LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7805 22.01.2015 Datum des Originals: 22.01.2015/Ausgegeben: 27.01.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2995 vom 18. Dezember 2014 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/7645 Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um im Bereich der dualen Ausbildung Fachkräfte für die Energiewende fit zu machen? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2995 mit Schreiben vom 22. Januar 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Energieversorgung der Bundesrepublik und damit der Bürgerinnen und Bürger befindet sich gegenwärtig im Umbruch. Unabhängig davon, wie man das gegenwärtige Vorgehen, das Tempo des Prozesses der Energiewende bewertet, werden für ihre Umsetzung technische Fachkräfte in vielen spezialisierten Bereichen einschließlich Energieerzeugung und – Speicherung, Energieeffizienz sowie Netzausbau benötigt, die insbesondere auch im Rahmen der dualen Ausbildung für die Produktion, Installation, Instandhaltung und Wartung oder auch Forschung benötigt werden. Selbstverständlich handelt es sich bei Fragen der Energieversorgung um vielfältige oder oftmals auch interdisziplinär betroffene Bereiche. Die generelle Gliederung der Berufskollegs (neue APO-BK) sieht z.B. als Bildungsgänge u.a. Bau- und Holztechnik, Metall- und Elektrotechnik , Naturwissenschaften und Labor- und Verfahrenstechnik oder Umwelttechnik vor. An den Bildungsgängen der spezialisierten beruflichen Gymnasien der Berufskollegs findet sich etwa der Fachbereich Technik oder im Bereich des mathematisch-naturwissenschaftlichtechnisches Aufgabenfeldes generell die Energietechnik. In der Fachoberschule, Klasse 13, sind etwa als Fachbereiche Agrarwirtschaft, Bio- und Umwelttechnologie oder nach fachlichen Schwerpunkten gegliedert Technik genannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7805 2 Generell stellt sich darüber hinaus die Frage, wo im schulischen Teil der dualen Ausbildung an Berufskollegs aus Sicht der Landesregierung explizite Ausbildungsschwerpunkte angesiedelt sind, ob und welchen steigenden Fachkräftebedarf die Landesregierung in diesem Feld erwartet, wie die Landesregierung in diesem Feld mit der Wirtschaft zusammenarbeitet und ob bzw. welche weitergehenden Initiativen in diesem Bereich geplant sind. 1. In welchen Bereichen des schulischen Teils der dualen Ausbildung an Berufskol- legs finden sich im Rahmen der neu verabschiedeten Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Berufskollegs (APO-BK) thematische Schwerpunkte, die z. B. für die Umsetzung der Energiewende von besonderer Bedeutung sind (bitte jeweils einzeln und die jeweiligen inhaltlichen Bezüge zum genannten Thema darstellen )? Die Kleine Anfrage weist bereits auf den interdisziplinären Charakter hin, den es bei Fragestellungen zur Energieerzeugung bzw. -speicherung zu berücksichtigen gilt. Die neu verabschiedete APO-BK weist für die 330 anerkannten Ausbildungsberufe 7 Fachbereiche auf (Agrarwirtschaft, Ernährung/Hauswirtschaft, Gestaltung, Gesundheit/Soziales, Informatik, Technik/Naturwissenschaften, Wirtschaft und Verwaltung). Die am Berufskolleg im Rahmen des dualen Systems gemäß KMK-Vorgaben in NRW unterrichteten Lernfelder befassen sich mit ausbildungsberufsspezifischen, auch umweltrelevanten, Themenkomplexen. Im Rahmen der Entwicklung didaktischer Jahresplanungen an den Berufskollegs werden diese Vorgaben auch im Hinblick auf fortlaufende Entwicklungen, die für Kompetenzen mit Blick auf die Energiewende relevant sind, regional- und ausbildungsberufsspezifisch in Lernsituationen konkretisiert. Seit 2010 wird die zweijährige Zusatzqualifikation "Assistent/in für Energie und Ressourcen (HWK)", die im Rahmen eines JOBSTARTER-Projekts in Kooperation mit der LandesGewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH) und dem Ministerium für schule und Weiterbildung (MSW) entwickelt und erprobt wurde, angeboten. In einer Gesamtdauer von 240 Stunden können die Lernfelder Energie (mit den Schwerpunkten Strom, Wärme, Verkehr), Ressourcen (mit den Schwerpunkten Wasser, Abfall, Gefahrstoffe) und Kommunikation behandelt werden. Im Oktober 2010 wurde die neue Qualifizierung mit einem Sonderpreis bei der Vergabe des Hermann-Schmidt-Preises für innovative Entwicklungen in der Berufsbildungspraxis ausgezeichnet, da sie nach Ansicht der Jury einen mustergültigen Beitrag zum Umweltschutz und zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet. 2. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich eines möglicherweise in diesem Bereich zukünftig steigenden Fachkräftebedarfs im Rahmen des dualen Ausbildungssystems vor? Die Landesregierung verfügt diesbezüglich über keine eigenen statistischen Analysen und Berichte. 3. Welche zusätzlichen Maßnahmen will die Landesregierung konzeptionell in die- sem Bereich ergreifen, um gegenwärtig und zukünftig in diesem Bereich den notwendigen Fachkräftebedarf zu sichern? Die Landesregierung wird im ersten Halbjahr 2015 einen gemeinsamen Projektaufruf der Operationellen Programme des ESF und EFRE (2014 – 2020) zur Initiative der Fachkräftesicherung des Landes Nordrhein-Westfalen starten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7805 3 Danach können Projektvorhaben, vorstellbar sind auch Projekte der dualen Ausbildung bspw. im Energiebereich, in einem wettbewerbsähnlichen Verfahren zur Auswahlentscheidung eingereicht werden. Mit der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf in NRW“ existiert darüber hinaus, speziell im Handlungsfeld 1 „Berufs- und Studienorientierung“ und im Handlungsfeld 3 „Attraktivität des Dualen Systems“, ein konzeptioneller und struktureller Rahmen für die Zusammenarbeit der Lernorte Schule und Wirtschaft. 4. Welche Konzepte hat die Landesregierung aufgelegt, um im Bereich des schuli- schen Teils der dualen Ausbildung eine stärkere inhaltliche-fachliche Kooperation mit der Wirtschaft in diesem Feld zu ermöglichen? Die bereits jetzt praktizierten Lernortkooperationen zwischen Berufskollegs und Betrieben (Projekte, Zusatzqualifikationen, Bildungsgangkonferenzen, abgestimmte didaktische Konzepte im Rahmen didaktischer Jahresplanungen etc.) stellen die notwendige inhaltlichfachliche Kooperation mit der Wirtschaft sicher. Im Rahmen des Projekts KOMET NRW, das gemeinsam vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) und MSW unter wissenschaftlicher Begleitung des Instituts für Berufsbildungsforschung (IBB) der Universität Bremen an insgesamt 16 Berufskollegs in verschiedenen Ausbildungsberufen durchgeführt wird, u. a. in dem Ausbildungsberuf Elektronikerinnen /Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, werden Kompetenzentwicklungen und Kompetenzmessungen von Auszubildenden durch gemeinsame Aktivitäten der Lernorte Schule und Ausbildungsbetrieb systematisch erprobt und weiterentwickelt. Die weitere Nutzung entsprechender Ansätze wird nach Vorliegen der Ergebnisse des Modellvorhabens zu entscheiden sein. Darüber hinaus werden von Seiten der Landesregierung keine weiteren diesbezüglichen Konzepte verfolgt. 5. Plant die Landesregierung zusätzliche Weiterqualifizierungsmaßnahmen in die- sem Bereich zu eröffnen (wenn ja, wie und welche)? Im Bereich der Weiterbildung führen die Berufskollegs Bildungsgänge der Fachschulen. Die Bildungsgänge der Fachschule bauen auf der beruflichen Erstausbildung und Berufserfahrungen auf und führen zu staatlichen Abschlüssen und zu Teilabschlüssen der beruflichen Weiterbildung. Die Ausbildung soll Absolventinnen und Absolventen befähigen, Führungsaufgaben in Betrieben, Unternehmen, Verwaltungen und anderen Einrichtungen zu übernehmen . Fachschulen leisten einen Beitrag zur Vorbereitung auf die unternehmerische Selbstständigkeit. In Nordrhein-Westfalen werden Fachschulbildungsgänge im Fachbereich Technik mit der Fachrichtung „Umweltschutztechnik“ sowie als Aufbaubildungsgang „Technischer Umweltschutz “ geführt. Die vollzeitschulischen Bildungsgänge im Berufskolleg bieten bereits vielfältige Bildungsangebote in diesem Bereich, so z.B. an neun Standorten den doppeltqualifizierenden Bildungsgang „Staatlich geprüfte umweltschutztechnische Assistentin/ Staatlich geprüfter umweltschutztechnischer Assistent“ in Verbindung mit dem Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung mit z. Zt. 430 Schülerinnen und Schülern. Seit dem Schuljahr 2012/13 wird dieses Angebot durch den Schulversuch "Staatlich geprüfte technische Assistentin / Staatlich geprüfter technischer Assistent für regenerative Energietechnik und Energiemanagement" in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7805 4 Verbindung mit dem Erwerb der Fachhochschulreife am Berufskolleg der Stadt Bottrop ergänzt . Der mit diesem Schuljahr an zehn Standorten eingerichtete Schulversuch „Berufliches Gymnasium für Ingenieurwissenschaften“ mit 322 aufgenommenen Schülerinnen und Schülern enthält ebenfalls umfangreiche curriculare Elemente zum Themenbereich regenerative Energien. Zusätzliche Weiterbildungsangebote in dem vorgenannten Bereich sind nicht beabsichtigt. Jedoch fördert die Landesregierung generell die Beteiligung von Beschäftigten an Weiterbildungsmaßnahmen , z. B. im Rahmen der „Beratung zur beruflichen Entwicklung“ oder aber mit dem „Bildungsscheck“.