LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/778 30.08.2012 Datum des Originals: 30.08.2012/Ausgegeben: 04.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 192 vom 16. Juli 2012 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/321 Jugendoffiziere in Schulen Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 192 mit Schreiben vom 30. August 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In einem Pressebericht (Rheinische Post vom 10. Juli 2012) wird die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW im Zusammenhang mit dem Einsatz von Jugendoffizieren als Referenten für Sicherheitspolitik im Schulunterricht zitiert. Danach beobachte man mit Sorge, „dass die Bundeswehr jetzt stärker als bisher an Schulen und Hochschulen dränge“. Dahinter vermutet die Vorsitzende der GEW NRW ausweislich des Berichts den Versuch, an den Bildungseinrichtungen Nachwuchs zu gewinnen. Die GEW kündigt laut der Presseberichterstattung für den September eine Aktionswoche gegen den „Einfluss von Bundeswehr und Rüstungsindustrie auf das Bildungswesen an“. Im Zusammenhang mit der Kooperationsvereinbarung der Landesregierung mit der Bundeswehr zum Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen in NRW wird die Vorsitzende der GEW NRW darüber hinaus mit der Aussage zitiert, dass es in Zukunft keine Beteiligung von Offizieren an der Lehrerausbildung mehr geben solle. Ein Sprecher des Schulministeriums dagegen teilte offenbar der Zeitung gegenüber mit, dass man noch keine Einzelheiten mitteilen könne. Der Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen und die diesbezügliche Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NordrheinWestfalen und Wehrbereichskommando II der Bundeswehr vom 29. Oktober 2008 waren in der vergangenen Legislaturperiode bereits Gegenstand parlamentarischer Beratungen. FDP, CDU, SPD und Grüne waren sich in ihrer Haltung einig, dass auch Vertreter der Bundeswehr LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/778 2 im Rahmen der Vorgaben der politischen Bildung weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Diskussionskultur an Schulen leisten können und sollen. Die Einbindung der Bundeswehr in unsere Gesellschaft, auch in die Schulen, ist nach Auffassung der FDP eine Konsequenz aus dem Verständnis der Bundeswehr als bürgerliche Armee in der Demokratie. Sie ist Teil einer breit angelegten Diskussionskultur, in der unterschiedliche , auch gegensätzliche Positionen zur Darstellung kommen können. Die Landesregierung hat seit der Debatte zu dem Thema im vergangenen Jahr eine Überarbeitung der Kooperationsvereinbarung angekündigt. Bereits am 30. September 2011 hat das Schulministerium die weiterführenden Schulen über diese Überarbeitung informiert (Schulmail -Archiv im Internetauftritt des Schulministeriums http://www.schulministerium.nrw.de/SV/Schulmail/Archiv/2011/110930/index.html). Ein Zeitpunkt , zu dem die neue Vereinbarung ausgearbeitet sein wird, steht aber offensichtlich immer noch nicht fest. Ausweislich der jüngsten Presseberichte verweist das Schulministerium immer noch lediglich darauf, dass die Kooperationsvereinbarung überarbeitet werde (Rheinische Post vom 10. Juli 2012; Kölner Stadtanzeiger vom 11. Juli 2012). Vorbemerkung der Landesregierung Für die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen ist die politische Bildung ein wichtiger Bestandteil der schulischen Ausbildung von Schülerinnen und Schülern. Hier haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich unter pädagogischer und fachlicher Begleitung systematisch mit politischen Gegebenheiten und Prozessen auseinanderzusetzen , diese zu hinterfragen und mögliche Antworten zu formulieren. Die Fortschreibung der Kooperationsvereinbarung stellt die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr in den Rahmen des Beutelsbacher Konsenses, denn was in der Gesellschaft strittig ist, muss auch in der Schule strittig dargestellt werden. Danach sollen die Schulen neben den Jugendoffizieren auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Institutionen sowie Organisationen der Friedensbewegung gleichberechtigt am Unterricht beteiligen. Siehe hierzu auch Beantwortung der Kleinen Anfrage „Geplante Kooperationsvereinbarung von Schule und Bundeswehr“ (Kleine Anfrage 302 des Abgeordneten Gregor Golland CDU – LT- Drucksache 16/468). 1. Wie oft haben Besuche von Jugendoffizieren in Schulen in NRW seit 2007 statt- gefunden? Statistische Daten hierzu werden seitens der Landesregierung nicht erhoben. Nach Information der Bundeswehr haben in dem Zeitraum folgende Veranstaltungen (Vortrag an einer Schule oder ein Seminar oder eine Podiumsdiskussion oder ein Besuch in einer Kaserne mit einer Schulklasse oder ein Seminar POL&IS) stattgefunden: 2008: 957 Veranstaltungen mit 30178 Teilnehmern 2009: 1005 Veranstaltungen mit 30379 Teilnehmern 2010: 888 Veranstaltungen mit 29201 Teilnehmern 2011: Zahlen sind noch nicht verfügbar LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/778 3 2. Welche Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen seit 2007 Angehörigen der Bundeswehr bei Besuchen an Schulen in NRW ein Verhalten vorgeworfen wird, das über die politische Bildung hinausgeht (aufgelistet nach Jahren und entsprechenden Vorwürfen)? Hierüber liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 3. Welche Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen Unternehmen der Rüs- tungsindustrie Einfluss auf das Bildungswesen in NRW nehmen wollten? Hierüber liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 4. Welche Änderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Lehrerausbil- dung, sind in der neuen Kooperationsvereinbarung geplant? Der Beutelsbacher Konsens wird in der Kooperationsvereinbarung explizit genannt werden. Die bestehende Verpflichtung der Lehrkräfte, dass unterschiedliche Institutionen und Organisationen der Friedensbewegung im Rahmen von schulischen Veranstaltungen gleichberechtigt und gleichgewichtig einbezogen und berücksichtigt werden, wird zusätzlich aufgenommen . Ersatzlos gestrichen wird die Einbeziehung der Zentren für die schulpraktische Lehrerausbildung (ehemals Studienseminare) in die Vereinbarung. Siehe hierzu auch Beantwortung der Kleinen Anfrage „Geplante Kooperationsvereinbarung von Schule und Bundeswehr“ (Kleine Anfrage 302 des Abgeordneten Gregor Golland CDU – LT-Drucksache 16/468). 5. Wann wird die neue Kooperationsvereinbarung in Kraft treten? Die Unterzeichnung der neuen Kooperationsvereinbarung ist in den nächsten Wochen vorgesehen . Sie tritt mit dem Datum der Unterzeichnung in Kraft.