LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/785 03.09.2012 Datum des Originals: 31.08.2012/Ausgegeben: 06.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 300 vom 30. Juli 2012 der Abgeordneten Angela Freimuth und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/466 Die „Kompensationsmittel“ reichen nicht aus – Inwieweit werden Qualitätsverluste und unsichere Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen weiter zunehmen? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 300 mit Schreiben vom 31. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die von Rot-Grün bei 249 Millionen Euro gedeckelten „Ausgleichsmittel“ für den Wegfall der Studienbeiträge reichen bei weitem nicht aus, um die Beitragsverluste der einzelnen Hochschulen auszugleichen. Hinzu kommt, dass eine Anpassung an die ansteigenden Studierendenzahlen nicht erfolgt, was vor allem die Hochschulen, die den Höchstsatz von 500 Euro als Studienbeitrag erhoben haben, noch stärker in Bedrängnis bringt. Denn diese mussten bereits im ersten Jahr des Wegfalls der Studienbeiträge Einnahmeverluste von bis zu 20 Prozent hinnehmen. Der Blick auf die Entwicklung der Studierendenzahlen verdeutlicht, welche finanzielle Lücke schon jetzt bei den Hochschulen klafft: Im Wintersemester 2009/2010 als Basisjahr der „Ausgleichsmittel“ studierten rund 500.000 junge Menschen in Nordrhein-Westfalen. Im Wintersemester 2011/2012 sind es bereits über 586.000. Von einer Möglichkeit, die Studienbedingungen weiter zu verbessern, kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Vielmehr geht es an vielen Hochschulen nur noch darum, den Status quo annährend aufrechtzuerhalten. Da die Haushaltslage vieler Hochschulen bereits stark angespannt ist, gefährdet die mangelhafte Kompensation die Qualität der Lehre erheblich. Dies bringt nicht absehbare Folgen für das nächste Haushaltsjahr und die Zukunft des Lehrangebots mit sich. Die Studienbedingungen verschlechtern sich bereits jetzt vielerorts: So verschlechtert sich die Betreuungsrelation, das Angebot an Seminaren und Tutorien wird eingeschränkt, studienbegleitende und unterstützende Beratungsmaßnahmen werden reduziert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/785 2 Besonders prekär ist die Lage für diejenigen, deren Beschäftigungsverhältnis aus den „Kompensationsmitteln“ finanziert wird. Dies betrifft überwiegend wissenschaftliche Mitarbeiter, die Tutorien bzw. Repetitorien abhalten oder den Studierenden beispielsweise zu Fragen über Auslandssemester, Praktika im Ausland und Karrierechancen mit Auslandsbezug beratend zur Seite stehen. Wurden diese Mitarbeiter zu Zeiten der Studienbeiträge noch mit 1 bis 3 Jahresverträgen ausgestattet, erhalten sie aktuell in der Regel nur noch auf 6 bis 12 Monate befristete Verträge. Sie haben deshalb eine größere Unsicherheit, ob ihr Arbeitsvertrag verlängert wird. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass vielen Hochschulen weniger Mittel als vor dem Wegfall der Studienbeiträge zur Verfügung stehen. Hinzu kommt, dass im Zuge der gedeckelten „Ausgleichsmittel“ im Gegensatz zu den Einnahmen aus den Studienbeiträgen mehr Studierende nicht zu mehr, sondern in der Regel zu weniger Mitteln führen. Denn die Summe, die die jeweilige Hochschule aus den „Kompensationsmitteln“ erhält, muss bei gleichbleibender Grundlage aufgrund der weiter ansteigenden Studierendenzahlen jährlich neu ermittelt werden. Damit besteht keine längerfristige Planungsmöglichkeit mehr. Häufig entscheidet sich sehr kurzfristig, ob noch Mittel zur Verfügung stehen, um das Beschäftigungsverhältnis weiterzuführen. Die Mitarbeiter, die an den Hochschulen zur Sicherung der Qualität der Studienbedingungen dringend gebraucht werden, leiden unter dieser unsicheren Situation. Mit Blick auf steigende Studierendenzahlen und insbesondere den Studierendenansturm im Zuge des doppelten Abiturjahrgangs nächstes Jahr gehen viele von ihnen davon aus, dass sie sich auf die Suche nach einer neuen Tätigkeit begeben müssen, da die Hochschulen angesichts der Mittelknappheit dazu gezwungen sein werden, die weiter sinkenden „Ausgleichsgelder“ für eine Aufrechterhaltung des eigentlichen Lehrbetriebs zu verwenden. Für zusätzliche Seminare, Beratungsangebote, Tutorien und Repetitorien wird dann kein Geld mehr vorhanden sein. 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand, dass die mit Hilfe der "Ausgleichsmittel" finanzierten Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen wegen der mangelnden Planungssicherheit zunehmend nur noch auf 6 bis 12 Monate befristet sind? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Anzahl und Laufzeiten befristeter Beschäftigungsverhältnisse differenziert nach unterschiedlichen Mittelherkünften vor. Planungssicherheit haben die Hochschulen u.a. in Bezug auf die gesetzliche Verpflichtung des Landes, jährlich mindestens 249 Mio. Euro für Maßnahmen zur Verbesserung der Studienbedingungen bereitzustellen. Die Landesregierung sieht im Hinblick auf die Planungssicherheit insoweit keinerlei Verschlechterung gegenüber dem vormaligen Studienbeitragsgesetz. 2. Was bringt dieser Umstand nach Auffassung der Landesregierung für die Betroffenen mit sich? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Beschäftigungsverhältnisse zu sichern? Siehe Antwort zu Frage 1. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/785 3 4. Inwieweit geht die Landesregierung mit Blick auf das derzeitige Niveau der "Ausgleichsmittel" davon aus, dass sich vor allem an den Hochschulen, die schon im ersten Jahr nach Wegfall der Studienbeiträge Verluste haben hinnehmen müssen, die Qualität der Lehre und Studienbedingungen verbessern wird? Die Qualitätsentwicklung und -sicherung ist primär Aufgabe der Hochschule. Die vom Land zusätzlich zur Verfügung gestellten Qualitätsverbesserungsmittel stehen daher nur für solche Maßnahmen zur Verfügung, die über den Status quo hinausgehen. Darüber hinaus stehen den Hochschulen weitere Mittel zur Verbesserung der Qualität in Studium und Lehre zur Verfügung, wie etwa die Mittel aus dem Bund-Länder-Programm "Qualität der Lehre" und weiteren Programmen. 5. Was bedeutet es nach Einschätzung der Landesregierung für die Studierenden, wenn Angebote wie Beratungsmaßnahmen, Tutorien, Seminare und Repetitorien an den Hochschulen wegen Mittelknappheit stark eingeschränkt werden bzw. nicht mehr angeboten werden können? Die Landesregierung sieht unter Einbeziehung der Antwort zu Frage 4 keine Anzeichen für eine Mittelknappheit. Vielmehr sichert eine belastungsgerechte Verteilung der Qualitätsverbesserungsmittel die Qualität von Lehre und Studium auch an den Hochschulen, die früher keine oder nur geringe Studienbeiträge erhoben haben oder wegen der Zusammensetzung der Studierendenschaft überproportional von der Härtefallregelung Gebrauch machen mussten.