LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7454 01.12.2014 Datum des Originals: 01.12.2014/Ausgegeben: 04.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2784 vom 13. Oktober 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat, Yvonne Gebauer und Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/7024 (Neudruck) Schulpflicht für Flüchtlingskinder im Regierungsbezirk Detmold – wie unterstützt die Landesregierung die Kommunen? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2784 mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Flüchtlingszahlen in Deutschland steigen durch zahlreiche Konflikte weltweit stetig an. Für das Land und die Kommunen ist dieses auch deshalb eine besondere Herausforderung, da für Flüchtlingskinder in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich Schulpflicht besteht. Dieses gilt zumindest für Kinder und Jugendliche von Asylbewerbern, sofern ein Asylantrag gestellt worden ist und die Betroffenen einer entsprechenden Kommune zugewiesen wurden. Schulpflicht gilt grundsätzlich auch für ausreisepflichtige Kinder und Jugendliche. 1. Wie viele Flüchtlinge, die sich nach Zuweisung in einer Kommune im Regie- rungsbezirk Detmold aufhalten, sind zum Stichtag 01.10.2014 nicht älter als 18 Jahre beziehungsweise grundsätzlich schulpflichtig? Die gewünschten Informationen liegen im Ausländerzentralregister (AZR), für das das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg zuständig ist, nicht vor. Bei der Bezirksregierung Arnsberg, die landesweit für die Zuweisung von Asylsuchenden zuständig ist, werden keine Daten zum Alter der zugewiesenen Personen erhoben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7454 2 Die Nachfrage bei den Schulämtern der Kreise und der kreisfreien Stadt Bielefeld ergab folgendes Ergebnis: Zunächst ist die Definition des Begriffes Flüchtling nicht passgenau. Sie müsste anhand des Rechtsstatus näher definiert werden (anerkannte Flüchtlinge, Asylberechtigte, Asylbewerber im Asylverfahren oder abgelehnte Asylbewerber). Für die Erfassung des Merkmals Flüchtling gibt es keine melderechtliche Grundlage. Es kann deswegen in den Melderegistern, die die Daten nach einem bundeseinheitlichen Standard erfassen (DSMeld), auch faktisch nicht eingegeben werden. Die Daten werden auf Kreisebene nicht zentral erfasst, sie werden in den Kommunen erhoben . An der Erstellung einer solchen Erfassung wird aber in allen Kreisen gearbeitet. Für den Regierungsbezirk Detmold lässt sich somit keine verlässliche Gesamtzahl im obigen Sinne ermitteln. 2. Wie viele Kinder und Jugendliche des unter Frage 1 abgefragten Personenkrei- ses besuchen auch tatsächlich eine Schule im Regierungsbezirk Detmold? 3. Vor dem Hintergrund, dass eine schnellstmögliche Eingliederung in entspre- chende Regelklassen der Schulen erfolgen soll: Inwiefern bestehen an Schulen im Regierungsbezirk Detmold sogenannte Auffangklassen, die die schulpflichtigen Flüchtlingskinder für die Teilnahme am regulären Unterricht vorbereiten sollen (bitte möglichst detailliert beziehungsweise kommunalscharf den aktuellen Status quo im Regierungsbezirk Detmold darstellen)? Aus der Antwort zu Frage 1 folgt, dass sich zu dieser Frage keine eindeutigen Angaben machen lassen. Grundsätzlich gilt, dass in allen Kreisen die zuwandernden Kinder und Jugendlichen schnellstmöglich einer Schule zugewiesen werden, um die Schulpflicht nach §§ 34 ff. SchulG erfüllen zu können. Die Daten zu Vorbereitungs- und Auffangklassen (Anzahl, Schülerzahl) für das Schuljahr 2014/15 werden im Rahmen der Amtlichen Schuldaten zum Stichtag 15.10. landesweit erhoben ; letztere werden im Frühjahr 2015 in bereinigter Form vorliegen. Auf der Grundlage der derzeit bei den Bezirksregierungen vorhandenen unterschiedlichen Datenbestände zu den schulpflichtigen Flüchtlingen können innerhalb des für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeitraums keine hinreichend validen Daten mit vertretbarem Arbeitsaufwand erhoben werden. 4. Inwieweit wird konkret im Regierungsbezirk Detmold für eine Überwachung der Schulpflicht von Flüchtlingskindern Sorge getragen? Die Schulträger überwachen den Prozess bis zur Anmeldung an einer Schule. Teilweise melden die Schulträger die schulpflichtigen Kinder an die Schulämter weiter, die dann zusammen mit dem zuständigen Schulrat die Zuweisung vornehmen. Innerhalb der Kreise agieren die ortskommunalen Schulträger aber teilweise selbst, indem sie die betroffene Personengruppe an Schulen vermitteln, ohne das jeweilige Schulamt des Kreises einzubeziehen . Am Aufbau einer einheitlichen Struktur wird in allen Kreisen gearbeitet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7454 3 5. Wie unterstützt die Landesregierung die Schulen, Kommunen und Integrationszentren im Regierungsbezirk Detmold konkret, um den Herausforderungen der stetig steigenden Anzahl von schulpflichtigen Flüchtlingskindern im Interesse aller Akteure gerecht zu werden? Mit Inkrafttreten des Teilhabe- und Integrationsgesetzes im Jahr 2012 wurde eine Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW (LaKI) eingerichtet. Im Rahmen ihrer vielfältigen Aufgaben ist die LaKI auch für das Handlungsfeld Seiteneinsteiger tätig. Dazu gehören die konzeptionelle Weiterentwicklung, die Koordination und Moderation des internen Austauschs sowie die Durchführung interner und überregionaler Fortbildungsangebote . In allen Regierungsbezirken wurden insgesamt 49 Kommunale Integrationszentren neu eingerichtet . Der Regierungsbezirk erhält Unterstützung durch diverse Maßnahmen, Programme und Aktivitäten der LaKI und der Kommunalen Integrationszentren (KI). Regelmäßig finden bezirksweite Arbeitstreffen der KI-Leitungen mit der Bezirksregierung und der Schulaufsicht statt, bei denen die Beschulung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher thematisiert wird. Hierzu gehören selbstverständlich auch die Flüchtlingskinder. In der Praxis zeigt sich immer wieder die Notwendigkeit einer verlässlichen und regelmäßigen Abstimmung der zuständigen kommunalen Dienststellen sowie der unteren und oberen Schulaufsicht unter Einbeziehung der Kommunalen Integrationszentren. Das MSW hat mit Schulaufsicht und kommunalen Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Städte zuletzt im Mai 2014 einen fachlichen Austausch zu den Themen „bedarfsgerechte Verteilung von Lehrerstellen für die notwendigen Seiteneinsteigerklassen, Verbesserung der Qualifikation und Fortbildung der Lehrkräfte, Abstimmungsprozesse zwischen Schulaufsicht und Kommunen“ geführt. Dort wurde die mittlerweile überall gute Kooperation zwischen Schulaufsicht und Kommunen herausgestellt. Die anstehenden Aufgaben werden in der Regel von allen Beteiligten gemeinsam beraten, für die jeweilige Stadt abgestimmte Verfahren herbeigeführt. Die 3000 Integrationsstellen, die landesweit zur Verfügung stehen, sind für durchgängige Sprachbildung und interkulturelle Schul- und Unterrichtsentwicklung, darin insbesondere für die Erst- und Anschlussförderung in Deutsch, vorgesehen. Für eine Lerngruppe von ca. 15- 18 Kindern / Jugendlichen steht in der Regel eine halbe Lehrerstelle zur Verfügung. Sobald Flüchtlingsfamilien in den Kommunen ankommen, werden schulpflichtige Kinder und Jugendliche über das Kommunale Integrationszentrum in Schulen vermittelt. Zur fachlichen Qualifikation wurde unter Leitung und Koordination der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW der AK „Seiteneinsteiger“ eingerichtet, an dem alle Kommunalen Integrationszentren in NRW teilnehmen. Derzeit wird im Arbeitskreis an verbundübergreifenden Standards zur Optimierung der Strukturen zur Beratung und Beschulung von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Zudem führt die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für den Verbund durch, wie die Fachtagung zum Thema „Unterricht für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche“ mit mehr als 250 Vertretern aus Schulen, Schulaufsicht, regionalen Bildungsnetzwerken, Kommunalen Integrationszentren und anderen Interessierten aus ganz NRW. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7454 4 Aktuell findet eine Fortbildungsreihe für Multiplikatoren an den Standorten Dortmund und Düsseldorf statt. Eine Fortsetzung für das Jahr 2015 ist in Planung. Ziel ist, Schritt für Schritt ein flächendeckendes Beratungs- und Fortbildungsangebot bei der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW aufzubauen. Damit sollen Schulen im Bereich der durchgängigen Sprachbildung sowie der interkulturellen Unterrichts- und Schulentwicklung unterstützt werden. Kommunen und Landkreise werden auf Anfrage durch die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW fachlich beraten und unterstützt.