LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7694 08.01.2015 Datum des Originals: 06.01.2015/Ausgegeben: 13.01.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2949 vom 1. Dezember 2014 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/7478 Kann die Landesregierung jesidischen Flüchtlingen Schutz gewähren? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2949 mit Schreiben vom 6. Januar 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Tausende Jesiden in Nordrhein-Westfalen bangen um ihre Angehörigen in Syrien und dem Irak. Dort werden Jesidinnen und Jesiden von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ systematisch verfolgt, bedroht, versklavt und getötet. Viele in Nordrhein-Westfalen lebende Angehörige sind bereit, jesidische Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Manche Bundesländer wie Bremen sind dazu übergegangen, angesichts der humanitären Katastrophe Zuzugserleichterungen für u.a. jesidische Flüchtlinge zu erlassen. Vorbemerkung der Landesregierung Die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen ist ein besonderes Anliegen des Bundes und der Länder. In drei humanitären Aufnahmeprogrammen (HAP) bietet der Bund seit 2013 20.000 Flüchtlingen aus Syrien, Anrainerstaaten Syriens, Ägypten und Libyen Schutz in Deutschland . Die Aufnahmekriterien waren neben Bezügen zu Deutschland, der Fähigkeit, nach Konfliktende einen besonderen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes zu leisten, vor allem humanitäre Kriterien, darunter die Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7694 2 Bislang (Stand 16.12.2014) sind folgende Einreisen nach Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen : 1. HAP 1.020 Personen 2. HAP 610 Personen 3. HAP 113 Personen Daneben haben 15 Länder - ohne Bayern - ihrerseits Aufnahmeanordnungen gem. § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz zu Gunsten syrischer Flüchtlinge im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern erlassen. In Nordrhein-Westfalen sind auf die Anordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 26.09.2013 zu Gunsten syrischer Flüchtlinge , die wegen des Kriegs in ihrer Heimat auf der Flucht sind, aber über Verwandte in Nordrhein -Westfalen verfügen, rund 31.500 Interessenbekundungen registriert worden. Die Glaubenszugehörigkeit ist kein gesondertes Kriterium für die Berücksichtigung im Landesaufnahmeprogramm . In 4.831 Fällen sind durch die Auslandsvertretungen Visa erteilt worden. 1.142 Personen sind bislang nach NRW eingereist. Jede politische Entscheidung über ein humanitäres Aufnahmeprogramm muss in den Blick nehmen, wie sich die Gesamtsituation der Flüchtlinge in der Region darstellt, welche Gruppen als besonders schutzbedürftig anzusehen sind und mit welchen Kräften vor Ort in der Krisenregion ein Aufnahmeprogramm operationalisiert werden kann. Hier ist in erster Linie der Bund gefragt. 1. Wie schätzt die Landesregierung die humanitäre Lage der jesidischen Bevölke- rung in den Staaten des Nahen Ostens ein? Die Landesregierung verfügt hierzu nicht über eigene Erkenntnisse. Die humanitäre Lage der Menschen ist angesichts der andauernden Bürgerkriegssituation im Nahen Osten vielfach prekär. Im Übrigen wird zur Einschätzung der Lebenssituation der jesidischen Bevölkerung in verschiedenen Staaten des Nahen Ostens auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. und der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 18/1744 vom 12.06.2014 verwiesen. 2. Welche Handlungsnotwendigkeit sieht die Landesregierung, vom Terror des „Is- lamistischen Staates“ verfolgten syrischen und irakischen Staatsangehörigen in Nordrhein-Westfalen Schutz / Aufnahme zu bieten? Die Aufnahme von Flüchtlingen ist ein humanitäres Anliegen, dem sich alle Staaten verpflichtet fühlen müssen. Nordrhein-Westfalen hat mit dem Aufnahmeprogramm zu Gunsten syrischer Flüchtlinge bereits einer großen Zahl syrischer Staatsangehöriger Schutz geboten. Einem Aufnahmeprogramm des Bundes zu Gunsten irakischer Staatsangehöriger steht zurzeit auch entgegen, dass im Irak keine effektiven Strukturen vorhanden sind, mit deren Hilfe ein solches Aufnahmeprogramm operationalisiert werden könnte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7694 3 3. Welche Handlungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung, die Regelungen des Aufenthaltsgesetzes hinsichtlich des Familiennachzugs von Jesidinnen und Jesiden so zu gestalten, dass der Familiennachzug erleichtert wird? Es gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 27 ff des Aufenthaltsgesetzes sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift hierzu. Angedachte Erleichterungen des Familiennachzugs für Ausländerinnen und Ausländer mit humanitärem Aufenthalt - unabhängig vom Herkunftsland - werden im Rahmen laufender Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene von Nordrhein -Westfalen unterstützt. Rechtlicher Raum für eine länderspezifische Sonderregelung zum Familiennachzug nach Kapitel 2 Abschnitt 6 Aufenthaltsgesetz wird nicht gesehen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, welche Regelungen an- dere Bundesländer hinsichtlich dieser Gruppe von Flüchtlingen erlassen haben? Diese Frage zielt auf Sachverhalte ab, die nicht in die Zuständigkeit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen fallen. 5. Warum hat die Landesregierung bislang darauf verzichtet, den Familiennachzug von jesidischen Bewohnern Syriens und des Iraks zu erleichtern? Siehe Antwort zu Frage 3.