LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7568 11.12.2014 Datum des Originals: 10.12.2014/Ausgegeben: 16.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2910 vom 12. November 2014 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/7308 Bilanz des DFB-Pokalspiels Arminia Bielefeld gegen Hertha BSC Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2910 mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach dpa-Meldungen vom 29. Oktober 2014 ist es beim DFB-Pokalspiel Arminia Bielefeld gegen Hertha BSC am 28. Oktober 2014 in der Schüco- Arena in Bielefeld zu Ausschreitungen gekommen. So sei die Polizei von 250 Berliner Fans angegriffen worden. Während des Spiels sei im Gästebereich Pyrotechnik gezündet worden. Als die Polizei Tatverdächtige überprüfen wollte, seien die Beamten aus der Fangruppe heraus angegriffen worden. Die Polizisten hätten Reizgas und Schlagstöcke eingesetzt. Ein jugendlicher Fan sei festgenommen worden, gegen fünf weitere Fans sei Anzeige erstattet worden. Zwei Frauen hätten durch den Rauch der Pyrotechnik Atemprobleme erlitten und seien ins Krankenhaus gekommen. Angesichts der Bilanz von Gewalt und Verletzungen von Personen stellen sich jedoch Fragen zum Einsatzkonzept der Polizei bei diesem Spiel. Vorbemerkung der Landesregierung Der Fragesteller ersucht um detaillierte und umfangreiche Informationen anlässlich des Einsatzes aus Anlass der Fußballbegegnung Arminia Bielefeld gegen Hertha BSC Berlin am 28. Oktober 2014 in Bielefeld. Das Informationsbedürfnis des Fragenden übersteigt dabei erheblich den Umfang der zentral vorgehaltenen Daten, die im bewährten und ohnehin schon standardisiert engmaschigen Meldewesen „Fußball“ der Polizeibehörden erhoben werden. Vor dem Hintergrund vergleichbarer Kleiner Anfragen zum Einsatz weiterer Fußballspiele in unmittelbarer zeitlicher Folge sowie der hohen Anzahl von Einsätzen aus Anlass von Fußballspielen der Polizei NRW würde die gewünschte Informationserhebung bei den jeweils betroffenen Polizeibehörden im Rahmen des zur Beantwortung von Kleinen Anfragen zur LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7568 2 Verfügung stehenden Zeitrahmens sowie in Anbetracht des Aufwandes das Verwaltungshandeln erheblich beeinträchtigen. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage erfolgt daher auf Grundlage der Berichtslagen und Informationen, die der Landesregierung bzw. dem unmittelbar nachgeordneten Bereich vorliegen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Voraus - und Verlaufslagen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) sowie die Kräfteanforderungen der Kreispolizeibehörden beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW (LZPD NRW) und ggf. vorliegenden Meldungen über wichtige Ereignisse (WEMeldungen ). Aussagen zu Maßnahmen in der Zuständigkeit anderer Länder bzw. des Bundes werden grundsätzlich nicht getroffen, da sie nicht Gegenstand des parlamentarischen Fragerechts sind. 1. Lagebeurteilung - Inwieweit haben sich die Prognosen der Sicherheitsbehörden im Vorfeld zu anreisenden Gewalttätern/Problemfans und die Zahl der später tatsächlich anwesenden Gewalttäter/Problemfans gedeckt (bitte unter Angabe, ob Einordnung der Partei als Risiko-/Nichtrisikospiel, Aufschlüsselung nach erwarteten und tatsächlich im Stadtgebiet anwesenden Heimfans Kategorie B und C und Gästefans Kategorie B und C sowie Zahl und Anwesenheit solcher mit Stadionverbot )? Hinsichtlich des Abgleichs der Anzahl der prognostizierten und der tatsächlich anwesenden Veranstaltungsbesucher sowie darunter befindlicher Personen, die von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuft werden, wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 2571 (LT-Drucksache 16/6720) verwiesen. Die Gesamtzahl der aus Anlass der betreffenden Begegnung erwarteten und tatsächlich festgestellten, von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuften Personen lag je Bezugsverein im unteren dreistelligen Bereich. Von einer trennscharfen und vereinsgenauen öffentlichen Aufschlüsselung wird abgesehen, da Störerszenen solche Darstellungen als „Ranking“ verstehen und sich zu einem „Aufstieg“ durch nonkonformes Verhalten animiert sehen könnten. Die Anzahl der im Stadtgebiet anwesenden Personen, die mit einem Stadionverbot belegt sind, wird auf Landesebene nicht zentral vorgehalten und wird bei der polizeilichen Einsatzbewältigung aus Anlass von Fußball auch nicht standardisiert erhoben. In Bezug auf eine mögliche Einordnung der Spielbegegnung als Spiel mit erhöhtem Risiko wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 2846 (LT-Drucksache 16/7373) verwiesen. 2. Kräfteansatz - Mit welchen Kräften war die Polizei bei diesem Fußballspiel im Ein- satz (Zahl Beamte Landespolizei NRW, anderer Länder und Bundespolizei insgesamt sowie jeweils aufgeschlüsselt nach Zahl Hundertschaftbeamte unter Angabe eingesetzter Hundertschaften (Nr./ Standort), Zahl Polizeireiter, Zahl Hundeführer, Zahl sonstiger Beamter, Zahl ggfs. vorgehaltener oder eingesetzter besonderer Einsatzmittel/Einrichtungen wie Wasserwerfer, Gefangenensammelstelle, Anzahl ggfs. nachalarmierter Kräfte)? Die Polizei Bielefeld setzte zur Bewältigung des Einsatzes aus Anlass der genannten Begegnung 275 Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Kräfte anderer Länder waren nicht eingesetzt . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7568 3 Eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung der eingesetzten Polizeikräfte sowie von Führungs - und Einsatzmitteln erfolgt grundsätzlich nicht, da das Bekanntwerden Rückschlüsse auf polizeiliche Einsatztaktiken ermöglicht. Zur Anzahl der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten im Zuständigkeitsgebiet der Bundespolizei wird, wie in der Vorbemerkung ausgeführt, keine Stellung genommen. 3. Vorfeldmaßnahmen und -kontrollen - In welchem Umfang sind Maßnahmen im Vorfeld wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen, Betretungsverbote, Vorkontrollen etwa in Zügen oder an Bahnhöfen seitens der Polizei gegen polizeibekannte Personen erfolgt, um vorab eine Anreise solcher bzw. das Mitführen verbotener Gegenstände oder befürchtete Gewalttaten durch diese zu unterbinden? Die Polizei Bielefeld verfügte aus Anlass der in Rede stehenden Spielbegegnung keine präventiv polizeilichen Maßnahmen in Form von Meldeauflagen oder Bereichsbetretungsverboten . Der Polizei Berlin waren keine Anhänger der Gastmannschaft bekannt, bei denen die Voraussetzungen im zu betrachtenden Einzelfall vorgelegen hätten. Die weiteren Maßnahmen im Sinne der Frage liegen im Zuständigkeitsgebiet anderer Länder oder der Bundespolizei. Hierzu wird, wie in der Vorbemerkung ausgeführt, keine Aussage getroffen. 4. Fanbegleitung - In welchem Umfang fand eine Begleitung von Fangruppen in Zü- gen, bereitgestellten Bussen/Bahnen des ÖPNV oder zu Fuß zum Stadion/vom Stadion - durch Kräfte der Bundespolizei, Landespolizei oder Fanbegleiter des Vereins - ggfs. aus besonderem Anlass - statt? Eine abschließende Beschreibung der Maßnahmen zur Fanbegleitung ist nicht Gegenstand des standardisierten Meldewesens „Fußball“, entsprechende Angaben liegen zentral nicht vor. 5. Vorfälle - Inwieweit fanden problematische Situationen/Ausschreitungen außer- halb oder innerhalb des Stadions vor, während oder nach dem Spiel bzw. auf der Anreise/Abreise statt (bitte jeweils unter Angabe Örtlichkeit, Art des Vorfalls, Zahl der Störer, Zahl konkret eingesetzter Beamter, Reaktion der Polizei/getroffene polizeiliche Maßnahmen wie Identitätsfeststellungen, erkennungsdienstliche Maßnahmen , Einschließungen von Gruppen, Erteilung Platzverweise /Betretungsverbote, Ingewahrsamnahmen, Sicherstellung gefährlicher Gegenstände , Festnahmen und eingeleitete Strafverfahren sowie Angabe Zahl verletzter Beamter /Personen und Höhe Sachbeschädigungen)? Von den insgesamt etwa 1.900 angereisten Gästefans nutzten ca. 580 Personen den Fanzug der Deutschen Bahn AG zur Reise an den Spiel-ort. Mit der Einfahrt des Zuges in den Hauptbahnhof Bielefeld (gegen 17:55 Uhr) warfen unbekannte Tatverdächtige drei pyrotechnische Gegenstände (-2- Knallkörper und -1- Rauchkörper) aus dem fahrenden Zug. Im Anschluss begaben sich die bahnreisenden Gästefans fußläufig zum Stadion. In diesem Zusammenhang wurde ein Beleidigungsdelikt zum Nachteil eingesetzter Polizeikräfte durch einen auswärtigen Störer angezeigt, der vor Ort angehalten und einer Identitätsfeststellung unterzogen wurde. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7568 4 Mit Erreichen des Stadions versuchten Berliner Störer aus der Gruppe der bahnreisenden Gästefans heraus einen „Kassensturm“, welcher durch neue bauliche Maßnahmen am Stadion , den Ordnungsdienst sowie eines Einsatzes von Polizeikräften verhindert wurde. Hierbei wurde ein Mitarbeiter des Ordnungsdienstes leicht verletzt. Eine Strafanzeige wurde gefertigt . Im Eingangsbereich der Heimfans verkaufte eine Person unberechtigt Eintrittskarten. Sie wurde vorläufig festgenommen und angezeigt. Unmittelbar vor Spielbeginn (mit dem Einlaufen der Mannschaften) zündeten auswärtige Störer im Gästefanblock pyrotechnische Erzeugnisse (mehrere „Blinkies“, eine bengalische Fackel sowie weißes und blaues Rauchpulver). In diesem Zusammenhang wurden zwei Gästefans verletzt und durch den Rettungsdienst aufgrund akuter Atemwegsprobleme einem Krankenhaus zugeführt. Im weiteren Spielverlauf (ca. 70. Spielminute) zündeten mit weißen Gesichtsmasken und Kapuzenpullovern vermummte auswärtige Tatverdächtige im Gästefanblock erneut Pyrotechnik (-15- bengalische Fackeln). Beim Verlassen des Stadions sollten mehrere, zwischenzeitlich erkannte auswärtige Tatverdächtige des Abbrennens der Pyrotechnik im Gästefanbereich vorläufig festgenommen werden . Daraufhin solidarisierte sich eine ca. 200 bis 250 Personen umfassende Gruppe Berliner Ultras mit den Tatverdächtigen und ging gegen die Einsatzkräfte vor. Zur Lagebewältigung setzten Polizeikräfte kurzzeitig den Einsatzmehrzweckstock sowie Reizstoff ein und umschlossen die Störergruppe. An eingerichteten Durchlassstellen konnten unbeteiligte Personen die Umschließung verlassen. Polizeikräfte nahmen im weiteren Verlauf fünf Tatverdächtige wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz sowie zwei Tatverdächtige wegen der Widerstandshandlungen aus der Gruppe heraus vorläufig fest und zeigten sie an. Gegen 23:45 Uhr verließen die bahnreisenden Gästefans den Spielort mit dem Fanzug in Richtung Berlin, dessen Abfahrt bedingt durch die oben genannten Einsatzmaßnahmen um etwa 80 Minuten zurückgehaltenen wurde. Weitere Störungen wurden nicht bekannt. Die Anzahl der bei jedem einzelnen Vorfall eingesetzten Polizeikräfte ist nicht Gegenstand des standardisierten Meldewesens „Fußball“ und liegt daher zentral nicht vor.