LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7677 05.01.2015 Datum des Originals: 05.01.2015/Ausgegeben: 08.01.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2954 vom 1. Dezember 2014 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/7483 Bilanz des Bundesligaspiels Bayer Leverkusen – 1. FC Köln Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2954 mit Schreiben vom 5. Januar 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Rande des Bundesliga-Fußballspiels Bayer Leverkusen gegen den 1. FC Köln am vergangenen Wochenende ist es nach Presseberichten zu Ausschreitungen gekommen (http://www.rp-online.de/sport/fussball/bayer-04/bayer-leverkusen-gegen-1fc-koeln-polizeiverhindert -massenschlaegerei-aid-1.4703907). Die Polizei hatte den Angaben zufolge hunderte Kölner Gästefans vom Leverkusener Hauptbahnhof zum Stadion der Stadt eskortiert. Dort habe die Polizei eingreifen müssen, als FC Köln-Fans versuchten, in das Stadion zu gelangen. Einigen FC-Anhänger sei es auch tatsächlich gelungen, über den Zaun in den Gästeblock zu klettern. Die Beamten hätten auch Schlagstöcke einsetzen müssen. Die Polizei sei mit mehreren Hundertschaften im Einsatz gewesen. Hubschrauber hätten die Lage aus der Luft beobachtet. Bereits seit Mitternacht sei das Stadion vom BayerSicherheitsdienst bewacht worden. Nach dem Spiel hätten einige Fans Rauchfackeln abgebrannt. Die Polizei habe mehrere Fans aus dem Gästeblock festgenommen. Im Kölner Hauptbahnhof habe die Bundespolizei eine Schlägerei zwischen Leverkusener Fans und einer Gruppe, die sich auf einem Junggesellenabschied befand, beendet. Ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sei eingeleitet worden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7677 2 Bereits am Vorabend des Derbys hätten Polizeibeamte rund 100 Kölner FC-Hooligans in einer Kneipe in Köln festgesetzt, während zeitgleich rund 100 weitere Gewalttäter aus Leverkusen an der Fahrt zu der verabredeten Auseinandersetzung mit den FC-Hooligans gehindert werden mussten. Die einzelnen Vorfälle und die Bilanz der Gewalt von Hooligans im Umfeld dieses Fußballspiels werfen auch Fragen zum Einsatzkonzept der Polizei auf. Vorbemerkung der Landesregierung Der Fragesteller ersucht um detaillierte und umfangreiche Informationen anlässlich des Einsatzes bei der Fußballbegegnung Bayer Leverkusen gegen den 1. FC Köln am 29. November 2014 in Leverkusen. Hinsichtlich der hierzu erforderlichen Datenerhebung wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 1. Lagebeurteilung - Inwieweit haben sich die Prognosen der Sicherheitsbehörden im Vorfeld zu anreisenden Gewalttätern/Problemfans und die Zahl der später tatsächlich anwesenden Gewalttäter/Problemfans gedeckt (bitte unter Angabe ob der Einordnung der Partei als Risiko-/Nichtrisikospiel, Aufschlüsselung nach erwarteten und tatsächlich im Stadtgebiet anwesenden Heimfans Kategorie B und C und Gästefans Kategorie B und C sowie Zahl und Anwesenheit solcher mit Stadionverbot)? Die Gesamtzahl der aus Anlass der betreffenden Begegnung erwarteten und festgestellten, von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuften Personen je Bezugsverein lag im mittleren dreistelligen Bereich. Hinsichtlich des Abgleichs der Anzahl der prognostizierten und der tatsächlich anwesenden Veranstaltungsbesucher sowie darunter befindlicher Personen, die von der Polizei in die Kategorien B und C eingestuft werden, wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 2571 (LT-Drucksache 16/6720) verwiesen. In Bezug auf die Anzahl der im Stadtgebiet anwesenden Personen, die mit einem Stadionverbot belegt sind, wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) und bezüglich einer möglichen Einordnung der Spielbegegnung als Spiel mit erhöhtem Risiko wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 2846 (LT-Drucksache 16/7373) verwiesen . 2. Kräfteansatz - Mit welchen Kräften war die Polizei bei diesem Fußballspiel im Einsatz (Zahl Beamte Landespolizei NRW, anderer Länder und Bundespolizei insgesamt sowie jeweils aufgeschlüsselt nach Zahl Hundertschaftbeamte unter Angabe eingesetzter Hundertschaften (Nr./ Standort), Zahl Polizeireiter, Zahl Hundeführer, Zahl sonstiger Beamter, Zahl ggfs. vorgehaltener oder eingesetzter besonderer Einsatzmittel/Einrichtungen wie Wasserwerfer, Gefangenensammelstelle , Anzahl ggfs. nachalarmierter Kräfte)? Die Polizei Köln setzte zur Bewältigung des Einsatzes aus Anlass der genannten Begegnung 885 Polizeibeamtinnen und -beamte ein. Kräfte anderer Länder waren nicht eingesetzt. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der eingesetzten Polizeikräfte wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7677 3 3. Vorfeldmaßnahmen und -kontrollen - In welchem Umfang sind Maßnahmen im Vorfeld wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen, Betretungsverbote, Vorkontrollen etwa in Zügen oder an Bahnhöfen seitens der Polizei gegen polizeibekannte Personen erfolgt, um vorab eine Anreise solcher bzw. das Mitführen verbotener Gegenstände oder befürchtete Gewalttaten durch diese zu unterbinden? Die Polizei Köln verfügte im Vorfeld der Begegnung gegen 21 Personen aus der Anhängerschaft des Heimvereins bzw. der befreundeten Szene aus Offenbach sowie gegen 24 Personen des Gastvereins Bereichsbetretungsverbote. Zudem wurden gegen drei Leverkusener und vier Kölner Störer Meldeauflagen verhängt. In Bezug auf Maßnahmen der Bundespolizei wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 4. Fanbegleitung - In welchem Umfang fand eine Begleitung von Fangruppen in Zügen, bereitgestellten Bussen/Bahnen des ÖPNV oder zu Fuß zum Stadion/vom Stadion - durch Kräfte der Bundespolizei, Landespolizei oder Fanbegleiter der Vereine - ggfs. aus besonderem Anlass - statt? Hinsichtlich der Begleitmaßnahmen von Fangruppen wird auf die Beantwortung zur Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen. 5. Vorfälle - Wie viele problematische Situationen/Ausschreitungen fanden insge- samt innerhalb und insbesondere im weiteren Umfeld des Stadions vor, während oder nach dem Spiel bzw. auf der Anreise/Abreise statt (bitte jeweils unter Angabe Örtlichkeit, Art des Vorfalls, Zahl der Störer, Zahl konkret eingesetzter Beamter , Reaktion der Polizei/getroffene polizeiliche Maßnahmen wie Identitätsfeststellungen , erkennungsdienstliche Maßnahmen, Einschließungen von Gruppen, Erteilung Platzverweise/Betretungsverbote, Ingewahrsamnahmen, Sicherstellung gefährlicher Gegenstände, Festnahmen und eingeleitete Strafverfahren sowie Angabe Zahl verletzter Beamter /Personen und Höhe Sachbeschädigungen)? Bereits ab dem 21. November 2014 wurden erste wechselseitige und anlasstypische Provokationen durch die Störerszenen beider Vereine im öffentlichen Raum wie auch in diversen Internetforen festgestellt. Darüber hinaus verdichteten sich die Erkenntnisse der Polizei, dass eine körperliche Auseinandersetzung zwischen Problemgruppen beider Vereine am Vorabend der Begegnung verabredet war. Aus diesem Anlass führte die Polizei Köln am Vorspielabend intensive Aufklärungsmaßnahmen durch und erkannte im Bereich eines in der Kölner Innenstadt gelegenen Szenelokals eine größere Gruppe von Angehörigen der Kölner Problemszene, die daraufhin kontrolliert wurde. Insgesamt stellte die Polizei Köln in diesem Zusammenhang die Identität von 136 Personen fest, führte Gefährderansprachen durch, sprach Platzverweise gegen alle Personen aus und verfügte gegen acht Personen ein Bereichsbetretungsverbot im Bereich des Stadtgebietes Leverkusen. Darüber hinaus stellte sie aufgrund des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz mehrere mitgeführte Tütchen sicher, darüber hinaus Vermummungsgegenstände, Pyrotechnik und Passivbewaffnung. Eine Auseinandersetzung zwischen Angehörigen beider Störergruppen wurde in der Folge nicht bekannt. Am Spieltag reisten etwa 800 Gästefans mit einem Entlastungszug der Deutschen Bahn AG nach Leverkusen. Nach ihrer Ankunft am Bahnhof Leverkusen Mitte gegen 13:00 Uhr über- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7677 4 querten mehrere Störer die Gleise, sodass der Zugverkehr in diesem Bereich kurzfristig gesperrt werden musste. Einsatzkräfte der Bundespolizei entdeckten im Zug zudem Sachbeschädigungen in einem Ausmaß, das eine Nutzung des Zuges im Rahmen der Rückfahrt nicht erlaubten. Die bahnreisenden Kölner begaben sich nach Verlassen des Bahnhofes unter polizeilicher Begleitung zum Stadion. Sowohl im Bahnhof als auch auf dem Weg zum Stadion zündeten unbekannt gebliebene Tatverdächtige pyrotechnische Gegenstände. Dadurch wurden je ein Polizeibeamter der Polizei Köln und der Bundespolizei leicht verletzt. Nach Ankunft der Gruppe am Stadion überkletterten mehrere Kölner Störer im Rahmen des Einlasses den ersten Zaun zum Gästefanblock, um einen „Blocksturm“ durchzuführen, scheiterten jedoch im Weiteren an den baulichen Gegebenheiten. Die dadurch entstandene Drucksituation erforderte den Einsatz von Polizeikräften zur Lagebewältigung. Ein umfangreiches Sperrkonzept der Polizei Köln verhinderte zudem ein Aufeinandertreffen mit einer großen Gruppe Leverkusener Störern, die sich nahezu zeitgleich mit den Gästefans zum Stadion begeben hatten. In dieser Einsatzphase nahm die Polizei Köln mehrere Personen aufgrund unterschiedlicher Delikte vorläufig fest. Betroffen waren ein auswärtiger Störer nach einem Beleidigungsdelikt, ein Leverkusener Gewalttäter nach einem Körperverletzungsdelikt zum Nachteil eines auswärtigen Stadionbesuchers, der hierbei leicht verletzt wurde, vier heimische Tatverdächtige nach einem Beleidigungsdelikt und ein Tatverdächtiger ohne Vereinszuordnung wegen eines Verstoßes nach § 86 a des Strafgesetzbuches. Die Tatverdächtigen wurden bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen in Anschlussgewahrsam genommen. Zudem fertigte die Polizei Köln eine Anzeige wegen des Abbrandes eines pyrotechnischen Gegenstandes auf dem Busparkplatz durch einen unbekannt gebliebenen Tatverdächtigen und nahm drei alkoholisierte Störer vorläufig fest und in Anschlussgewahrsam. Sie hatten versucht, heimische Stadionbesucher zu beleidigen und führten zudem Passivbewaffnung und Betäubungsmittel mit. Die Spielphase verlief, bis auf das einmalige Zünden eines pyrotechnischen Gegenstandes (Böller) durch eine unbekannte Person im Gästeblock, störungsfrei. Unmittelbar nach Spielende kam es nahezu zeitgleich an verschiedenen Bereichen in und um das Stadion zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Kleinstgruppen und Einzelpersonen beider Anhängerschaften. Unter anderem kam es zu einem räuberischen Diebstahl zum Nachteil eines Gästefans sowie zu zwei gefährlichen Körperverletzungen zum Nachteil je eines Kölner und eines Leverkusener Anhängers. Im Zusammenhang mit diesen Delikten wurden insgesamt drei Personen verletzt. Darüber hinaus berichtet die Polizei Köln im Verlaufsbericht von weiteren Einzeldelikten, die ein polizeiliches Einschreiten notwendig machten, darunter Widerstand, Sachbeschädigung und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz sowie über sechs weitere vorläufige Festnahmen. Vor der Bahnrückreise betraten erneut mehrere Personen die Gleise, wodurch der Zugverkehr kurzfristig eingestellt werden musste. Ferner kam es im Hauptbahnhof Köln zu einem Körperverletzungsdelikt zwischen einer abreisenden Gruppe Leverkusener Anhänger und Personen, die einen Junggesellenabschied begingen. Diesbezügliche Maßnahmen führte die Bundespolizei in eigener Zuständigkeit durch. Hierzu wird keine Stellung genommen, da Maßnahmen der Bundespolizei nicht Gegenstand des parlamentarischen Fragerechts sind. Zur Anzahl der bei den Vorfällen eingesetzten Polizeikräfte wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2910 (LT-Drucksache 16/7568) verwiesen.