LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7522 05.12.2014 Datum des Originals: 05.12.2014/Ausgegeben: 11.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2877 vom 5. November 2014 des Abgeordneten Theo Kruse CDU Drucksache 16/7246 Beruht die falsche Lageeinschätzung und mangelnde Vorbereitung durch Polizei und Innenministerium bei den Hooligan-Krawallen am 26.10.2014 in Köln auf Fehlinterpretation bzw. Nichtweiterleitung vorliegender Informationen durch Innenminister Jäger? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2877 mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bei den Krawallen von fast 5.000 Hooligans und Rechtsextremisten im Rahmen einer angemeldeten Demonstration am Hauptbahnhof in Köln am 26.10.2014 wurden mehr als 40 Polizisten verletzt. Gleichzeitig wurden auch unbeteiligte Personen (Passanten und Reisende) in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und massiv in ihrer persönlichen Sicherheit gefährdet: Es ist offensichtlich, dass Innenminister Jäger und die Polizeiführung in Nordrhein-Westfalen und Köln die Bedrohungslage bereits im Vorfeld vollkommen falsch eingeschätzt haben, weshalb zu wenig Polizeikräfte vor Ort waren und die Gewalteskalation nicht verhindert werden konnte. Das massiv ungünstige Kräfteverhältnis auf Seiten der Polizei bestätigen viele Polizeibeamte, die vor Ort im Einsatz waren. Vorbemerkung der Landesregierung Zum Einsatz der Polizei aus Anlass der Demonstration der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ am 26.10.2014 habe ich bereits in der Sitzung des Plenums des Landtags am 05.11.2014 ausführlich Stellung genommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7522 2 Darüber hinaus habe ich der Präsidentin des Landtages mit Schreiben vom 14.11.2014 den „Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zum Tagesordnungspunkt ‚Randale von Hooligans/Rechtsextremen in Köln eskaliert‘ der Sitzung des Innenausschusses am 20.11.2014“ (Landtagsvorlage 16/2417) übermittelt, der die Geschehensabläufe beim Einsatz der Polizei aus Anlass der Demonstration der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ detailliert darstellt. Der Einsatz wurde in der Sitzung des Innenausschusses am 20.11.2014 umfänglich erörtert. Die Kleine Anfrage bezieht sich in Teilen auf Themenstellungen, die bereits Gegenstand des genannten Berichtes sind. Vor diesem Hintergrund wird hinsichtlich der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage teilweise auf die bereits erfolgte Berichterstattung verwiesen. 1. Wie passt es zusammen, dass die Polizeiführung vor der Demonstration von 1.500 erwarteten Teilnehmern gesprochen hat, Innenminister Jäger jedoch von 4.000 erwarteten Teilnehmern? Meine Angaben basieren auf Informationen, die mir durch den Polizeiführer des Einsatzes der Polizei aus Anlass der Demonstration der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ am 26.10.2014 mitgeteilt wurden. Im Übrigen wird auf den „Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zum Tagesordnungspunkt ‚Randale von Hooligans/Rechtsextremen in Köln eskaliert‘ der Sitzung des Innenausschusses am 20.11.2014“ (Landtagsvorlage 16/2417) verwiesen. 2. Gab es Hinweise (mit welchem Inhalt) an das MIK NRW aus Bundesbehörden, z.B. BKA oder dem Bundesamt für Verfassungsschutz, über die Anzahl der erwarteten Teilnehmer? Zu den umfänglichen Maßnahmen des Polizeipräsidiums (PP) Köln zur Erkenntnisgewinnung im Vorfeld des Einsatzes der Polizei aus Anlass der Demonstration der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ wird auf die Darstellung im „Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zum Tagesordnungspunkt ‚Randale von Hooligans/Rechtsextremen in Köln eskaliert‘ der Sitzung des Innenausschusses am 20.11.2014“ (Landtagsvorlage 16/2417) verwiesen. Dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) ging am Freitag, dem 17.10.2014, ein Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vom 16.10.2014 zu, welches eine Erkenntnisanfrage des PP Köln vom 09.10.2014 beantwortete. Nach Ansicht des BfV sei angesichts der bisherigen Teilnehmerzahlen bei gleichgelagerten Veranstaltungen, die zum Teil auch über Facebook organisiert seien, tendenziell von weniger Teilnehmern auszugehen als die Zusagen in Facebook vermuten ließen . Dieses Schreiben wurde durch das MIK NRW am Montag, dem 20.10.2014, an das Landeskriminalamt NRW und das PP Köln weitergeleitet. Darüber hinaus gingen dem MIK NRW werktäglich die Protokolle der „Koordinierten Internetauswertung Rechtsextremismus“ (KIAR) des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) zu. Hierin wurden auch die Informationen aus dem Internet im Hinblick auf die Versammlung am 26.10.2014 aufgeführt. Es handelte sich vorrangig um die Einladungen und Zusagen auf dem Internet-Portal Facebook. Eine Bewertung der Auswertung erfolgt durch die KIAR nicht. Die Protokolle lagen dem PP Köln vor. Die dem Verfassungsschutz NRW vorliegenden Erkenntnisse wurden dem Polizeipräsidium Köln schriftlich und mündlich übermittelt. Die übermittelten Erkenntnisse ergaben weder be- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7522 3 zogen auf die erwartete Teilnehmerzahl noch im Hinblick auf deren Gewaltbereitschaft ein Gesamtbild, das den späteren tatsächlichen Verlauf der Veranstaltung in dieser Form erwarten ließ. Insbesondere wurden keine Erkenntnisse übermittelt, nach denen ein unfriedlicher Verlauf geplant sei. Mit Schreiben vom 24.10.2014 wurden dem PP Köln durch den Verfassungsschutz NRW bundesweite Anreiseabsichten im mittleren dreistelligen Bereich aus dem rechtsextremistischen Phänomenbereich mitgeteilt. Im Übrigen hat es eine in den Medien berichtete Warnung des Bundesamtes für Verfassungsschutz „vor dem Aufmarsch von knapp 5.000 Hooligans und Neonazis“ gegenüber dem PP Köln bzw. dem MIK NRW nicht gegeben. 3. Wenn ja, an wen wurden diese Informationen innerhalb und außerhalb des MIK NRW im Vorfeld der Demonstration weitergeleitet? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Wenn ja (bezogen auf Frage 2), was wurde mit diesen Informationen gemacht? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Waren unbeteiligte Personen durch die Absperrmaßnahmen der Polizei daran gehindert in das bzw. aus dem Bahnhofsgebäude zu gelangen (wie sah das Evakuierungskonzept der örtlichen Polizei aus)? Unbeteiligte Dritte konnten den Hauptbahnhof Köln jederzeit zumindest über den Bahnhofsvorplatz betreten und verlassen. Im Fall einer erforderlich werdenden Evakuierung des Hauptbahnhofs Köln richtet sich diese nach dem Evakuierungskonzept der Deutschen Bahn AG. Je nach Gefahrensituation kann die Entfluchtung des Hauptbahnhofs auch nur in eine Richtung durchgeführt werden. Bereits bei der Wahl der Versammlungsörtlichkeit für die Demonstration der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ hat das PP Köln berücksichtigt , dass der Breslauer Platz, anders als der Bahnhofsvorplatz, einschließlich der Flächen des dortigen Busbahnhofes sowie der gut ausgebauten Maximinenstraße ausreichend Raum für die zu erwartenden Teilnehmer sowie erforderlichenfalls aus dem Hauptbahnhof zu evakuierende Personen bietet. Bei der Positionierung der Gegenversammlung „Kein Veedel Für Rassismus“ auf dem Bahnhofsvorplatz wurde ebenfalls dem Umstand Rechnung getragen, dass die Versammlung erforderlichen Evakuierungsmaßnahmen auf diesem Platz nicht entgegensteht .