LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7461 02.12.2014 Datum des Originals: 28.11.2014/Ausgegeben: 04.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2866 vom 31. Oktober 2014 der Abgeordneten Dr. Robert Orth und Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/7208 Behördlicher Umgang mit Ausreisebestrebungen gewaltbereiter Islamisten Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2866 mit Schreiben vom 28. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach jüngsten Stellungnahmen des bayerischen Landeskriminalamts haben die Sicherheitsbehörden des Landes Bayern jahrelang Ausreisebestrebungen gewaltbereiter Islamisten nicht grundsätzlich behindert bzw. zum Teil sogar durch ausländerrechtliche Maßnahmen befördert. Nur, wenn konkrete Vorbereitungen zur Begehung einer Straftat im Ausland bekannt gewesen seien, hätten die Behörden eine Ausreise unterbunden. Dies stellt eine gegenteilige Verfahrensweise zur aktuellen Strategie der Bundesregierung dar, gewaltbereite Islamisten grundsätzlich an der Ausreise in ihre Zielgebiete zu hindern und so die Begehung von terroristischen Straftaten im Ausland frühzeitig zu unterbinden. 1. Welche Strategie verfolgen die Sicherheitsbehörden des Landes NRW im Umgang mit Ausreisebestrebungen von gewaltbereiten Islamisten aus dem Bundesgebiet zur Teilnahme an Kriegen, Bürgerkriegen oder terroristischen Straftaten im Ausland ? Die Innenminister und -senatoren der Länder haben bereits auf ihrer 188. Sitzung am 05./06.06.2009 beschlossen, dass Ausreisen, denen nachweisbar eine jihadistische Motivation zugrunde liegt, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern sind. Diese Position haben die Innenminister und -senatoren im Rahmen ihrer auf der Sonderkonferenz am 17.10.2014 verabschiedeten gemeinsamen Erklärung noch einmal ausdrücklich bestätigt. Liegen im Einzelfall genügend Anhaltspunkte vor, die auf eine jihadistisch motivierte Ausreise einer Person oder einer Personengruppe schließen lassen, werden die vorliegenden Erkenntnisse an die zuständigen Pass- bzw. Ausländerbehörden sowie an die Bundespolizei LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7461 2 weitergeleitet. Ziel der Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen ist es, jeder jihadistisch motivierten Ausreise durch ausreiseverhindernde Maßnahmen zu begegnen. 2. Haben die Sicherheitsbehörden des Landes NRW diese Strategie seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien an die Zunahme der Ausreisebestrebungen zu terroristischen Zwecken angepasst und fortentwickelt? Infolge der Zunahme jihadistisch motivierter Ausreisebestrebungen stellt die Verhinderung entsprechender Reisen in die Krisengebiete einen Aufgabenschwerpunkt der Sicherheitsbehörden dar. Bereits vagen Hinweisen auf mögliche Ausreisen von Personen schließen sich gezielte Ermittlungen zur Verbesserung der Erkenntnislage an. Dabei besteht ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Über die im Ministerium für Inneres und Kommunales eingerichtete Sicherheitskonferenz ist zudem eine feste Kommunikationsstruktur zwischen Verfassungsschutz, Polizei und. Ausländerbehörden etabliert . 3. In wie vielen Fällen haben Sicherheitsbehörden des Landes NRW seit 2010 ge- waltbereite Islamisten an der Ausreise aus dem Bundesgebiet z.B. in Richtung Syrien , Irak, Afghanistan und Somalia gehindert? Seit 2010 wurden mehr als 55 passentziehende Maßnahmen eingeleitet. 4. In wie vielen Fällen haben die Sicherheitsbehörden des Landes NRW seit 2010 Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz zur Untersagung der Wiedereinreise von ausländischen Staatsangehörigen, die im Ausland terroristische Straftaten begangen haben, genutzt? Der weit überwiegende Teil der ausgereisten Personen besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit (70–75 %). Gegen vier Personen wurde eine Einreiseuntersagung verfügt. Weitere Fälle befinden sich derzeit in Prüfung. In neun Fällen ist zwischenzeitlich das Erlöschen des Aufenthaltstitels nach § 51 AufenthG erklärt worden. Eine Wiedereinreise ist in diesen Fällen nur nach Visumerteilung möglich. 5. In wie vielen Fällen wurden seit 2010 gegen Rückkehrer Ermittlungsverfahren wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Inland (§ 129 a StGB) oder im Ausland (§ 129 b StGB), Vorbereitung staatsgefährdender Gewalttaten (§ 89 a StGB), der Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) oder der Anwerbung für fremde Wehrdienste (§ 109 h StGB) eröffnet? Wegen der genannten Delikte wurden seit 2010 in Nordrhein-Westfalen 18 Ermittlungsverfahren gegen Rückkehrer eröffnet.