LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7647 19.12.2014 Datum des Originals: 18.12.2014/Ausgegeben: 29.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2924 vom 19. November 2014 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/7347 Bilanz der Fußball-Regionalligapartie Fortuna Düsseldorf II – Rot-Weiss Essen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2924 mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach der Regionalliga-Partie von Fortuna Düsseldorf II bei Rot-Weiss Essen am vergangenen Freitagabend ist es nach Presseberichten (http://www.express.de/fortunaduesseldorf /nach-partie-von-fortuna-ii-duesseldorfer-chaot-wuergt-polizistenbewusstlos ,3292,29054218.html) zu Ausschreitungen gekommen. Während der Rückreisephase hätten Düsseldorfer „Fans“ im Essener Hauptbahnhof Einsatzkräfte der Bundespolizei angegriffen. Einige Anhänger hätten dabei Pyrotechnik gezündet. Als die Bundespolizisten einen Düsseldorf-Fan überprüften, der bereits in der Anreisephase einen Beamten beleidigt hatte, hätten sich sofort weitere Anhänger gegen die Beamten solidarisiert. Die Beamten hätten Schlagstock und Pfefferspray sowie einen Diensthund gegen die aufgebrachte Menge einsetzen müssen. Während der körperlichen Auseinandersetzungen habe ein 22-jähriger Düsseldorfer einen Beamten hinterrücks angegriffen und bis zur Orientierungslosigkeit gewürgt. Einsatzkräfte konnten den Angreifer festnehmen, wurden aber den Angaben zufolge erneut von Fans angegriffen, um auch den festgenommenen 22-Jährigen zu befreien. Der verletzte 34-jährige Beamte sei mit Verdacht einer Kehlkopfquetschung in ein Krankenhaus eingeliefert worden, hätte dieses aber nach ambulanter Behandlung wieder verlassen können. Die Bundespolizei habe Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Landfriedensbruch, Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Gefangenenbefreiung und Widerstands eingeleitet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7647 2 Das vom Innenministerium zu verantwortende Konzept zur Reduzierung von Einsatzkräften darf sich nicht zulasten der Beamtinnen und Beamten auswirken. Angesichts der Bilanz von Gewalt und Verletzungen von Personen stellen sich Fragen zum konkreten Einsatzkonzept bei diesem Spiel. Vorbemerkung der Landesregierung Der Fragesteller ersucht um detaillierte und umfangreiche Informationen anlässlich des Einsatzes bei der Fußballbegegnung RW Essen gegen Fortuna Düsseldorf II am 14. November 2014 in Essen. Hinsichtlich der hierzu erforderlichen Datenerhebung wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 1. „Lagebeurteilung - Inwieweit haben sich die Prognosen der Sicherheitsbehörden im Vorfeld zu anreisenden Gewalttätern/Problemfans und die Zahl der später tatsächlich anwesenden Gewalttäter/Problemfans gedeckt (bitte unter Angabe ob der Einordnung der Partei als Risiko-/Nichtrisikospiel, Aufschlüsselung nach erwarteten und tatsächlich im Stadtgebiet anwesenden Heimfans Kategorie B und C und Gästefans Kategorie B und C sowie Zahl und Anwesenheit solcher mit Stadionverbot)?“ Die Gesamtzahl der aus Anlass der betreffenden Begegnung festgestellten, von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuften Personen lag je Bezugsverein im niedrigen dreistelligen Bereich. Hinsichtlich des Abgleichs der Anzahl der prognostizierten und der tatsächlich anwesenden Veranstaltungsbesucher sowie darunter befindlicher Personen, die von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuft werden, wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 2571 (LT-Drucksache 16/6720) verwiesen. In Bezug auf die Anzahl der im Stadtgebiet anwesenden Personen, die mit einem Stadionverbot belegt sind, wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LTDrucksache 16/7568) und in Bezug auf eine mögliche Einordnung der Spielbegegnung als Spiel mit erhöhtem Risiko wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 2846 (LT-Drucksache 16/7373) verwiesen. 2. „Kräfteansatz - Mit welchen Kräften war die Polizei bei diesem Fußballspiel im Einsatz (Zahl Beamte Landespolizei NRW, anderer Länder und Bundespolizei insgesamt sowie jeweils aufgeschlüsselt nach Zahl Hundertschaftbeamte unter Angabe eingesetzter Hundertschaften (Nr./ Standort), Zahl Polizeireiter, Zahl Hundeführer, Zahl sonstiger Beamter, Zahl ggfs. vorgehaltener oder eingesetzter besonderer Einsatzmittel/Einrichtungen wie Wasserwerfer, Gefangenensammelstelle, Anzahl ggfs. nachalarmierter Kräfte)?“ Die Polizei Essen setzte zur Bewältigung des Einsatzes aus Anlass der genannten Begegnung 177 Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Kräfte anderer Länder waren nicht eingesetzt. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der eingesetzten Polizeikräfte wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7647 3 3. „Vorfeldmaßnahmen und -kontrollen - In welchem Umfang sind Maßnahmen im Vorfeld wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen, Betretungsverbote, Vorkontrollen etwa in Zügen oder an Bahnhöfen seitens der Polizei gegen polizeibekannte Personen erfolgt, um vorab eine Anreise solcher bzw. das Mitführen verbotener Gegenstände oder befürchtete Gewalttaten durch diese zu unterbinden?“ Die Polizei Essen hat im Vorfeld der Begegnung bei vier Personen Gefährderansprachen durchgeführt. Angaben zu durchgeführten Abfahrtkontrollen aus Anlass von Spielen der Regionalliga West werden auf Landesebene nicht zentral vorgehalten. In Bezug auf Maßnahmen der Bundespolizei wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 4. „Fanbegleitung - In welchem Umfang fand eine Begleitung von Fangruppen in Zügen, bereitgestellten Bussen/Bahnen des ÖPNV oder zu Fuß zum Stadion/vom Stadion - durch Kräfte der Bundespolizei, Landespolizei oder Fanbegleiter der Vereine - ggfs. aus besonderem Anlass - statt?“ Siehe Antwort zu Frage Nummer 5. Im Übrigen wird auf die Beantwortung zur Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 5. „Vorfälle - Wie viele problematische Situationen/Ausschreitungen fanden insgesamt außerhalb oder innerhalb des Stadions vor, während oder nach dem Spiel bzw. auf der Anreise/Abreise statt (bitte jeweils unter Angabe Örtlichkeit, Art des Vorfalls, Zahl der Störer, Zahl konkret eingesetzter Beamter, Reaktion der Polizei/getroffene polizeiliche Maßnahmen wie Identitätsfeststellungen, erkennungsdienstliche Maßnahmen, Einschließungen von Gruppen, Erteilung Platzverweise/Betretungsverbote, Ingewahrsamnahmen, Sicherstellung gefährlicher Gegenstände, Festnahmen und eingeleitete Strafverfahren sowie Angabe Zahl verletzter Beamter /Personen und Höhe Sachbeschädigungen)?“ Insgesamt reisten etwa 130 Anhänger der Gastmannschaft in zwei Gruppen mit Regelzugverbindungen zum Hauptbahnhof Essen und wurden von dort mit bereitstehenden Shuttlebussen zum Stadion verbracht. Eine dieser Gruppen, die etwa 80 Personen umfasste, kam nach konspirativer Anreise mit einer S-Bahn von Ratingen-Ost aus am Hauptbahnhof Essen erst gegen 18:55 Uhr an. Sie erreichte das Stadion unter Polizeibegleitung in der Folge erst kurz nach Anpfiff. Im Bereich des Gästeeingangs rüttelten Angehörige der Gruppe am Zaun, entwendeten Eintrittskarten aus einem Kassenhäuschen und zündeten Pyrotechnik. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden die Gruppenangehörigen durch Polizeikräfte vor dem Eingang des Gästeblocks festgehalten. Aufgrund des von der Gruppe ausgehenden aggressiven Potentials sowie des Auffindens weiterer Pyrotechnik bei Angehörigen bzw. im Umfeld der Gruppe entschied der Polizeiführer, die der Gruppe angehörenden Personen mit Platzverweisen zu belegen und mittels Shuttlebussen zurück zum Bahnhof zu führen. Bei Zuführung zu den Shuttlebussen setzten Störer erneut Pyrotechnik ein und warfen diese in einem Fall gezielt auf eingesetzte Polizeikräfte. Im Zusammenhang mit den geschilderten Vorfällen leitete die Polizei Essen unmittelbar sechs Ermittlungsverfahren ein und nahm eine Person vorläufig fest. Zur darüber hinausgehenden Täterermittlung konnten weitere Störerhandlungen videografisch festgehalten werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7647 4 Die schließlich durchgeführte Rückführung der Düsseldorfer Störer mit einem Shuttlebus zum Hauptbahnhof Essen und von dort mit einer S-Bahn zum Haltepunkt Ratingen-Ost verlief in Begleitung polizeilicher Kräfte störungsfrei. In diesem Zusammenhang übernahmen Kräfte der Polizei Essen in Abstimmung mit dem zuständigen Einsatzleiter der Bundespolizei auch die Begleitmaßnahmen in der S-Bahn in eigener Zuständigkeit. Die etwa 50 Düsseldorfer Anhänger, die vor dem Spiel geschlossen als erste Gruppe nach Essen gereist waren, wurden nach dem Stadionbesuch mittels Shuttlebus ebenfalls zurück zum Hauptbahnhof Essen gebracht. Kräfte der Bundespolizei beabsichtigten dort bei einer Person die Identität festzustellen, die im Rahmen der Hinreise wegen eines strafrechtlich relevanten Verhaltens aufgefallen war. Anlässlich dieser Maßnahme solidarisierten sich die übrigen Gruppenangehörigen mit dem Betroffenen und griffen die eingesetzten Kräfte der Bundespolizei an. Im Rahmen dieser Tumulte würgte ein Düsseldorfer Gewalttäter einen eingesetzten Beamten der Bundespolizei derart, dass dieser kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Im Nachgang wurde die Düsseldorfer Störergruppierung in einem Regelzug von der Bundespolizei nach Düsseldorf begleitet. Hierzu waren der Bundespolizei temporär Kräfte der Polizei Essen unterstellt. Die Polizei Essen erhielt nach dem Einsatz Kenntnis vom Hergang des oben geschilderten Angriffs auf die eingesetzten Kräfte der Bundespolizei. Eine von der Polizei Essen eingesetzte Mordkommission ermittelt bezüglich der Tathandlung, die von der Staatsanwaltschaft auf Basis der bis dahin vorliegenden Erkenntnisse als versuchtes Tötungsdelikt bewertet wird, wegen versuchten Totschlags. Der Tatverdächtige wurde festgenommen. Zur Anzahl der bei den Vorfällen eingesetzten Polizeikräfte wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. Zu Maßnahmen, die ausschließlich die Bundespolizei betreffen, wird keine Stellung genommen, da sie nicht Gegenstand des parlamentarischen Fragerechts sind.