LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7516 08.12.2014 Datum des Originals: 05.12.2014/Ausgegeben: 11.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2904 vom 11. November 2014 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/7286 „Krawattensterben“ vor Gericht bald auch in Nordrhein-Westfalen? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2904 mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) definiert den Rechtsanwalt als „unabhängiges Organ der Rechtspflege“. Der Zwang zur „gebührlichen Kleidung“ für Rechtsanwälte wird deshalb allgemein aus § 179 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) abgeleitet. Im April 2014 hat der schleswig-holsteinische Landtag die anwaltliche Pflicht zum Krawattentragen vor Gericht aufgehoben. Zum 1. August 2014 ist auch in BadenWürttemberg eine Verordnung des Justizministers in Kraft getreten, die weite Teile der süddeutschen Anwaltschaft vom Krawattenzwang befreit. 1. Woraus leitet sich die Krawattenpflicht vor Gericht für Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen her? Mit der Einführung des § 59b Abs. 2 Nr. 6 Buchstabe c) der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat der Bundesgesetzgeber die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer ermächtigt, das „Tragen der Berufstracht“ durch Satzung zu regeln. Der Bundesgesetzgeber hat damit entschieden, dass es sich bei der näheren Ausgestaltung dieser Berufspflicht um eine anwaltliche Selbstverwaltungsaufgabe handelt, die von dem demokratisch gewählten Selbstverwaltungsorgan Satzungsversammlung wahrgenommen werden soll. Die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer hat von dieser Kompetenz in § 20 der anwaltlichen Berufsordnung (BORA) Gebrauch gemacht und bestimmt, dass ein Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe trägt, soweit dies vor Gericht üblich ist. Eine Pflicht zum Tragen einer Krawatte sieht die BORA hingegen nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7516 2 Aufgrund dieser Kompetenzzuweisung sind in zahlreichen Bundesländern (untergesetzliche) landesrechtliche Regelungen geändert worden. In Nordrhein-Westfalen ist die in der AV des JM Anordnung über die Amtstracht bei den Gerichten (3152 - Z. 5) enthaltene Regelung über die Berufstracht, soweit sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte betraf, bereits mit Wirkung zum 8. August 2006 ersatzlos gestrichen worden. Eine Pflicht zum Tragen einer Krawatte vor Gericht ist mithin für die Anwaltschaft seither in Nordrhein-Westfalen weder in einem Gesetz noch in einer untergesetzlichen Regelung normiert. 2. Sind in Bezug auf diese Krawattenpflicht in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren praktische Probleme aufgetreten (beispielsweise im Hinblick auf den Gedanken des Gender-Mainstreaming)? Praktische Probleme sind vor diesem Hintergrund hier nicht bekannt geworden. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die bestehende Krawattenpflicht vor Gericht für Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Abschaffung der Krawattenpflicht in einigen rot-grün bzw. grün-rot regierten Bundesländern, insbesondere im Hinblick auf die Würde des Rechtsanwalts als einem Organ der Rechtspflege? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. 5. Plant die Landesregierung bis zum Ende der laufenden 16. Wahlperiode eine Abschaffung der Krawattenpflicht vor Gericht für Rechtsanwälte in NordrheinWestfalen ? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen.