LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/738 28.08.2012 Datum des Originals: 28.08.2012/Ausgegeben: 31.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 298 vom 23. Juli 2012 des Abgeordneten Robert Stein PIRATEN Drucksache 16/460 Ankauf von Steuerdaten – Nutzen für NRW Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 298 mit Schreiben vom 28. August 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Steuerfahndung Wuppertal hat den Kauf einer Steuer-CD mit den Daten mutmaßlicher deutscher Steuerhinterzieher mit Schweizer Bankkonto Anfang Juli 2012 bestätigt. Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen wollte den Ankauf zunächst nicht bestätigen . Erst nach Kritik des Bundesministeriums der Finanzen verteidigte das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen den Kauf der Daten-CD. Nach Medienberichten soll das Land Nordrhein-Westfalen für den Kauf der Steuerdaten 3,5 Millionen Euro an den Anbieter der Daten-CD gezahlt haben. Die Steuerfahndung Wuppertal hat den Ankauf der Daten-CD abgewickelt. Als Abteilung der Finanzbehörde verfügt die Steuerfahndung nicht über finanzielle Mittel in der besagten Höhe. Da Medienberichten zufolge zwei weitere Daten CDs angekauft werden sollen, muss davon ausgegangen werden, dass die Steuerfahndung im Ergebnis etwa 10 Millionen Euro für gestohlene Steuerdaten aus Schweizer Bankhäusern bzw. Banken mit (Filial)Sitz in der Schweiz zur Verfügung hat. Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung Wuppertal weder bestätigt noch abgestritten. Finanzminister Walter-Borjans hat laut Medienberichten im April 2012 bilanziert, dass durch die Auswertung von Steuer-CDs bislang 500 Millionen Euro an Nach- und Strafzahlungen eingenommen wurden. Diesen Einnahmen dürften Ausgaben für den Ankauf von SteuerCDs in Höhe von über 20 Millionen Euro entgegenstehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/738 2 Vorbemerkung der Landesregierung Unzutreffend ist die Behauptung, die Steuerfahndung Wuppertal habe den Kauf einer Steuer -CD Anfang Juli 2012 bestätigt. Die Finanzverwaltung äußert sich aus rechtlichen und ermittlungstaktischen Gründen nicht zu einzelnen Erwerbsvorgängen. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage wird zudem der Eindruck erweckt, das Finanzministerium NRW habe nur einen – angeblich im Juli 2012 erfolgten – Datenankauf öffentlich verteidigt. Diese Darstellung ist unzutreffend. Das Finanzministerium NRW hat stets sämtliche in der 15. und 16. Legislaturperiode erfolgten Datenankäufe verteidigt. Angesichts nach wie vor unzureichender Ermittlungsmöglichkeiten der Steuerfahndung, insbesondere in Fällen grenzüberschreitender Steuerhinterziehung, kann auf den Ankauf von Steuerdaten-CDs derzeit nicht verzichtet werden. 1 Ab wann wusste das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen von dem Ankauf der Steuerdaten-CD bzw. hat das Finanzministerium den Ankauf durch die Bereitstellung von Millionenbeträgen gefördert bzw. angeordnet? Wie in der Vorbemerkung bereits ausgeführt, äußert sich die Finanzverwaltung nicht zu einzelnen Erwerbsvorgängen. Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle gehören zu den Aufgaben der Landesfinanzbehörden (§ 208 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Finanzverwaltung NRW erhält in diesem Zusammenhang immer wieder Angebote von Datenlieferungen zu ausländischen Kapitalanlagen . Die Angebote werden von der Steuerfahndung auf Werthaltigkeit geprüft, danach wird auf Vorschlag der Oberfinanzdirektionen über den Ankauf in Abstimmung mit dem Finanzministerium im Einzelfall entschieden. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wird über beabsichtigte Datenankäufe informiert. Die zur Begleichung der Kosten eines Datenankaufs erforderlichen Mittel werden vom Finanzministerium bereitgestellt. Die Kosten sind nur zu einem Teil endgültig vom Land Nordrhein -Westfalen zu tragen (siehe hierzu die Antwort auf die nachfolgende Frage). 2. Wie hoch werden die Kosten für den Ankauf der Steuerdaten für den Steuerzah- ler in Nordrhein-Westfalen insgesamt sein? Wie in der Vorbemerkung der Landesregierung ausgeführt, äußert sich die Finanzverwaltung nicht zu einzelnen Erwerbsvorgängen. Die Kosten eines Datenankaufs werden grundsätzlich je zur Hälfte zwischen Bund und Ländern geteilt. Unter den Ländern erfolgt die Aufteilung nach dem aktuell geltenden sogenannten Königsteiner Schlüssel. Der üblichen Verfahrensweise entsprechend trat das Land Nordrhein -Westfalen beim Datenankauf für den Bund und die übrigen Länder in Vorleistung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/738 3 3. Wie hoch sind die Gesamtkosten für den Ankauf von Steuerdaten, die das Land Nordrhein-Westfalen seit Beginn der 15. Legislaturperiode an Anbieter gezahlt hat und sind diese Kosten im Haushalt gesondert ausgewiesen? Die Kosten der seit Beginn der 15. Legislaturperiode erfolgten Datenankäufe durch das Land Nordrhein-Westfalen betragen insgesamt rd. 10,3 Mio. € (Kaufpreis einschließlich Abzugsteuer ). Nach Steuerabzug sind hiervon rd. 8,9 Mio. € zur Auszahlung gelangt. Die Kosten für die erfolgten Datenankäufe wurden im betreffenden Haushalt jeweils bei Kapitel 12 050 Titel 546 11 (Fahndungskosten) und die Erstattungen des Bundes bzw. der anderen Bundesländer bei Kapitel 12 050 Titel 119 01 (Vermischte Einnahmen) nachgewiesen. 4. Wie hoch werden die voraussichtlichen Steuereinnahmen für das Land Nord- rhein-Westfalen sein bzw. wurden vor dem Kauf Schätzungen zu Steuereinnahmen durch das Finanzministerium vorgenommen? Vorliegende Datenangebote werden vor einem möglichen Erwerb von der Steuerfahndung auf Werthaltigkeit geprüft. Bei sämtlichen bisherigen Datenankäufen übertrafen die steuerlichen Mehrergebnisse die Aufwendungen für den Erwerb um ein Vielfaches. 5. Inwieweit gefährdet der Ankauf von Steuerdaten durch das Land Nordrhein- Westfalen den Abschluss des Steuerabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz? Der Abschluss des Steuerabkommens hängt in Deutschland noch von den Entscheidungen des Bundestags und des Bundesrats ab. In der Schweiz ist die Entscheidung über ein mögliches Referendum noch in der Schwebe. Inwieweit Berichte über Datenankäufe Auswirkungen auf die jeweilige Meinungsbildung haben, ist nicht prognostizierbar. Nordrhein-Westfalen lehnt den vorliegenden Abkommenstext ab, unter anderem weil die aktuell unbefriedigenden Möglichkeiten zur Verhinderung von Steuerflucht durch die Vereinbarungen weiter eingeschränkt würden.