LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7650 19.12.2014 Datum des Originals: 19.12.2014/Ausgegeben: 29.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2957 vom 4. Dezember 2014 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/7491 Droht Köln am Samstag das reinste Chaos? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2957 mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ein ranghoher Polizeibeamter wird in der Ausgabe des Express vom 03.12.2014 wörtlich zitiert: „Das wird das reinste Chaos!“. Gemeint ist eine geplante, beantragte und offenbar auch genehmigte Großdemonstration von Linken und kurdischen Gruppen gegen die deutsche Asylpolitik und das PKK-Verbot. 5000 Demonstranten sind angemeldet und werden am 2. Adventssamstag quer durch die ohnehin schon sehr volle Innenstadt laufen. Geschäftsinhaber, IHK und Stadt sehen diesen Aufmarsch äußerst kritisch. Der Einzelhandelsverband hat bereits die Landesregierung angeschrieben mit der Bitte die Veranstaltung am Nikolaustag in der geplanten Form in der Innenstadt zu unterbinden. Dass der linke und kurdische Demonstrationszug unter anderem durch die eher türkischdominierte Weidengasse führen soll, ist nur ein Kuriosum, das sorgenvoll stimmt. Die Kritik der Betroffenen ist objektiv nachvollziehbar. Bilder der eskalierten Hooligan-Demonstration am 26. Oktober 2014 und dem damit einhergehenden Vorführen der Polizei und des Rechtsstaates zwingen sich auf. Die Landesregierung steht in der Verantwortung, Bürger, Kunden, Touristen, Händler und Polizisten in der größten Stadt des Landes zu schützen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7650 2 1. Warum wird ein derartiger Demonstrationszug in der Kölner Innenstadt nicht untersagt? 2. Warum wird die Demonstration nicht aus der Innenstadt heraus verlegt? Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG stellt ein unentbehrliches und grundlegendes Funktionselement unserer Demokratie dar. Einschränkungen des Versammlungsrechts, beispielsweise durch ein präventives Verbot, kommen nur dann in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der herausragenden Bedeutung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Verbot einer versammlungsrechtlichen Veranstaltung im Sinne einer ultima ratio erforderlich ist. Auch im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit des Versammlungsrechts, nämlich der Bestimmung über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung, bedürfen beschränkende behördliche Verfügungen einer Begründung, aus der sich die unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ergibt. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Polizeipräsidium Köln als zuständige Versammlungsbehörde nach Anmeldung der Versammlung alle rechtlichen Aspekte im Hinblick auf ein Verbot der Versammlung bzw. auf die Erteilung von Auflagen umfassend und fortlaufend geprüft. Gründe für ein Verbot der Versammlung lagen nicht vor. Im Hinblick auf die durch das Polizeipräsidium angeordnete Beschränkung der Versammlung auf eine stationäre Kundgebung auf dem Hohenzollernring hat das Verwaltungsgericht Köln in seinem Beschluss vom 05.12.2014 festgestellt, dass die Entscheidung sich daran orientieren muss,  dass die Versammlungsfreiheit nur dann zurücktritt, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung dieses Freiheitsrechts ergibt, dass dies zum Schutz anderer, mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist,  dass die Eingriffsbefugnis durch die Voraussetzungen einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung begrenzt ist und  dass zum Zeitpunkt ihres Erlasses erkennbare Umstände dafür vorliegen müssen, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Weder die erwartete Teilnahme von gewaltbereiten Personen aus der linksautonomen Szene noch mögliche Auswirkungen auf das vorweihnachtliche Einkaufsgeschehen in der Kölner Innenstadt oder die zu erwartende Anreise von Fußballfans zum Bundesligaspiel des 1. FC Köln waren aus Sicht des Verwaltungsgerichts Umstände, die - auch in ihrem Zusammenwirken - eine Beschränkung der Versammlung auf eine Standkundgebung auf dem Hohenzollernring hätten rechtfertigen können. Unter Bezugnahme auf die konkrete Aufzugsroute war das Gericht der Auffassung, dass der Polizei ausreichende Mittel zur Verfügung standen, um möglichen Rechtsverstößen zu begegnen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7650 3 3. Wie viele Polizeikräfte werden die Demonstration begleiten? (Bitte genau auflisten, woher die Polizeibeamten in welcher Stärke angefordert sind) Das Polizeipräsidium Köln setzte beim Einsatz der Polizei aus Anlass demonstrativer Aktionen in Köln am 06.12.2014 insgesamt 1.743 Polizeibeamtinnen und -beamte sowie 35 Regierungsbeschäftigte ein. Darunter befanden sich unter anderem  2 Abteilungsführungen der Bereitschaftspolizei sowie  10 Bereitschaftspolizeihundertschaften (BPH) sowie drei Einsatzzüge Im Einsatzabschnitt 2 „Schutz der Versammlung“ waren 646 Polizeibeamtinnen/-beamte (darunter 5 BPH) sowie 5 Regierungsbeschäftigte eingesetzt. Im Einsatzabschnitt 3 „Raumschutz“ waren darüber hinaus 709 Polizeibeamtinnen/-beamte (darunter 5 BPH und 2 Einsatzzüge) sowie 5 Regierungsbeschäftigte insbesondere im unmittelbaren Bereich des Aufzuges im Einsatz. 4. Wird die Reiterstaffel eingesetzt? Vor dem Hintergrund der räumlichen Gegebenheiten der Aufzugsstrecke wurde aus einsatztaktischen Gründen auf den Einsatz von Kräften der Landesreiterstaffeln verzichtet. Eine Begleitung des Aufzuges mit Dienstpferden schied aufgrund der zum Teil sehr engen Straßen, Wege und Plätze in den betroffenen Bereichen der Kölner Innenstadt aus. 5. Wie lauten die wörtlichen Einsatzbefehle der Polizei zu dieser Demonstration? Die Einsatzbefehle Nr. 1 und 2. für den Einsatz der Polizei aus Anlass demonstrativer Aktionen in Köln am 06.12.2014 sind als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und unterliegen daher der Geheimhaltung. Ein Bekanntwerden der Einsatzbefehle, die in erster Linie einsatztaktische Informationen zur Planung und Durchführung des Einsatzes und damit auch zur strategischen Ausrichtung entsprechender polizeilicher Maßnahmen enthalten, könnte sich auf die Bewältigung zukünftiger vergleichbarer Einsätze aus Anlass versammlungsrechtlicher Veranstaltungen auswirken. Potenzielle Störer könnten in Kenntnis dieser Unterlagen die strategische Planung mit dem Ziel analysieren, das Einsatzkonzept der Polizei bei zukünftigen Einsätzen zu unterlaufen. Eine Offenlegung der in Rede stehenden Dokumente wäre daher geeignet, die öffentliche Sicherheit zu gefährden.