LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7654 19.12.2014 Datum des Originals: 19.12.2014/Ausgegeben: 29.12.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2947 vom 27. November 2014 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/7451 „Umstrittene Helfer“ – Was tut die Landesregierung Nordrhein-Westfalen gegen verfassungsfeindliche Aktivitäten unter dem Deckmantel der humanitären Flüchtlingshilfe ? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2947 mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Medienberichten sind mindestens zwei als Organisationen der Flüchtlingshilfe auftretende Vereine in Nordrhein-Westfalen ansässig, die im Verdacht stehen, das friedliche Zusammenleben der Religionen zu gefährden und islamistische, verfassungsfeindliche oder terroristische Aktivitäten zu unterstützen. Bei dem in Neuss ansässigen Verein „Helfen in Not e.V.“ liegen dem Ministerium für Inneres und Kommunales Medienberichten zufolge „Anhaltspunkte vor, dass es sich bei dem Verein um eine extremistische, salafistische Bestrebung handelt“, so „Kölnische Rundschau online“ vom 18.09.2013. In einem Beitrag der ARD-Sendung „Kontraste“ wird darauf hingewiesen, dass die Vereine „Ansaar International e.V.“ und „Helfen in Not e.V.“ vom nordrheinwestfälischen Verfassungsschutz verdächtigt werden, „zur Radikalisierung junger Muslime auch in Deutschland beizutragen und womöglich sogar neue Kämpfer für Syrien zu rekrutieren “ (Kontraste/Das Erste online 28.08.2014 „Umstrittene Helfer: Spielen deutsche Salafisten den IS-Terroristen in Syrien in die Hände?“). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7654 2 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über extremistische bzw. verfassungsfeindliche Bestrebungen des in Nordrhein-Westfalen ansässigen Vereins „Ansaar International e.V.“? Der im Jahr 2012 in Düsseldorf gegründete Verein bezeichnet sich als Hilfsbund zur Unterstützung notleidender Glaubensgeschwister im In- und Ausland. Er führt auch die Bezeichnung 'Ansaar Düsseldorf e.V.'. Der Verein ist mit der deutschen Salafisten-Szene verwoben. Bei Veranstaltungen traten in der Vergangenheit – auch aus den Medien bekannte – salafistische Akteure auf. Vordergründig unterstützt 'Ansaar Düsseldorf' Hilfsprojekte für bedürftige Muslime weltweit. Innerhalb Deutschlands verfügt die Organisation über mehrere sogenannte „Ansaar International Teams‟, die im Namen des Vereins Spenden sammeln, Werbeaktionen durchführen und auch im Internet mit eigenen Facebook-Auftritten für sich werben. Mitglieder von 'Ansaar Düsseldorf e.V.' treten zudem regelmäßig an Informationsständen zum Islam und bei Aktionen zur Verteilung des Koran in Erscheinung. Der derzeitige Schwerpunkt der Vereinsarbeit liegt auf der Hilfe für Syrien. Der Verein macht auch durch die Organisation und Durchführung von Hilfskonvois nach Syrien auf sich aufmerksam . Spendengelder werden unter anderem durch zahlreiche Benefizveranstaltungen im gesamten Bundesgebiet und im benachbarten Ausland eingenommen. Aufgrund der starken Bezüge in die salafistische Szene wird der Verein als extremistisch eingestuft. Er ist entsprechend im Jahresbericht 2013 des Verfassungsschutzes NRW aufgeführt . 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über extremistische bzw. verfas- sungsfeindliche Bestrebungen des in Nordrhein-Westfalen ansässigen Vereins „Helfen in Not e.V.“? Der im Jahr 2013 gegründete Verein „Helfen in Not“ (HiN) mit Sitz in Neuss bezeichnet sich als Hilfsverein zur Unterstützung notleidender Muslime. Im Vordergrund seiner Aktivitäten steht die Hilfe für die vom Bürgerkrieg betroffenen Menschen in Syrien. Seit der Gründung macht HiN durch zahlreiche Benefizveranstaltungen auf sich aufmerksam, bei denen für notleidende Muslime in Syrien, aber auch in anderen Gebieten gesammelt wird. Dabei treten regelmäßig fest in der salafistischen Szene verwurzelte Akteure auf; auch solche, die dem gewaltaffinen Spektrum des Salafismus zuzuordnen sind. HiN führt Hilfskonvois mit medizinischen Gütern und Kleidung nach Syrien durch. In diesem Zusammenhang treten ebenfalls Personen des salafistischen Spektrums in Erscheinung, die die Konvois begleiten oder organisatorisch in die Abwicklung der Transporte eingebunden sind. Aufgrund der klaren Bezüge in die salafistische Szene wird der Verein als extremistisch eingestuft . Er ist entsprechend im Jahresbericht 2013 des Verfassungsschutzes NRW aufgeführt . 3. Liegen über weitere vermeintliche Hilfsorganisationen ähnliche Erkenntnisse vor? Der Verfassungsschutz NRW verfügt über ähnliche Erkenntnisse zu dem im Sommer 2013 gegründeten Verein „Medizin ohne Grenzen e.V.“ mit Sitz in St. Augustin. Der Verein sammelt Hilfsgüter und Krankenwagen für vordergründig humanitäre Zwecke in Syrien. Durch seine Aktivitäten hat er Bezüge auch in andere Bundesländer. Akteure, die für den Verein tätig sind und für ihn werben, können der salafistischen Szene in Bonn zuge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7654 3 rechnet werden. Aus diesem Grund werden der Verein und seine Aktivitäten durch den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen beobachtet. 4. Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, gegen derartige Vereinigungen vor- zugehen? Das Grundgesetz (GG) garantiert in Artikel 9 Absatz 1 für alle Deutschen die Vereinigungsfreiheit als Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz – VereinsG) konkretisiert die verfassungsmäßigen Grenzen der Vereinigungsfreiheit. Vereine, deren Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten, können verboten werden. Verbotsbehörde ist bei Vereinen, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes erstreckt, der Bundesminister des Innern. 5. Was hat die Landesregierung unternommen bzw. wird sie unternehmen, derarti- gen Vereinigungen entgegenzutreten? Die Landesregierung beobachtet diese Vereinigungen und deren Aktivitäten intensiv und prüft fortwährend, ob aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse vereinsrechtliche sowie strafrechtliche und ordnungsbehördliche Maßnahmen zielführend umgesetzt werden können. Da diese Vereinigungen international tätig sind, werden entsprechende Erkenntnisse sowohl landesintern wie auch bundesweit im Rahmen des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums bewertet und gesteuert.