LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7422 26.11.2014 Datum des Originals: 25.11.2014/Ausgegeben: 01.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2861 vom 30. Oktober 2014 der Abgeordneten Dr. Joachim Stamp und Dr. Robert Orth FDP Drucksache 16/7198 Salafist im Sicherheitsbereich des Düsseldorfer Flughafens Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2861 mit Schreiben vom 25. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zum Betätigungsverbot für die Terrormiliz IS durch den Bundesinnenminister erklärte Innenminister Jäger laut Pressemitteilung am 12.09.14: „Wir nutzen jede Möglichkeit, ihre Aktivitäten zu unterbinden.“ Knapp zwei Wochen zuvor hat er nach der WAZ ähnlich kernige Worte gefunden, um sein entschlossenes Vorgehen gegen die Wuppertaler Scharia-Polizei zu umschreiben : „Die Polizei-Behörden sind angewiesen, gegen solche Möchtegern-Polizeistreifen mit allen polizeilichen Mitteln vorzugehen.“ Der Innenminister beteuerte, die Salafisten-Szene werde sehr genau beobachtet. Nach einem Bericht des WDR vom 29.10.14 hat einer der Angehörigen der Scharia-Polizei von April bis Anfang Oktober 2014 in der Gepäckabfertigung im Sicherheitsbereich des Düsseldorfer Flughafens gearbeitet. Im April ist er ohne Sicherheitsbedenken durch die obligatorische Überprüfung durch die Bezirksregierung gekommen, die einen Auszug aus dem Bundeszentralregister , eine Abfrage bei der Polizei am Wohnort des Arbeitnehmers sowie Nachfragen bei den Landeskriminalämtern, Staatsschutz und Verfassungsschutz umfasst. Erst am 28.10.14 musste er seinen Sicherheitsausweis abgeben. Wegen Fehlzeiten und Unzuverlässigkeit ist ihm nun zum Ende des Monats gekündigt worden. Die Westdeutsche Zeitung berichtet: „Aus seiner Sympathie für den Islamismus machte der 27-jährige im Stern keinen Hehl. Über einen Freund (21), der sich im Irak für den „IS“ in die Luft sprengte, habe er gesagt: „Er ist ein guter Bruder. Ich muss lächeln, wenn ich an ihn denke.““ Die Polizei Wuppertal und die Bezirksregierung Düsseldorf meinen nach diesem Bericht weiterhin über keine Handhabe zu verfügen, den Salafisten wegen der von ihm ausgehenden Gefahr aus dem sicherheitsrelevanten Bereich zu entfernen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7422 2 Seit dem 11. September 2001 ist bekannt, dass Flugzeuge im Fokus der Anschlagspläne gewaltbereiter Islamisten stehen. Die Sicherheitsvor-kehrungen für den Flugverkehr sind deswegen weltweit verschärft worden. 1. Wie konnte es dazu kommen, dass ein polizeibekannter Salafist über Monate re- gelmäßig Zugang zum Sicherheitsbereich des Düsseldorfer Flughafens erhalten konnte? 2. Lagen den Behörden zum Zeitpunkt der Einstellung des Scharia-Polizei-Aktivisten tatsächlich keine Anhaltspunkte über Kontakte zur salafistischen Szene vor bzw. haben die Sicherheitsbehörden vorliegende Hinweise nicht weitergegeben und damit eine Gefährdung der Allgemeinheit zugelassen? 3. Plant die Landesregierung schärfere Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitern in sensiblen Sicherheitsbereichen, z. B. eine Verkürzung des Zeitraums zwischen den Regelüberprüfungen ihrer Eignung für die Arbeit in sicherheitsrelevanten Dienststellen von fünf auf ein Jahr? 5. Die Vorgänge um die Scharia-Polizei wurden Anfang September bekannt. Innen- minister Jäger versprach entschlossenes Vorgehen. Wie kam es dazu, dass trotz dieses entschlossenen Vorgehens die Zugangsberechtigung eines Mitglieds der Scharia-Polizei zum Sicherheitsbereich des Düsseldorfer Flughafens erst knapp zwei Monate nach diesen Vorgängen entzogen wurde? Die Fragen 1 bis 3 und 5 werden zusammen beantwortet. Die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Luftsicherheitsbehörde für den Flughafen Düsseldorf hat die Zuverlässigkeit von Personen zu überprüfen, die auf Grund ihrer Tätigkeit unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben. Zum Zwecke der Zuverlässigkeitsüberprüfung darf die Behörde u.a. vorhandene Erkenntnisse zur betroffenen Person bei der Polizei und dem Verfassungsschutz des Landes NRW abfragen. Da bei der Prüfung der Person keine Zweifel an der Zuverlässigkeit bestanden, wurde die Berechtigung zum Zugang in den Sicherheitsbereich erteilt. Grundlagen dieser Überprüfung sind das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) und die Luftsicherheits -Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV) als bundesrechtliche Normen. Die Notwendigkeit einer Fortschreibung ist insoweit durch den Bundesgesetzgeber zu prüfen . Für die Dauer der Zuverlässigkeitsfeststellung sind die beteiligten Sicherheitsbehörden gegenüber der Luftsicherheitsbehörde nachberichtspflichtig. Diese prüft im Nachberichtsfall, z.B. bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, die Erkenntnisse und entscheidet über einen möglichen Widerruf der Zuverlässigkeitsfeststellung. In diesem Fall wurde sie am 31.10.2014 mit sofortiger Wirkung widerrufen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7422 3 4. Welche Maßnahmen umfasste die nach dem Auftreten der Scharia-Polizei angekündigte verschärfte Beschäftigung des Staatsschutzes und des Verfassungsschutzes mit ihren Mitgliedern konkret? Mit Erlass vom 6.9.2014 hat das Ministerium für Inneres und Kommunales auf das Benutzungsverbot von Westen mit dem Aufdruck „Scharia-Polizei“ bzw. „Scharia-Police“ hingewiesen . Entsprechende Handlungsanweisungen wurden erteilt sowie Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsverbot eingeleitet. Zu der beteiligten Personengruppe erfolgten umfangreiche Personenermittlungen. Darüber hinaus erfolgte eine schwerpunktmäßige Auswertung des Internets, insbesondere der sozialen Netzwerke, hinsichtlich geplanter Folgeaktionen und möglicher Unterstützer der Gruppierung. Zudem richtete die Kreispolizeibehörde Wuppertal ein Bürgertelefon ein. Die Aktion war auch Gegenstand des behördlichen Informationsaustausches im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin. Dabei wurde systematisch abgeglichen, ob ähnliche Aktionsformen in anderen Bundesländern aufgefallen sind und bundesweit alle Sicherheitsbehörden dafür sensibilisiert, künftig mit allen rechtlich möglichen Mitteln dagegen vorzugehen. Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden verfolgen weiter eine Doppelstrategie: Konsequentes rechtliches Vorgehen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung einerseits, Aufklärungs- und Präventionsarbeit andererseits.