LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7653 19.12.2014 Datum des Originals: 19.12.2014/Ausgegeben: 29.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2929 vom 18. November 2014 des Abgeordneten Dr. Günther Bergmann CDU Drucksache 16/7653 Endlich Fahrplan für Technischen Hochwasserschutz am unteren Niederrhein vorlegen Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2929 mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Bundesangelegenheiten , Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Situation des Technischen Hochwasserschutzes in NRW wurde vor kurzem auf einer deutsch-niederländischen Hochwasserschutzkonferenz in Rees eingehend analysiert. Fazit der Zusammenkunft war das Feststellen eines eklatanten Defizits auf Seiten NRW, wo nicht nur viele Kilometer unsanierter Deiche auf Instandsetzung warten, sondern von dem für die Niederlande Gefahren ausgehen, die aus der Untätigkeit der Landesregierung resultieren. Die viel zu langsame Deichsanierung in NRW ist jetzt also auch zu einem grenzüberschreitenden Nachbarschaftsproblem geworden. Es ist lange bekannt, dass z.B. der Zustand großer Teile der Rheindeiche im Kreis Kleve (dort sind die Deichverbände Bislich-Landesgrenze, Kleve-Landesgrenze sowie XantenKleve als KÖR für die Rheinkilometer 819 bis 865 [Grenze NL] zuständig) Investitionen in den Technischen Hochwasserschutz dringend erforderlich macht. Bereits Mitte der 90er Jahre attestierte die damals verantwortliche Ministerin Höhn, dass bis 2015 alle Bereiche zu sanieren seien. Nur so sei die Gefahr, die etwa von alten, homogenen Lehmdeichen als den schwächsten Gliedern in der Kette ausgeht, zu bannen. Simulation zeigen anschaulich, welche Schadenspotentiale bestehen: So wären z.B. Kommunen des Kreises Kleve zwischen 40 und 80% überflutet, in Rees wäre danach mit bis zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7653 2 sechs Meter hoher Überflutung zu rechnen und das Eindringen von großen Wassermaßen landseits in die NL sowie Zerstörungen der BAB 3 und Betuwe-Bahnlinie wären zu befürchten , wo doch dort in nächster Zeit dreistellige Millioneninvestitionen anstehen. Vorbemerkung der Landesregierung 2006 wurde durch die damalige Landesregierung ein "Hochwasserschutzkonzept bis 2015" (Landtagsvorlage 14/441) beschlossen, dass die nach dem Hochwasser 1995 von der seinerzeitigen rot-grünen Landesregierung entwickelte Hochwasserschutzkonzeption weitergeführt hat. Hierin waren Maßnahmen und die dafür notwendigen Finanzmittel benannt. Das Konzept ging von einem notwendigen Finanzvolumen für das Land in Höhe von 980 Millionen Euro aus. Für die Umsetzung wären in der Summe 98 Millionen Euro pro Jahr erforderlich gewesen. Dieser jährliche Umfang an Haushaltsmitteln für den Hochwasserschutz wurde in den Jahren 2006 bis 2010 nicht erreicht. Auch in den Folgejahren wurden die Haushaltsmittel nicht in dem erforderlichen Umfang bereitgestellt. So entstand allein in den ersten fünf Jahren ein Umsetzungsdefizit gegenüber der Absicht des Hochwasserschutzkonzeptes in Höhe von ca. 250 Millionen Euro. Verschärft wurde die Situation durch die Abschaffung der Staatlichen Umweltämter und verbunden damit der Institution des Oberdeichinspektors und den Stellenabbau in der staatlichen Umweltverwaltung. Da abzusehen war, dass eine Umsetzung des bestehenden Hochwasserschutzkonzeptes bis 2015 durch die entstandenen Defizite unrealistisch ist, wurde dieses 2012 einer Bestandsanalyse unterzogen („Bericht zur Umsetzung des Hochwasserschutzkonzeptes “/Landtagsvorlage 16/20). Auf die Umsetzungsdefizite wurde reagiert und am 31. Oktober 2014 gemeinsam mit der Bezirksregierung Düsseldorf, den Deichverbänden und Kommunen ein Sanierungsplan für die Deiche und Hochwasserschutzanlagen am Rhein verabredet. Bis Ende 2025 sollen alle Hochwasserschutzanlagen am Rhein von Düsseldorf bis Emmerich an die heutigen technischen Regeln angepasst werden, bei denen das nach derzeitigem Kenntnisstand notwendig ist (Landtagsvorlage 16/2404). 1. Warum hat die Landesregierung die von Frau Höhn versprochene Frist der kom- pletten Deichsanierung bis 2015 nicht eingehalten? Siehe Vorbemerkungen. 2. Dienen bei den Deichsanierungen in NRW wie bei den vorbildlichen Instandset- zungsbemühungen der Niederländer auch 18.000 cbm/sec bei hoher Fließgeschwindigkeit als Planungsgrundlage? Nein, auch in den Niederlanden werden die Deiche derzeit nicht auf der Basis eines Abflusses von 18.000 m³/s bemessen. Dieser Wert basiert auf einer niederländischen Zukunftsprognose für mögliche Auswirkungen des Klimawandels im Jahr 2100. In NRW werden die Hochwasserschutzanlagen für Hochwasserabflüsse mit einer bestimmten statistischen Eintrittswahrscheinlichkeit bemessen. Im Allgemeinen wird ein 100- jährlicher Hochwasserschutz für bebaute Bereiche für ausreichend angesehen. Wegen des großen Schadenspotenzials ist das am Rhein in Nordrhein-Westfalen anders geregelt. Im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7653 3 September 2003 hat das damalige Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz das Bemessungshochwasser für den Rhein in NRW neu festgesetzt. Danach dient im Regierungsbezirk Düsseldorf von Krefeld bis zur Landesgrenze ein 500- jährliches Bemessungshochwasser als Planungsgrundlage. Hinzu kommt ein zusätzliches Freibord von 1 m. Trotz unterschiedlicher Bemessungsansätze in den NL und in NRW ergeben sich im Grenzbereich nahezu gleiche Höhenordinaten für die Deichkronen. 3. Welche Maßnahmen in den Bereichen der genannten Deichverbände am unteren Niederrhein werden in den nächsten Monaten beschieden? Folgende Maßnahmen der genannten Deichverbände sollen in den nächsten Monaten planfestgestellt werden: DV Bislich-Landesgrenze:  Rees 4. PA (Planfeststellung am 17.11.2014). DV Kleve-Landesgrenze:  Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen. DV Xanten-Kleve:  Mauer Grieth - Hof Knollenkamp (geplante Planfeststellung bis März 2015);  Rheinbrücke Emmerich bis Altrheinschöpfwerk bei Griethausen (geplante Planfeststellung bis September 2015). 4. Welche finanziellen Mittel stellt die Landesregierung für diese Deichsanierungen bereit? Für die planfestgestellte Maßnahme des DV Bislich-Landesgrenze (Rees 4. PA) wurde am 27.11.2014 der Zuwendungsbescheid durch die Bezirksregierung Düsseldorf erteilt. Bei zuwendungsfähigen Gesamtkosten in Höhe von 24 Mio. € beträgt die Förderung mit Bundes- /Landesmitteln 19,2 Mio. €. Für die beiden o.g. Maßnahmen des DV Xanten-Kleve liegen die Förderanträge bei der Bezirksregierung Düsseldorf vor. Über eine Förderung dieser Maßnahmen mit Bundes- /Landesmitteln wird erst nach Vorlage der Planfeststellungsbeschlüsse und nach der Verabschiedung des Haushalts 2015 sowie einer möglichen Zuweisung von Bundesmitteln entschieden werden. 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um das verloren gegangene Ver- trauen auf Seiten der Niederländer wieder herzustellen? Die bilaterale Abstimmung von Fragestellungen des Hochwasserschutzes am Rhein zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen wird durch die "Gemeinsame Erklärung für die Zusammenarbeit im nachhaltigen Hochwasserschutz" von 1997 (Provinz Gelderland, Ministerium für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten der Niederlande und Land Nordrhein-Westfalen) geregelt. Diese wurde zuletzt im Juni 2013 für weitere vier Jahre bis 2017 verlängert. Mit der Erklärung wurden auch eine „deutsch-niederländischen Arbeitsgruppe Hochwasser“ installiert, die die gemeinsam vereinbarten Arbeitsprogramme kontinuierlich abgearbeitet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7653 4 Damit besteht seit siebzehn Jahren eine vertrauensvolle, erfolgreiche und gute Zusammenarbeit .