LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7391 25.11.2014 Datum des Originals: 24.11.2014/Ausgegeben: 28.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2859 vom 29. Oktober 2014 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/7195 „Precobs“ – Verweigert sich der Innenminister gegen eine fortschrittliche Polizeiarbeit ? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2859 mit Schreiben vom 24. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Meine Kleinen Anfrage hat der Innenminister in der Drucksache 16/6992 nur ausweichend beantwortet. Der alleinige Hinweis auf ein bereits laufendes Auswertungs- und Bewertungsverfahren von Software für „Predictive Policing“ (wie z.B. Precobs) beantwortet nicht meine Fragen. Es ist irritierend, wenn die Landesregierung berechtigte Fragen nach dem Einsatz einer erprobten Software wie Precobs abbügelt. Durch die Antworten des Ministers entsteht der Eindruck , es fehle nach wie vor eine zukunftsgerichtete Strategie für moderne Polizeiarbeit. Während Kriminelle alle Möglichkeiten moderner Technik für ihre Taten nutzen, verharrt das Innenministerium in der Vergangenheit und prüft bewährte Lösungen, um sich vor einer klaren Positionierung zu drücken. Dort, wo die neusten Analyseverfahren bereits genutzt werden, geht die Einbruchskriminalität spürbar zurück. Moderne Polizeiarbeit nutzt alle legalen Instrumente, die Bürger vor Straftaten zu schützen und selbige aufzuklären. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7391 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die mit der Kleinen Anfrage dargestellte Annahme, dass sich vorhandene Programme zum Zwecke des Predictive Policing, wie z. B. „Precobs“, bereits nachweislich bewährt haben, ist tatsächlich bisher nicht hinreichend belegt. Soweit Publikationen hierzu bislang den Rückgang von Straftaten in einem definierten Raum aufzeigen, lassen sich solche Entwicklungen aufgrund der Komplexität der Ursachen und Entstehung von Kriminalität bisher nicht zwangsläufig auf die Anwendung solcher Programme zurückführen. Für die entsprechenden Anwendungen und Räume sind solche Annahmen bislang weder evaluiert noch in anderer Weise sicher nachvollziehbar belegt. Nordrhein-Westfalen wird aus kriminalfachlichen sowie wirtschaftlichen Erwägungen künftig allein die Nutzung solcher Anwendungen in Betracht ziehen, die tatsächlich nachweislich wirksam sind. Das Projekt „Predictive Policing in Nordrhein-Westfalen“ sieht daher vor, dafür relevante Methoden und Verfahren in einem ersten Schritt auf ihre grundsätzliche Realisierbarkeit und Wirksamkeit hin zu prüfen und diese entsprechend zu evaluieren. Aus kriminalstrategischen Erwägungen wird diese Prüfung zunächst auf den Wohnungseinbruch ausgerichtet. Soweit sich hierzu positive Ergebnisse nachweisen lassen, kommt die Ausweitung solcher Anwendungen auch auf weitere Deliktsfelder in Betracht. Die Methodik des Predictive Policing wird im Rahmen des Projekts in den Kontext einer ganzheitlich verbesserten und zeitgemäßen polizeilichen Auswertung gestellt. Zudem sollen durch Überprüfung der aus den bisherigen Forschungsergebnissen abgeleiteten Hypothesen die Ursachen des Wohnungseinbruchs noch umfassender betrachtet werden . Insoweit werden damit neben kriminalfachlichen auch wissenschaftliche Ziele verfolgt. Zur Durchführung des Projekts bedarf es der Auswahl einer flexiblen und leistungsfähigen Analysesoftware. Beabsichtigt ist, damit nicht personenbezogene Daten insbesondere aus bereits bestehenden polizeilichen Datenbeständen und weiteren frei zugänglichen Datenquellen (z. B. bauliche Gegebenheiten in Stadtbezirken, Verkehrsinfrastrukturen, Wetterdaten ) zu analysieren. So können voraussichtlich auch Ergebnisse erzielt werden, aus denen sich, über die spezifische polizeiliche Nutzung hinaus, ggf. auch weitergehende Informationen ableiten lassen, z. B. für Zwecke der Sozialpolitik oder des Städtebaus. Zusätzliche Datenerhebungen sind nicht beabsichtigt. Die Auswahl einer geeigneten Analysesoftware stellt zwar einen bedeutsamen, aber nur einen ersten Schritt bei der Umsetzung des Predictive Policing dar. Entscheidender dürfte hierbei die fachlich gestützte Generierung und Bewertung von Ergebnissen sowie die Umsetzung geeigneter polizeilicher Maßnahmen auf Basis der Prognosen sein. 1. Wer nimmt konkret die Bewertung der Softwareprogramme zum Thema „Predic- tive Policing“ im Ministerium bzw. für das Ministerium vor? Die kriminalfachliche Bewertung der dazu gewerblich angebotenen IT-Anwendungen obliegt dem Landeskriminalamt (Projektleitung); im Hinblick auf die IT-technische Implementierung wird daran das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste beteiligt sein. In die abschließende Eignungs- und Auswahlentscheidung werden IT-Experten, Wissenschaftler sowie polizeiliche Anwender und Experten für den polizeilichen Datenschutz einbezogen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7391 3 2. Wie sieht der genaue Zeitplan für die Analyse, Tests, Bewertung bis zu einer Entscheidung aus? Nach Abschluss der vorbereitenden Maßnahmen ist der Projektstart für Anfang 2015 konzipiert . Erste Ergebnisse werden für die zweite Jahreshälfte 2015 erwartet. Der Beginn der Praxisphase in den Referenzpräsidien Duisburg und Köln ist für den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 vorgesehen. 3. Was spricht gegen den Einsatz einer bereits bewährten und praxistauglichen Software, wie Precobs? Siehe Vorbemerkungen. 4. Wie bewertet die Landesregierung die Chancen auf eine Verbesserung der Poli- zeiarbeit, insbesondere bei bandenmäßiger Einbruchskriminalität durch eine solche Analysesoftware? Die Bekämpfung der Wohnungseinbruchkriminalität ist ein kriminalstrategischer Schwerpunkt der Landesregierung. Das Projekt „Predictive Policing in Nordrhein-Westfalen“ soll dazu beitragen , sowohl die Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Wohnungseinbrüchen als auch die konsequente Verfolgung von Straftätern noch zielgerichteter, wirksamer und nachhaltiger organisieren und durchführen zu können. 5. Wird die Landesregierung bei erfolgreichem Prüfergebnis ein solches Software- programm für moderne Polizeiarbeit in NRW einsetzen? Ja.