LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7581 12.12.2014 Datum des Originals: 11.12.2014/Ausgegeben: 17.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2935 vom 21. November 2014 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/7389 Warum hat NRW keine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE)? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2935 mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als einziges Bundesland hat Nordrhein-Westfalen keine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit . Die BFE agieren in den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen und werden an verschiedensten Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt. Hierzu gehören unter anderem: - beweisgesicherte Festnahmen bei unfriedlichen demonstrativen Lagen und Sportveranstaltungen - Bereitstellung von Interventionsteams - Bekämpfung der Raub- und Rauschgiftkriminalität - Unterstützung anderer Dienststellen Bei den jüngsten Krawallen und Ausschreitungen in Köln, hätte die Lage mit diesen Spezialkräften sicherlich entspannt werden können. Die Anzahl der wenigen Festnahmen und den vielen verletzten Polizeikräften, lässt die Frage aufkommen, warum in NRW keine BFE existieren . Denn deren Hauptaufgabenfeld ist eben die Beweissicherung und die Festnahme von Straftätern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7581 2 1. Warum gibt es in NRW keine BFE? Die Bereitschaftspolizei des Landes NRW besteht neben drei Abteilungsführungen und drei Technischen Einsatzeinheiten aus 18 Einsatzhundertschaften. Die Polizei des Landes NRW verfügt somit über eine der stärksten Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes (ca. 2.415 Beamtinnen und Beamte). Vor dem Hintergrund zahlreicher Einsatzanlässe in NRW und wiederkehrender Unterstützungseinsätze in anderen Ländern, verfügen die Einsatzeinheiten über ein ausgesprochen hohes Maß an Einsatzerfahrung. Ihr Einsatzwert ist, auch im Vergleich mit den Einheiten anderer Länder und des Bundes, sehr hoch. Durch die Bereitschaftspolizei des Landes Nordrhein-Westfalen wird seit vielen Jahren ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt. Grundsätzlich sind alle Einheiten gleichermaßen in der Lage, sowohl durch bloße Präsenz und ggf. Kommunikation deeskalierend zu agieren, aber auch durch gezieltes und abgestimmtes operatives Vorgehen gegen Gewalttäter konsequent durchzugreifen. Zur Bewältigung von Einsätzen aus Anlass gewalttätiger Aktionen existiert in NRW seit vielen Jahren eine spezielle Einsatzkonzeption zur "Beweissicherung und Freiheitsentziehungen bei gewalttätigen Aktionen (VS-NfD)". Die darin beschriebenen taktischen Maßnahmen werden durch die Einheiten der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei intensiv und umfassend trainiert. Sie gehören zum täglichen Handwerkszeug aller Angehörigen der Einsatzeinheiten . Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) anderer Länder und des Bundes sollen unter Anwendung spezieller Beweissicherungs- und Zugriffstechniken insbesondere das Vorgehen gegen Gewalttäter unterstützen sowie beweiskräftige Festnahmen an den Brennpunkten unfriedlichen Geschehens durchführen. Sie nehmen daher lediglich ein Teilsegment der Aufgaben der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizeieinheiten wahr. Im Jahre 2000 hat sich eine bundesweite Projektgruppe mit der länder-übergreifenden Kooperation von Einheiten der Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes (insbesondere BFE) - einschließlich abgestimmter Verfahrensabläufe bei der beweissichernden Bearbeitung - befasst. Die Projektgruppe hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass "in Nordrhein -Westfalen aus Anlass gewalttätiger Aktionen die als Eingreifkräfte entsprechend vorbereiteten , ausgestatteten und im Zusammenwirken geschulte Hundertschaften der Bereitschaftspolizei eingesetzt werden". Der in Nordrhein-Westfalen praktizierte Einsatz von Bereitschaftspolizei-einheiten aus Anlass von gewalttätigen Aktionen wurde durch die Projektgruppe anerkannt und beide Organisationsformen gleichrangig nebeneinander betrachtet. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass nordrhein-westfälische Hundertschaften und BFE bundesweit gemeinsam erfolgreich eingesetzt werden. Darüber hinaus findet im Rahmen bundesweiter gemeinsamer Arbeitstagungen regelmäßig ein entsprechender Wissenstransfer bzw. Erfahrungsaustausch zwischen den Führern von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten und den Hundertschaftsführern der Bereitschaftspolizei NRW statt. Als Beleg der Leistungsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei weise ich zudem auf das Ergebnis eines diesjährigen bundesweiten Vergleichswettbewerbs hin. An dem „5. Tag der Bundesbereitschaftspolizei“ nahmen im Juni dieses Jahres in Niedersachsen ca. 1.600 Einsatzkräfte der Polizeien der Länder, des Bundes sowie ausländischer Polizeieinheiten teil. Bei dem Wettbewerb, der auch taktische Disziplinen aus dem Aufgabenspektrum einer BFE umfasste, errang eine nordrhein-westfälische Einheit den Gesamtsieg. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass sich die breite Ausrichtung der Einsatzphilosophie be- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7581 3 währt hat und dass die nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizeieinheiten das Aufgabenspektrum der BFE anderer Länder und des Bundes beherrschen. Eine Einführung von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten ist in Nordrhein-Westfalen weiterhin nicht beabsichtigt. 2. Plant die Landesregierung die Einführung von BFE? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wenn 2. ja: Unter welchen Rahmenbedingungen wird dies geschehen? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Wenn 2. nein: Warum nicht? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Welche Alternativen setzt die Landesregierung ein, um Polizeieinsätze gegen Hooligans bzw. andere gewalttätiger Straftäter effektiver zu machen? Der Einsatzverlauf der Polizei aus Anlass demonstrativer Aktionen am 26.10.2014 war durch exzessive, teils eruptive und nicht vorhersehbare Gewaltanwendung gegenüber Polizeibeamten geprägt und ist als Ausnahmefall zu betrachten. Ein Erfordernis, von bewährten Strukturen abzuweichen, ist nicht gegeben.