LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7551 10.12.2014 Datum des Originals: 09.12.2014/Ausgegeben: 15.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2896 vom 6. November 2014 der Abgeordneten Astrid Birkhahn CDU Drucksache 16/7272 Sieht die Landesregierung NRW weiteren Handlungsbedarf um jungen Frauen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu fördern? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 2896 mit Schreiben vom 9. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung und der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Potential von Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufe angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels ist eine wichtige Aufgabe, bei der die Politik Rahmenbedingungen setzen und konkrete Unterstützung anbieten kann. Vor allem dem Technologieland Nordrhein-Westfalen sollte daran gelegen sein, junge Frauen für naturwissenschaftlichtechnische Studiengänge und Berufswege zu begeistern, Hochschulabsolventinnen für Karrieren in technischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu gewinnen. Junge Frauen sollten deshalb an den Schnittstellen zwischen Schule und Studium sowie zwischen Hochschule und Beruf genügend Informationen und Unterstützung in Bezug auf die Fachbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) bekommen. Zum Erreichen dieser Ziele bedarf es Projekte und Initiativen, die von der Politik gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen umgesetzt und durch gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit sichtbar gemacht werden . Die Maßnahmen sollen den jungen Frauen Entscheidungshilfen für den Studieneinstieg geben, frühzeitige Kontakte mit Vorbildfrauen ermöglichen und mehr Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit für ein technisches Studium bewirken. Auch das mit dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Alter und Pflege des Landes Nordrhein-Westfalen begleitet in diesem Kontext ein Modellprojekt namens „ChanceMINT .NRW“. Das Programm soll Studentinnen der Ingenieurswissenschaften durch Ko- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7551 2 operation von Hochschule und Unternehmen bereits während des Studiums Einblicke in die technische Arbeitswelt geben. An dem Projekt nahmen insgesamt 27 junge Frauen teil. Im Jahr 2008 gab es deutschlandweit rund 250 000 Frauen im Ingenieurberuf. Diese Zahl ist kontinuierlich gestiegen, im Jahr 2012 waren es bereits 287 000. In NRW hingegen ist die Zahl der Frauen im Ingenieurberufen in dieser Zeit jedoch gesunken. Im Jahr 2008 waren es rund 44 000 und im Jahr 2012 nur noch 41 000. Dies sind die offiziellen Zahlen des Vereins Deutscher Ingenieure. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, das Interesse von Mädchen und jungen Frauen an Naturwissenschaften und Technik zu stärken und sie für eine Erwerbstätigkeit in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Berufen zu gewinnen. Dabei setzt sie sowohl auf die gezielte Förderung im Rahmen von Einzelprojekten entlang der Bildungskette als auch auf strukturelle Weichenstellungen, die mittel- und langfristig dazu beitragen können, Berufswahlentscheidungen unabhängig von geschlechtsbezogenen Rollenstereotypen zu treffen. Das in der Kleinen Anfrage genannte Projekt „ChanceMINT.NRW – Karriereentwicklung für Studentinnen in Hochschulen und Unternehmen“, das vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter gefördert wird, nimmt speziell die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge in den Blick. Zielgruppe sind junge Frauen, die sich bereits für ein ingenieurwissenschaftliches Studium entschieden haben. Durch eine enge Kooperation der Universität Duisburg-Essen mit Wirtschaftsunternehmen aus der Region werden den Teilnehmerinnen konkrete Praxiserfahrungen und Einblicke in unterschiedliche Berufsfelder bereits während des Studiums ermöglicht. Berufsbezogene Trainings tragen dazu bei, die Teilnehmerinnen des Projekts auf eine spätere Tätigkeit in einem überwiegend männlich besetzten Arbeitsumfeld vorzubereiten. 1. Welchen messbaren Erfolg lässt sich für das Pilotprojekt bis zum heutigen Zeit- punkt festhalten? 14 Teilnehmerinnen aus der 1. Kohorte beendeten das Projekt zwischenzeitlich erfolgreich. Mit Beginn des Wintersemesters 2014/2015 ist eine 2. Kohorte mit insgesamt 27 jungen Frauen unter anderem aus den Bereichen Informatik, Nanoengineering und Elektrotechnik an den Start gegangen. 20 regionale kleine und mittelständische Unternehmen aber auch Konzerne beteiligen sich. Weitere Projektinformationen sind auf https://www.unidue .de/zfh/chancemint/ zu finden. Die Ergebnisse einer projektbegleitenden Evaluation werden im Frühjahr 2016 vorliegen. 2. Wie erklärt sich die Landesregierung den Rückgang von Frauen im Ingenieurbe- ruf in NRW? In NRW ist die Zahl der beschäftigten Ingenieurinnen nach den Erhebungen des VDI zwischen 2005 und 2012 von rund 30.000 auf 41.000 um 37% gestiegen. 2008 erreichte die Zahl der in NRW beschäftigten Ingenieurinnen ein schwach ausgeprägtes Maximum, um sich darauf auf einem leicht schwächeren, im gesamten Beobachtungszeitraum jedoch eindeutig positiven Niveau weiterzuentwickeln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7551 3 3. Sieht die Landesregierung vor dem Hintergrund des steigenden Fachkräftemangels und dem stagnierenden Frauenanteil im Ingenieurberuf ihre Anstrengungen, Frauen für den Ingenieurberuf zu gewinnen, als ausreichend an? Ja, siehe hierzu auch die Vorbemerkung der Landesregierung. 4. Sind der Landesregierung noch weitere Initiativen bekannt, die Frauen in NRW auf dem Weg in den Ingenieurberuf begleiten und unterstützen? Die Landesregierung unterstützt im schulischen Bereich eine Vielzahl von Initiativen, Akademien , Wettbewerben und Projekten im MINT-Bereich. Dabei werden alle Schulstufen (Primarbereich, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II) erfasst. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung unterstützt die Initiative „Zukunft durch Innovation “ (zdi), die zusammen mit dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung ausgebaut wird. NRW verfügt mit der von rund 2800 Partnerinnen und Partnern aus Bildung, Politik und Wirtschaft getragenen Gemeinschaftsoffensive zdi über das größte MINT-Netzwerk in Deutschland , in dem die verschiedensten MINT-Projekte kooperieren, um gemeinsam eine insbesondere auch gendergerechte Bildungskette im MINT-Bereich aufzubauen. Der Schwerpunkt von zdi ist die Studien- und Berufsorientierung für die technischen Berufe und Studienfächer, bei der MIWF, die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit und weitere Partnerinnen und Partner - wie das Kompetenzzentrum Technik – Diversity – Chancengleichheit - besondere Akzente in der Arbeit für Mädchen und junge Frauen setzen. Allein 2013 wurden im Rahmen von zdi rund 48.000 Mädchen und junge Frauen erreicht. Zurzeit bilden 42 zdi-Zentren und 24 zdi-Schülerlabore ein nahezu flächendeckendes Angebot , um naturwissenschaftlich-technisches Interesse der Schülerinnen und Schüler zu fördern . Gemeinsam mit den zdi-Partnerinnen und -Partnern bietet die Initiative Maßnahmen entlang aller Schulstufen an. Die regionalen Kooperationspartnerinnen und -partner werden dabei von einem Landesbeauftragten betreut, der die Entwicklung und Verzahnung solcher Zentren auch mit den Schülerlaboren im Blick hat. Im Rahmen dieser Initiative werden auch so genannte zdi-Roberta Zentren aufgebaut. Das Roberta-Konzept wurde vom Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) entwickelt, um junge Menschen – vor allem Mädchen – für Technik zu begeistern . Dabei bekommen Schülerinnen und Schüler bereits ab zehn Jahren Einblicke in die Welt der mobilen Roboter. Die gendergerechte Vermittlung von Kompetenzen insbesondere in den Bereichen Technik und Informatik steht dabei im Vordergrund. Daher bietet das RobertaNetzwerk geeignetes Schulungsmaterial, zertifizierte Kursleitungen und Roboterkurse für Mädchen sowie für Jungen an. Auch die NRW-Hochschulen unternehmen besondere Anstrengungen, das Interesse junger Frauen für MINT-Studiengänge zu wecken und sie im Studium zu begleiten und zu unterstützen . Ein umfassender Überblick ist unter www.gleichstellung-hochschulen.nrw.de zu finden. Darüber hinaus wird der Beitritt NRWs zum Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen "Komm mach MINT" noch im Laufe dieses Jahres erfolgen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7551 4 5. Inwieweit sieht die Landesregierung den Bedarf für eine Initiierung und Unterstützung weiterer Projekte in diesem Bereich? NRW verfügt über eine besonders große Vielfalt entsprechender Projekte. Wesentlich sind die weitere Abstimmung und die weitere Unterstützung von Projekten für die Förderung des Frauenanteils in technischen Berufen und Studienfächern, in denen Frauen – anders als in verschiedenen naturwissenschaftlichen Studienfächern – bislang nur unterdurchschnittlich vertreten sind.