LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7486 04.12.2014 Datum des Originals: 04.12.2014/Ausgegeben: 09.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2840 vom 23. Oktober 2014 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/7120 Wie bewertet die Landesregierung die eigenen Maßnahmen zur Prävention von Schulverweigerung ? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 2840 mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bildung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe. Der Schulbesuch ist ein zentraler Baustein zur Sicherung der Chancengerechtigkeit. Damit junge Menschen nicht ihre eigene Zukunft verspielen, muss der Schulverweigerung frühzeitig und konsequent begegnet werden. Die Prävention von Schulverweigerung ist daher eine wichtige Aufgabe der Jugendsozialarbeit. Wie aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage 2551 hervorgeht, gibt es derzeit keine landesweite Strategie der Landesregierung, wie die im Schulgesetz verankerte Schulpflicht sichergestellt werden soll. Neben dem gesetzlich formulierten Auftrag im Schulgesetz kann die Landesregierung lediglich auf die nicht flächendeckend erfolgenden – im Rahmen des Kinder - und Jugendförderplan des Landes geförderten – 49 Maßnahmen im Jahr 2014 sowie auf das Pilotprojekt „Kein Kind zurücklassen“ verweisen. Für diese 49 Projekte, die mit insgesamt rund 2 Millionen Euro vom Land gefördert werden, liegen bei den Landesjugendämtern jedoch Sachberichte und Verwendungsnachweise vor. Für eine zukünftige Stärkung der Prävention von Schulverweigerung ist eine Analyse der Erfolge und Misserfolge der bisher finanzierten Projekte unerlässlich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7486 2 Die Landesregierung erfasst aber weder die Zahl der in den Schulen bekannten Schulverweigerer noch die Zahl der in den 49 geförderten Projekten betreuten Schulpflichtigen. Es stellt sich daher die Frage, wie die Landesregierung ohne zentrale Datenbasis Kenntnis über die Dimension des Problems der Schulverweigerung in Nordrhein-Westfalen gewinnen möchte und wie der Erfolg entsprechender Strategien und Maßnahmen ermittelt werden soll. 1. Zu welchem Ergebnis kam die Landesregierung bei der Analyse der bei den Lan- desjugendämtern vorliegenden Sachberichte und Verwendungsnachweise über die 49 im Rahmen des Kinder- und Jugendförderplans des Landes im Jahr 2014 geförderten Projekte? Für die im Haushaltsjahr 2014 geförderten Projekte liegen den Landesjugendämtern noch keine Sachberichte oder Verwendungs-nachweise vor. Die bisherige statistische Auswertung der landesgeförderten Angebote der Jugendsozialarbeit wurde in 2013/14 überarbeitet. Mit einer neuen, webbasierten Statistik werden ab 2015 die Daten aus 2014 erfasst. Die Auswertung der eingereichten Sachberichte und Erfahrungsberichte der Jahre 2009- 2012 kam zu dem Ergebnis, dass die Projekte erfolgreich sind und die in den Angeboten angestrebten Ziele erreicht wurden. Auf der Basis regelmäßig stattfindender Informationsund Austauschgespräche zwischen dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und den Landesjugendämtern, den Sachberichten der geförderten Träger, der statistischen Auswertung der landesgeförderten Angebote sowie der Erfahrungsberichte aus der Praxis der Jahre 2009-2012 lässt sich darüber hinaus festhalten: - Die Teilnahmezahlen in den geförderten Angeboten zur Vermeidung schulischen Schei- terns sind von 2009 bis 2012 um über 17% gestiegen; von 6.458 Jugendlichen in 2009 auf 7.577 in 2012. - Die bei den Landesjugendämtern eingehenden Förderanfragen zu Angeboten zur Vermeidung schulischen Scheiterns lassen vermuten, dass der Bedarf an entsprechenden Angeboten steigt. 2. Hat die Landesregierung kein genuines Interesse daran, Kenntnis über die exakte Zahl der Schulverweigerer in Nordrhein-Westfalen zu haben? Eine zentrale Erfassung der „Schulverweigerer“ findet nicht statt. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Frage 1 in der Antwort der Landesregierung vom 25. Februar 2014 (Drucksache 16/5148) auf die Kleine Anfrage 1897 und auf die Beantwortung der Frage 2 in der Antwort der Landesregierung vom 27. August 2014 (Drucksache 16/6643) auf die Kleine Anfrage 2551 verwiesen. 3. Welche dieser 49 Projekte richten sich an spezielle Zielgruppen wie erstmals schulmüde Kinder (Prävention im eigentlichen Sinn), dauerhaft schulmüde Kinder, Jungen, Mädchen, Kinder aus Haushalten mit SGB-II-Bezug oder Kinder mit Migrationshintergrund (bitte jeweils nach den genannten Kriterien aufschlüsseln)? Grundsätzlich richten sich alle Projekte an die gesamte Zielgruppe der vollzeitschulpflichtigen jungen Menschen (Sekundarstufe I), die den Unterricht nicht mehr oder nur noch sporadisch besuchen (etwa 2/3 der Angebote) oder dienen der Prävention (etwa 1/3). Drei der landesgeförderten Angebote richten sich hierbei speziell an Mädchen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7486 3 4. Wie ermittelt die Landesregierung den Erfolg bzw. Misserfolg ihrer Maßnahmen bzw. ihrer vermeintlichen Gesamtstrategie zur Prävention von Schulverweigerung ? Zunächst ist festzustellen, dass es keine bundeseinheitliche Definition für „Schulverweigerung “ gibt. „Schulverweigerung“ würde auch eine bewusste Entscheidung voraussetzen. Daher spricht das Ministerium für Schule und Weiterbildung von „schulvermeidendem Verhalten“. Der Weg zu einem schulvermeidenden Verhalten ist immer ein Prozess. Lehrerinnen und Lehrer sind täglich gefordert, Hinweise für „Schulmüdigkeit“ und einen Rückzug von Kindern und Jugendlichen zu erkennen und in ihrer pädagogischen Arbeit darauf einzugehen. Es finden also stetig viele kleine und größere Interventionen und Maßnahmen statt. „Schulvermeidendes Verhalten“ ist jedoch in der Regel ein sehr komplexes Phänomen, bei dem häufig verschiedene Ursachen zusammen spielen. Dazu können familiär bedingte bzw. durch das soziale Umfeld entstandene oder schulische Probleme, Leistungsdruck, Mobbing, (psychische) Erkrankungen gehören. Die amtlichen Schuldaten ermöglichen es nicht, die Prozesshaftigkeit und Komplexität dieses Phänomens abzubilden. Darüber hinaus werden auch im Rahmen der Jugendhilfe unterstützende Maßnahmen angeboten . Die aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes geförderten Angebote werden über die Sachberichte und Verwendungsnachweise durch die Landesjugendämter geprüft und als erfolgreich angesehen. Hierzu ist die Landesregierung mit den Landesjugendämtern, den Trägern der Jugendhilfe und der Praxis kontinuierlich im Dialog 5. Wie will die Landesregierung künftig ein flächendeckendes Angebot für schulmü- de Kinder in Nordrhein-Westfalen schaffen? Prävention bzw. Fürsorge für Schülerinnen und Schüler mit schulvermeidendem Verhalten ist eine Aufgabe, die allen Schulformen obliegt. Hierbei können die Schulen insbesondere durch die Schulpsychologischen Dienste, durch Fachkräfte für Schulsozialarbeit, die Jugendhilfe sowie weitere außerschulische Beratungseinrichtungen unterstützt werden. Nach SGB VIII und den Landesausführungsgesetzen liegt die Jugendsozialarbeit in der Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Insoweit handelt es sich bei der Projektförderung über den Kinder- und Jugendförderplan des Landes um eine ergänzende Unterstützung der Kommunen. Ferner wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 2551 (Drucksache 16/6643) hingewiesen.