LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7833 28.01.2015 Datum des Originals: 26.01.2015/Ausgegeben: 02.02.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2981 vom 12. Dezember 2014 des Abgeordneten Werner Jostmeier CDU Drucksache 16/7596 Generelle Anerkennung der Ausbildung zum Sozialhelfer/Sozialhelferin – jetzt Staatlich geprüfter Sozialassistent/Sozialassistentin – in der Altenpflege Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 2981 mit Schreiben vom 26. Januar 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die derzeitige Situation der ausgebildeten „Staatlich geprüften Sozialhelfer/innen“ – jetzt „Staatlich geprüfte/r Sozialassistent/Sozialassistentin“ – ist nicht nachvollziehbar. Nach meinen Informationen ist bereits Ende 2012 zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) und dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) vereinbart worden, dass durch das MGEPA die Fachhochschule Düsseldorf mit der Klärung beauftragt werden sollte, ob die Curricula der Ausbildungen der Altenpflegehelfer und der Sozialassistenten soweit identisch sind, dass den Sozialhelfern seitens der Agentur für Arbeit (AfA) auch Arbeitsstellen als Altenpflegehelfer/innen angeboten werden können. Die AfA nimmt jedoch den Standpunkt ein, dass die Ausbildung der Sozialassistenten nicht für die Altenpflegehilfe geeignet sei. Dass die Beschäftigung von Sozialhelfern/innen bzw. Sozialassistenten/innen im Einzelfall hervorragend gelingt, ist bereits erfolgreich bewiesen: Sowohl die Liebfrauenschule in Coesfeld, als auch ein Berufskollegs im Regierungsbezirk Arnsberg waren unter anderem Auslöser für die Überarbeitung der landesweit verbindlichen Lehrpläne. So wurde in einem aufwendigen Lehrplanverfahren der Lehrplan Sozialassistenten zwischen 2011 und 2012 angepasst und eine Synopse entwickelt, aus der die Gleichwertigkeit der Ausbildungen zwischen Sozialassistenten und Altenpflegehelfern klar hervorging. Die o. g. Prüfung durch die Fachhochschule Düsseldorf ist seitens des MGEPA bis heute noch nicht einmal eingeleitet worden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7833 2 Es werden jedes Jahr mehrere Tausend Absolventen des Bildungsganges „Staatlich geprüfte/r Sozialassistent/Sozialassistentin“ entlassen. Diese jungen Leute bekommen zurzeit kaum adäquate Stellen wegen der fehlenden Anerkennung im Altenpflegebereich. Auch wird ihre Ausbildung, obwohl nahezu identisch mit der Altenpflegehilfeausbildung, nicht einmal als Vorleistung zur Ausbildung als Altenpfleger/in anerkannt. Es kann nicht sein, dass hier eine generelle Anerkennung verschleppt wird und viele hervorragend ausgebildete Jugendliche dadurch nicht in Arbeit vermittelt werden können, zumal erheblicher Bedarf in der Altenpflege besteht. Vorbemerkung der Landesregierung Bei der Ausbildung „Sozialassistentin/Sozialassistent“ handelt es sich um eine zweijährige Ausbildung. Schon allein aus diesem Grund ist die Gleichsetzung mit einer dreijährig pflegerisch ausgebildeten Pflegefachkraft (z.B. durch die Anerkennung als Fachkraft im Sinne des § 3 Absatz 5 Wohn- und Teilhabegesetz (WTG)) nicht möglich. Ein Einsatz als Fachkraft der Pflege oder Betreuung scheidet daher für „Sozialassistentinnen/Sozialassistenten“ gesetzlich aus. Neben Fachkräften sind aber in der Pflege auch weitere Beschäftigte tätig, wie etwa Pflegehilfskräfte oder Betreuungskräfte i. S. d. § 87 a SGB XI. Diese Beschäftigten müssen nach dem WTG über eine für die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten erforderliche fachliche Eignung verfügen; bestimmte Ausbildungsanforderungen formuliert das WTG dabei nicht. Eine Beschäftigung unterhalb der Fachkraftebene ist somit für Sozialassistentinnen und Sozialassistenten - ebenso wie für Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer - möglich. Dabei können sie unter Anleitung und Überwachung einer Fachkraft auch qualifizierte Tätigkeiten ausüben, da der Inhalt ihrer zweijährigen Ausbildung bei der Entscheidung über Art und Umfang der Delegation betreuender Tätigkeiten berücksichtigt werden kann. Ob die Tätigkeit von „Sozialassistentinnen/Sozialassistenten“ in der Pflege dabei – vor allem im ambulanten Bereich - auch „abrechenbar“ ist, richtet sich nach den vielfältigen Rahmenvorgaben der Kranken- und Pflegekassen für den Personaleinsatz von Fach- und Hilfskräften. Hierauf hat das Land rechtlich keinen Einfluss. Darüber hinaus ermöglicht das Altenpflegegesetz des Bundes eine Verkürzung der dreijährigen Fachkraftausbildung durch die Anerkennung einer vorangegangenen Ausbildung, wobei die Ausbildung „Sozialassistentin/Sozialassistent“ ebenso anerkannt werden kann wie eine Altenpflegehilfeausbildung. Bei jeder Verkürzungsentscheidung handelt es sich grundsätzlich jedoch um eine Einzelfallentscheidung; eine generelle Feststellung der Gleichwertigkeit durch das für die Pflegeausbildungen zuständige Ministerium ist hierfür nicht erforderlich. In den Jahren 2013 und 2014 wurden bei den Bezirksregierungen lediglich zwei Anträge auf Verkürzung der Altenpflegeausbildung wegen einer vorherigen Ausbildung „Sozialassistentin/Sozialassistent“ gestellt. Diese wurden nach Einzelfallprüfung im Umfang der durch die jeweilige Bezirksregierung festgestellten Vergleichbarkeit genehmigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7833 3 1. Ist der Landesregierung dieser Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt möglicher bürokratischer Kompetenzstreitigkeiten bekannt? Nein. Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Landesregierung hinsichtlich der Anerkennung von Sozialassistentinnen und Sozialassistenten als Pflegefachkräfte bzw. zur Frage der Verkürzung der Altenpflegeausbildung existieren nicht. 2. Die bereits 2012 erstellte Synopse verdeutlicht die Gleichwertigkeit der Ausbildungen der Staatlich geprüften Sozialassistenten/innen und der Altenpflegehelfer/innen. Mit welcher Begründung ist die Gleichwertigkeit bis heute nicht entsprechend gewürdigt bzw. anerkannt worden? Die Annahme, dass „die Gleichwertigkeit bis heute nicht entsprechend gewürdigt bzw. anerkannt worden“ sei, ist unzutreffend: Hinsichtlich des beruflichen Einsatzes werden Altenpflegehelferinnen und -helfer sowie Sozialassistentinnen und -assistenten im Rahmen der ordnungsrechtlichen Regelungskompetenz des Landes als weitere Beschäftigte neben den Fachkräften der Pflege und Betreuung im WTG gleich behandelt. Hinsichtlich der Verkürzungsoption der Altenpflegefachkraftausbildung ist ebenfalls bereits heute eine entsprechende Anerkennung möglich, wie die beiden bisher gestellten Anträge zeigen. Auch wenn es für eine Verkürzung einer landesweit einheitlichen „Gleichwertigkeitsfeststellung“ daher grundsätzlich nicht bedarf, beabsichtigt das MGEPA dennoch, hierzu einen Erlass zur Unterstützung der Bezirksregierungen zu fertigen. Zur Vorbereitung des Erlasses wurde die in der Frage angesprochene Synopse aus dem Jahr 2012, die sich ausschließlich auf curriculare Ausbildungsinhalte bezog, im Rahmen eines umfassenderen Ausbildungsvergleiches um einen Vergleich struktureller und organisatorischer Ausbildungsmerkmale ergänzt. Die zeitliche Gestaltung dieses Prozesses trägt dem Umstand der geringen Antragszahlen (s. Vorbemerkung) auf der einen und der Vielzahl anderer dringender Herausforderungen im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe auf der anderen Seite Rechnung. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Situation, dass diese fehlende Anerkennung seit Jahren auf dem Rücken der Pflegebedürftigen und der Heime, die dringend Personal benötigen, ausgetragen wird mit der Folge, dass die jungen Leute im Regen stehen gelassen werden? Die mit der Frage verbundene Situationsbeschreibung trifft nicht zu: Im Bereich der Pflegeheime steht einem Einsatz von Sozialassistentinnen und -assistenten keine landesrechtliche Regelung entgegen. Die Frage der Gleichwertigkeitsprüfung zur Verkürzung der Fachkraftausbildung betraf in 2013/2014 zwei Fälle, in denen eine Lösung für die Auszubildenden gefunden wurde. Davon, dass „die jungen Leute im Regen stehen gelassen werden“ oder etwas „auf dem Rücken der Pflegebedürftigen oder der Heime“ ausgetragen würde, kann also nicht die Rede sein. Der Personalmangel im Bereich der Pflegeheime ist im Übrigen vor allem ein Fachkraftmangel. Hier hat die Landesregierung mit der Einführung der Ausbildungsumlage überaus wirksame Impulse gesetzt, die dafür gesorgt haben, dass sich die Zahl der Ausbildungsplätze von 2010 bis heute nahezu verdoppelt hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7833 4 4. Warum ist bis heute, wie seinerzeit zwischen den beiden zuständigen Ministerien (MSW und MGEPA) vereinbart, keine Prüfung durch die Fachhochschule Düsseldorf in Auftrag gegeben worden? Eine Prüfung durch die Fachhochschule Düsseldorf wurde zwischen MSW und MGEPA nicht vereinbart. Im Rahmen der laufenden Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege 2012-2015 wurde lediglich generell die Option einer externen Unterstützung bei der Prüfung der Gleichwertigkeit geprüft. Aufgrund der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit pflegewissenschaftlicher und pflegepädagogischer Qualifikation war dem MGEPA die Durchführung des Ausbildungsvergleichs jedoch mit eigenem Personal möglich (s. Antwort auf Frage 2). 5. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um die derzeitigen zum Teil doch recht schwerfälligen Einzelanerkennungen zeitnah zu einer generellen Anerkennung der Ausbildung als Sozialhelfer/in bzw. Staatl. gepr. Sozialassistent/in in der Altenpflege inkl. einer anrechenbaren Vorleistung zur Ausbildung als Altenpfleger/in zu führen? Trotz der bisher geringen Fallzahlen beabsichtigt das MGEPA, im ersten Quartal 2015 die konkreten Anforderungen für die Verkürzung der Altenpflegeausbildung nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zur Sozialassistentin bzw. zum Sozialassistenten durch Erlass zu regeln, um ein einfaches und einheitliches Verwaltungsverfahren bei den Bezirksregierungen zu unterstützen. Eine Anrechnung im Umfang von bis zu einem Jahr erscheint je nach Vornote sachgerecht. Ob die Zahl der Anträge auf Verkürzung der Altenpflegeausbildung durch den klarstellenden Erlass zunehmen wird, bleibt abzuwarten. Die Entscheidung der Bezirksregierungen über die Verkürzung der Altenpflegeausbildung nach § 7 Absatz 2 Altenpflegegesetz des Bundes bleibt jedoch immer eine Einzelfallentscheidung. Hinsichtlich des beruflichen Einsatzes sind eine „generelle Anerkennung in der Altenpflege“ oder Vorgaben für die Arbeitsagenturen, Kranken- und Pflegekassen für den Personaleinsatz in der Pflege durch die Landesregierung nicht möglich. Insbesondere ist eine Gleichstellung der Sozialassistentinnen bzw. Sozialassistenten mit Absolventinnen und Absolventen der dreijährigen Pflegefachkraftausbildungen aus fachlichen Gründen abzulehnen.