Insbesondere aus folgenden Gründen haben die damaligen Anmerkungen auch heute noch Bestand: 1. Die Fläche liegt nicht isoliert im Freiraum, sondern grenzt unmittelbar an einen im aktuellen Regionalplan dargestellten GIB, in dem bereits gewerbliche Nutzungen realisiert wurden. 2. Es handelt sich um einen industriellen Altstandort, der nicht unproblematisch in „Freiraum “ umgewandelt werden kann (Altlasten etc.). Stattdessen ist eine Folgenutzung der industriellen Altflächen sinnvoll. 3. Die Gemeinde Aldenhoven hat den größten Teil der Fläche mit den rechtkräftigen Bebauungsplänen 11 S, 32 S und 44 S überplant. Der Bebauungsplan 44 S stellt für seinen Planbereich ein Sondergebiet für ein Automobil- und Filmproduktionsteststrecke aus. 4. Aufgrund der Aufgabe der Zechenstandorte Aldenhoven/Siersdorf und Baesweiler sowie dem Wegfall des Kraftwerkes Aldenhoven/Siersdorf und der Aufgabe des Braunkohletagebaues in dieser Region in naher Zukunft, müssen insbesondere in diesem Bereich weitreichende Ersatzarbeitsplätze angeboten werden. Ausschlaggebendes Argument für die Ausweisung der ehemaligen Kraftwerksfläche als Siedlungsraum, sind die Synergieeffekte mit den bereits geschaffenen Strukturen. Aufgrund der direkten Verbindung mit den angrenzenden GIB Bereichen der Gemeinde Aldenhoven als Automotive- und Forschungsstandort Aldenhoven/ Siersdorf mit Filmautobahn, dem Autotestzentrum für Leit- und Sicherheitssysteme des bodengebundenen Verkehrs „Galileo Above“ der RWTH Aachen, sind diese Synergien zu erwarten . Mit einer solchen Entwicklung kann eine verbesserte wirtschaftliche Entwicklung der durch den Strukturwandel besonders betroffenen Kommunen Baesweiler und Aldenhoven ebenso wie für den gesamten Wirtschaftsraum Aachen / Düren erwartet werden. Hierdurch können auch die Auspendlerzahlen reduziert werden. Für die Nutzung dieser Fläche ist ebenso von Bedeutung, dass die Fläche keine FFH- oder Vogelschutzgebiete tangiert und auch nicht an ein derartiges Gebiet angrenzt. Gewässerund Bodenschutzprobleme stehen dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Artenschutzrechtliche Aspekte sind auf Ebene der Bauleitplanung noch zu bearbeiten, es besteht aber Anlass zur Vermutung, dass keine schützenswerten Arten betroffen sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7377 3 Des Weiteren würde für einen GIB-Bereich keine neue Flächeninanspruchnahme im Freiraum entstehen und noch vorhandene Infrastrukturen können weiter genutzt werden. All diese Argumente scheint die Landesregierung ignoriert zu haben, als sie die Fläche in den zeichnerischen Festlegungen als Freiraum dargestellt hat. Sollte die Landesregierung an ihrer bisherigen Position festhalten, würde dies das Aus für das Projekt „Campus Aldenhoven “ und damit den Verzicht auf bis zu 1000 neue Arbeitsplätze in einer vom Strukturwandel stark betroffenen Region bedeuten. Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich gilt, dass aufgrund des Verfahrensstandes derzeit noch keine Aussage darüber getroffen werden kann, was die Landesregierung im neuen LEP zukünftig textlich festlegen oder zeichnerisch darstellen wird. Dies bleibt dem weiteren Verfahren vorbehalten. Bei den Freiraumdarstellungen im LEP-Entwurf handelt es sich nicht um zeichnerische Festlegungen mit der damit verbundenen Bindungswirkung, sondern um (nachrichtliche) Darstellungen ohne Bindungswirkung. Die Darstellungen sind in der Regel aus den Regionalplänen übernommen. Vor diesem Hintergrund werden die Fragen wie folgt beantwortet: 1. Welche Gründe hatte die Landesregierung, die Fläche des ehemaligen Steinkoh- lekraftwerks Aldenhoven-Siersdorf in den zeichnerischen Festlegungen des LEPEntwurfes von Juni 2013 als Freiraum darzustellen? Der LEP-Entwurf verzichtet generell auf eine Angebotsplanung für Großkraftwerke auf der Ebene des Landesentwicklungsplans. Die im LEP NRW von 1995 noch gesicherten Standorte für die Energieerzeugung wurden daher nur dann weiterhin als Siedlungsraum dargestellt, wenn sie bereits durch Kraftwerksbauten in Anspruch genommen wurden oder über ein Zielabweichungsverfahren andere siedlungsräumliche Nutzungen zugelassen worden waren. Dies trifft auf den noch im LEP NRW von 1995 gesicherten Standort für die Energieerzeugung B 2.1 Aldenhoven-Siersdorf nicht zu. Er war deshalb als Freiraum darzustellen. 2. Wird die Landesregierung die Fläche des ehemaligen Steinkohlekraftwerks Aldenhoven-Siersdorf in den zeichnerischen Festlegungen des neuen LEP zukünftig als GIB-Fläche darstellen? 3. Wenn nein: Warum nicht? Wegen des Verfahrensstandes zur Aufstellung des neuen LEP wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Der Regionalrat Köln als zuständiger Träger der Regionalplanung hat auf der Basis des jeweils geltenden Landesentwicklungsplans zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Darstellung eines Bereiches für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) an dem noch im LEP NRW von 1995 gesicherten Standort für die Energieerzeugung B 2.1 AldenhovenSiersdorf in Frage kommt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7377 4 4. Wie wird die Landesregierung die Realisierung des Campus Aldenhoven unterstützen ? Es wird davon ausgegangen, dass sich der Fragesteller auf den im LEP NRW von 1995 noch gesicherten Standort für die Energieerzeugung B 2.1 Aldenhoven-Siersdorf bezieht, der an den südöstlich bereits als "Campus Aldenhoven" vermarkteten Bereich angrenzt. Über eine Unterstützung kann nur abhängig vom Projektfortschritt unter Würdigung der dann geltenden Sach- und Rechtslage entschieden werden. 5. Wie versucht die Landesregierung in den ehemaligen Zechenstandorten Alden- hoven und Baesweiler Ersatzarbeitsplätze zu schaffen, wenn das Projekt „Campus Aldenhoven“ durch landesplanerische Entscheidungen der Landesregierung verhindert wird? Auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 wird verwiesen.