LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7433 27.11.2014 Datum des Originals: 27.11.2014/Ausgegeben: 02.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2789 vom 14. Oktober 2014 der Abgeordneten Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/7034 Wie sehen die landesweiten Ergebnisse der letztmaligen Lernstandserhebungen in den 8. Klassen aus? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2789 vom 27. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Instrument der Lernstandserhebungen in den Klassen 3 und 8 ermittelt Informationen zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schülern und liefert auf diesem Wege zugleich Erkenntnisse , die sachgerecht eingesetzt und interpretiert werden können für eine Stärkung der Qualität des Unterrichts und die von Schulen erbrachte Bildungsleistung. Lernstandserhebungen sind damit ein Diagnoseverfahren zur Ermittlung der Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Sie sind wichtig für die Qualitätssicherung und für die Unterrichtsentwicklung . Die Lernstandserhebungen in den achten Klassen finden in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik statt. Die Teilnahme an den Lernstanderhebungen ist für alle Schüler verpflichtend . Lernstandserhebungen dienen als Diagnoseinstrument und werden nicht als Klassenarbeit gewertet und nicht benotet. Lernstandserhebungen in den achten Jahrgängen werden seit dem Schuljahr 2008/2009 bundesweit durchgeführt. Die wissenschaftliche Leitung der Aufgabenentwicklung liegt beim Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Lernstandserhebungen beziehen sich dabei im jährlichen Wechsel auf unterschiedliche Teilleistungsbereiche der genannten Fächer. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7433 2 Eltern sowie Schüler erhalten direkt durch ihre jeweilige Schule eine Rückmeldung über die individuellen Ergebnisse sowie über die Resultate der jeweiligen Klasse und der Schule. In den Fachkonferenzen und der Lehrerkonferenz sollen danach die Ergebnisse beraten und Konsequenzen für die schulische Arbeit besprochen werden. Die Schulleitung berichtet in der Schulkonferenz über die Ergebnisse der beteiligten Klassen und der Schule sowie über die Konsequenzen für die schulische Arbeit und benachrichtigt die Schulaufsicht. Da die Ergebnisse der Schule besser einordnet werden sollen, wird den beteiligten Lehrkräften bei der Ergebnisrückmeldung die Möglichkeit eines Vergleichs mit Schulen angeboten, die unter vergleichbaren Rahmenbedingungen arbeiten, der sogenannte „faire Vergleich“. Die Landesregierung erklärt gleichzeitig: „Für Vergleiche der Leistungsfähigkeit von Schulformen und der Bildungsqualität in Regionen sind Lernstandserhebungen aufgrund ihrer Zielsetzung und konzeptionellen Gestaltung ungeeignet.“ Ob tatsächlich, etwa im Vergleich mit landesweiten Ergebnissen, hieraus nicht sehr wohl Einschätzungen abzuleiten sind, mag unterschiedlich bewertet werden. Dies zumal, da unterschiedliche Standorttypen, die eine sozialräumliche „Einordnung“ vornehmen, ebenfalls Eingang in das Konzept finden. Laut MSW erfolgt mit diesem Verfahren eine Zuordnung zu Standorttypen auf der Basis statistisch objektiver Daten. Allerdings stellt sich gerade auch die Frage, warum eigentlich keine Darstellung der landesweiten Ergebnisse nach unterschiedlichen weiterführenden Schulformen erfolgen kann/ soll. Da die Landesregierung auf der Grundlage der Ergebnisse mit ziemlicher Sicherheit landesweite Auswertungen vornimmt (wie frühere Antworten auf Kleine Anfragen verdeutlichen sowie entsprechender Runderlass), dürfte ihr auch eine Auswertung nach Schulformen möglich sein. Daher wäre es interessant zu erfahren, wie die unterschiedlichen weiterführenden Schulformen bei den diesjährigen jeweiligen „Versionen“ landesweit im absoluten Vergleich abgeschnitten haben. Gleichzeitig regt an einigen Stellen das Vorgehen zu Nachfragen an. Laut Runderlass „Zentrale Lernstandserhebungen (Vergleichsarbeiten)“ aus dem Jahr 2012 verwendet das Ministerium für Schule und Weiterbildung unterschiedliche Aufgabensätze. Die Zuordnung zu Schulformen und Fachleistungskursen (Grund- und Erweiterungskursen) ist für die Schulen verbindlich . So heißt es z.B. in der „Durchführungsanleitung 2014 für Lehrerinnen und Lehrer“: „Bei den Lernstandserhebungen werden drei Testheftversionen eingesetzt. Es gilt die folgende Aufteilung auf die Bildungsgänge: Heft A: Hauptschule G-Kurs bzw. im Fach Deutsch bei Unterricht im Klassenverband sowie Gesamtschule G-Kurs Heft B: Realschule, Hauptschule E-Kurs und Gesamtschule E-Kurs bzw. bei Unterricht im Klassenverband mit Binnendifferenzierung Heft C: Gymnasium Alle drei Testheftversionen enthalten Aufgaben, die das gesamte Leistungsspektrum abdecken .“ Zwar wird bezüglich der drei Testversionen erklärt, dass Aufgaben das gesamte Leistungsspektrum abdecken. Dennoch drängt sich bezüglich integriert arbeitender Schulformen die Frage auf, inwieweit dann tatsächlich die Anforderungsniveaus der unterschiedlichen Bildungsgänge abgebildet werden. Das Selbstverständnis integriert arbeitender Schulformen, das auch von Rot-Grün in dieser Form immer betont wird, beruht darauf, dass z.B. an den Gesamtschulen in einer Klasse integriert Bildungsgänge abgebildet werden – die Differenzierung erfolgt demnach „binnendifferenziert“. Da alle Leistungsspektren auch bei den Lern- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7433 3 standserhebungen abgebildet werden, verwundert die Zuordnung. Da sich in den Testheftversionen auch unterschiedliches – erwartetes – Leistungsvermögen widerspiegelt, stellt sich die Frage, warum bei einer integrierten Unterrichtung der G-Kurs an Gesamtschulen automatisch dem G-Kurs an Hauptschulen, Heft B sich an die Realschule, den E-Kurs Hauptschulen sowie den E-Kurs Gesamtschule richtet. Wenn in der Gesamtschule doch alle Bildungsgänge abgebildet werden, müsste doch sachlogisch auch das dem Heft C, das offenbar ausschließlich dem Gymnasium „vorbehalten“ ist, Anwendung finden? Es drängt sich somit die Frage auf, ob hier nicht durch „erleichterte Anforderungen“ eine Verzerrung der Ergebnisse herbeigeführt wird, da die genannte integrierte Schulform – die dies nach eigenem Verständnis – nicht ist, automatisch „geringeren Anforderungen“ zugeordnet zu werden scheint. Ebenfalls stellt sich die Frage, wie die Zuordnung erfolgen wird, nachdem Rot-Grün die Möglichkeit eröffnet hat, dass an Gesamtschulen die Fachleistungsdifferenzierung de facto abgeschafft werden kann und damit die Grund- und Erweiterungskurse entfallen. Ebenfalls stellt sich die Frage, wie zukünftig an der Schulform Sekundarschule sowie an den Schulen des „Schulversuchs“ Gemeinschaftsschule verfahren wird, wenn 8. Klassen aufwachsend erreicht werden? Vorbemerkung der Landesregierung Lernstandserhebungen sind ein pädagogisches Diagnoseverfahren zur Feststellung, über welche fachlichen Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler verfügen. Lehrkräfte erhalten damit wichtige Hinweise zu Stärken und Schwächen ihrer Klassen. Auf dieser Grundlage können gezielte Fördermaßnahmen gestaltet werden. Für Vergleiche der Leistungsfähigkeit von Schulformen sind Lernstandserhebungen aufgrund ihrer Zielsetzung sowie konzeptionellen und testmethodischen Gestaltung ungeeignet. 1. Welche Ergebnisse wurden bei den diesjährigen Lernstandserhebungen in den 8. Klassen landesweit erzielt (bitte in absoluten Ergebnissen nach Schulformen aufgeschlüsselt darstellen)? Die Ergebnisse der Lernstandserhebungen 2014 sind – u.a. aufgeschlüsselt nach Schulformen – an folgender Stelle abrufbar: http://www.schulentwicklung.nrw.de/lernstand8/upload/download/mat_2015/Bericht_Lernstan d8-2014.pdf 2. Warum spiegelt sich in den oben genannten und vom Ministerium demnach zuge- teilten Testheftversionen offenkundig nicht das von der Landesregierung immer wieder erklärte, die unterschiedlichen Bildungsgänge umfassende Leistungsspektrum an den Gesamtschulen wider? 3. Wie widerlegt die Landesregierung, dass durch dieses Vorgehen eine Verzerrung der Ergebnisse herbeigeführt werden kann (bitte inhaltlich aufgeschlüsselt nach dem allgemeinen Anspruch von Transparenz sowie nach ehrlicher Rückmeldung für die Pädagogen aufgeschlüsselt beantworten)? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund ihres sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die drei vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen entwickelten Testheftversionen basieren auf den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz und sind schulformunabhängig . Die Zuteilung der Testheftversionen in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt in allen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7433 4 Schulformen das Leistungsspektrum der unterschiedlichen Bildungsgänge. Alle Testheftversionen der Lernstandserhebungen enthalten Aufgaben aus dem gesamten Leistungsspektrum . Die unterschiedliche Anzahl schwieriger bzw. einfacher Aufgaben in den einzelnen Testheftversionen dient ausschließlich dazu, Schülerinnen und Schüler nicht systematisch zu unter- bzw. überfordern und damit ggf. zu demotivieren. Die Aufbereitung der Ergebnisse erfolgt bildungsgang- und testheftversionsübergreifend auf einer gemeinsamen Kompetenzskala. Schülerinnen und Schüler können somit – unabhängig von der jeweils verwendeten Testheftversion – Kompetenzniveaus auf der gesamten Skalenbreite zugeordnet werden. Hierdurch ist eine „Verzerrung der Ergebnisse“ testtheoretisch nicht möglich. Mit Blick auf die Erfordernisse einer ehrlichen Rückmeldung (sog. „fairer Vergleich“) werden für unterschiedliche Standorttypen von Schulen bildungsgangbezogene Referenzwerte für Grundkurse, Erweiterungskurse und auf unterschiedlichen Anspruchsebenen im Klassenverband erteiltem Unterricht zur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht Lehrerinnen und Lehrern eine aussagekräftige Einordnung der Lernstände ihrer Lerngruppen. Die Referenzwerte werden zur Sicherstellung der allgemeinen Transparenz regelmäßig veröffentlicht und sind zugänglich unter: http://www.schulentwicklung.nrw.de/lernstand8/materialien-und-berichteneu /berichte/index.html 4. Wie wird die Landesregierung bezüglich der Testheftversionen vorgehen, wenn zukünftig an Gesamtschulen keine G- und E-Kurse mehr gebildet werden? 5. Wie wird bei weiteren integriert arbeitenden Schulen vorgegangen werden, wenn die 8. Klasse erreicht wird (bitte jeweils für die Sekundarschulen nach den unterschiedlichen Organisationsformen ab Klasse 7 sowie für den „Schulversuch“ Gemeinschaftsschule jeweils aufgeschlüsselt erläutern)? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund ihres sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Zuordnung der Testheftversionen ab dem Durchgang 2015 der Lernstandserhebungen in Grundkursen, Erweiterungskursen und binnendifferenziert auf unterschiedlichen Anspruchsebenen im Klassenverband erteiltem Unterricht wurde allen Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen , Gemeinschaftsschulen, Sekundarschulen, Verbundschulen und Gymnasien mit Schulmail vom 17.09.2014 mitgeteilt. Diese Mail ist zugänglich unter: http://www.schulentwicklung.nrw.de/lernstand8/upload/download/mat_2015/Allgemeine_Sch ulen_Lernstand8_2015_Servermail_Initialisierung_17_09_2014.pdf