LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/779 30.08.2012 Datum des Originals: 29.08.2012/Ausgegeben: 04.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 299 vom 30. Juli 2012 des Abgeordneten Michele Marsching PIRATEN Drucksache 16/465 Smart-Meter zur Stromverbrauchsabrechnung in Privathaushalten Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 299 mit Schreiben vom 29. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Smart Meter, auch „intelligente Stromzähler“ genannt, werden verstärkt in Privathaushalten im Austauschverfahren anstelle der alten Stromzähler eingebaut. Dies geschieht häufig ohne die Verbraucher vorher über Vor- und Nachteile der von der Funktionsweise grundsätzlich verschiedenen Systeme zu informieren. In einigen Fällen wurde erst nach der Installation ein Infoblatt übergeben. Grundlage für den Austausch ist § 21c EnWG (Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung ). Neben dem Vorteil für Verbraucher, dass durch das neue Stromverbrauchserfassungssystem die örtlichen Ablesungen wegfallen, da die Daten über das Stromnetz mittels Stromimpulsen über bestimmte Frequenzen übermittelt werden (Datenfernübertragung), müssen auch einige Nachteile in Betracht gezogen werden. Diese Nachteile sind unter anderem: 1. ein höherer Eigenverbrauch und damit höhere Kosten. 2. die Möglichkeit der mittelbaren Überwachung des Verbraucherverhaltens durch das er- fasste Stromverbrauchsprofil. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/779 2 3. Leuchten mit Touch-Dimmer können sich, verursacht durch die Stromimpulse des Smart Meters, an- und ausschalten und werden dadurch unbenutzbar. 4. das Risiko der Datenmanipulation durch Hacker, da über das öffentliche Stromnetz Daten von Dritten gelesen und ausgewertet werden können. Dadurch besteht die zusätzliche Gefahr des Missbrauchs. (Anwesenheitsüberprüfung durch Einbrecher, Änderung der Verbrauchsdaten, etc.) 5. das Entstehen potentiell höherer Gebühren wegen des Umbaus bzw. der Umlage der Zusatzkosten auf den Endverbraucher. Vorbemerkung der Landesregierung In der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage werden einige Nachteile aufgeführt, die bei der Anwendung von Smart Metern zur Stromverbrauchsabrechnung in Privathaushalten in Betracht zu ziehen wären. Vorteile dieser Technik werden nicht erwähnt. Hierzu ist anzumerken , dass Smart Meter den Einstieg in die Konzeption von Smart Grids, die für zukunftsfähige Netze allgemein gefordert werden, ermöglichen. Ohne eine breite Verwendung von Smart Metern ist eine Nutzungssteuerung des Netzes nicht möglich. Dieser Einstieg erfordert im Weiteren die Entwicklung und Erstellung intelligenter Nutzungskonzepte von den Netzbetreibern . Aufgrund der Vielzahl der Verbraucher benötigt die Einführung moderner Technologien Zeit. Smart Meter sind der erste Schritt hierfür. Zu den benannten Nachteilen liegen der Landesregierung keine detaillierten Erkenntnisse vor. Es ist jedoch zu beachten, dass gegenüber dem angegebenen Eigenverbrauch sowie den höheren Kosten der Geräte potenzielle Einsparungen beim individuellen Stromverbrauch , die sich durch eine verbesserte Information der Verbraucher erwarten lassen, gegen zu rechnen sind. 1. Wie steht die Landesregierung zur verpflichtenden Nutzung von Smart-Metern bei Neubauten und Vollsanierungen? In Deutschland müssen seit Januar 2010 moderne Messsysteme für Strom und Gas, sogenannte intelligente Zähler bzw. Smart Meter, bei Neubauten und bei Totalsanierungen kostenneutral eingebaut werden, die den im Energiewirtschaftsgesetz beschriebenen Anforderungen genügen. Gleiches gilt bei Letztverbrauchern mit mehr als 6.000 kWh Jahresverbrauch und, mit Einschränkungen, bei Anlagenbetreibern nach dem Erneuerbare-EnergienGesetz bzw. dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. Intelligente Stromzähler helfen Konsumenten und den Versorgungsunternehmen Muster im Energieverbrauch besser zu verstehen und den Energieverbrauch effizienter zu gestalten. Das ermöglicht die bidirektionale Wertschöpfungskette und eine bessere Netzverwaltung. Im Rahmen von Smart Grids bieten sie damit wichtige Ansätze zur Reduktion des CO2-Austoßes. Die Landesregierung hält daher den Einbau von Smart Metern für sinnvoll. 2. Sieht die Landesregierung in der Übermittlung von Stromverbrauchsdaten aus Privathaushalten über das öffentliche Stromnetz eine Gefährdung der Datensicherheit ? Beim Einbau von Messsystemen (zur Ermittlung von Stromverbrauchsdaten) sind die Vorgaben des EnWG und weiteren rechtlichen Vorschriften einzuhalten. Für die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung von Daten dürfen ausschließlich solche technischen Systeme eingesetzt werden, bei denen die Einhaltung der Anforderungen in einem Zertifizierungsverfah- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/779 3 ren zuvor festgestellt wurde. Die an der Datenübermittlung beteiligten Stellen haben dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die insbesondere die Vertraulichkeit und Integrität der Daten gewährleisten (§ 21 e Absatz 3 Energiewirtschaftsgesetz). Zudem darf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nach dem EnWG ausschließlich durch zum Datenumgang berechtigte Stellen erfolgen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hält die Landesregierung die bestehenden Regelungen für ausreichend und sieht in modernen Messsystemen aktuell keine Gefährdung der Datensicherheit , zumal die einschlägigen Vorschriften ausdrücklich datenschutzrechtliche Aspekte berücksichtigen. 3. Gedenkt die Landesregierung das EnWG bezüglich möglicher Verletzungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen? Nein, da die Landesregierung aufgrund der bestehenden Vorschriften im EnWG keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sieht.