LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/789 03.09.2012 Datum des Originals: 03.09.2012/Ausgegeben: 06.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 313 vom 3. August 2012 der Abgeordneten Marcel Hafke und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/486 Welche Kriterien muss ein U3-Betreuungsplatz erfüllen, um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 313 mit Schreiben vom 3. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 1. August 2013 tritt bundesweit der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr in Kraft. 144.000 U3-Plätze soll es bis dahin in Nordrhein-Westfalen geben. Dies wurde auf dem sogenannten „Bund-Länder-Krippengipfel“ in den Jahren 2007/2008 unter Bezugnahme auf den vom Deutschen Jugendinstitut München für Nordrhein-Westfalen im Landesdurchschnitt prognostizierten Bedarf vereinbart. Der Blick auf diese Zielmarke macht deutlich, dass es in Nordrhein-Westfalen noch viel zu tun gibt. Zumal sich schon jetzt abzeichnet , dass die angepeilte Bedarfsdeckungsquote von 32 Prozent in Ballungsräumen nicht ausreichen wird. Noch immer fehlen landesweit allein bis zum Erreichen dieser Bedarfsdeckungsquote mindestens 27.000 Plätze. Im Zuge des weiter dringend notwendigen Ausbauprozesses stellt sich gerade im ländlichen Bereich die Frage, welche Kriterien ein Betreuungsplatz für Unterdreijährige erfüllen muss, um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden. Dies betrifft vor allem den Bereich der wohnortnahen Versorgung im Sinne von § 24 Absatz 1 SGB VIII. Denn im Hinblick auf die tägliche Inanspruchnahme kommt der Entfernung des Kindergartenplatzes vom Wohnort ähnlich wie bei dem Schulbesuch zentrale Bedeutung zu. Der Kindergarten muss für das Kind und seine Eltern „erreichbar“ sein. Dazu genügt es nicht, dass „irgendwo“ ein Kindergartenplatz angeboten wird. Hierbei kommt es wie bei der Schülerfahrtkostenverordnung auf die jeweiligen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/789 2 örtlichen Gegebenheiten an. Die Verhältnisse in einer Großstadt gestalten sich insoweit anders als in einem ländlich strukturierten Gebiet mit überwiegend kleineren Gemeinden. In vielen kleineren Gemeinden, die weit davon entfernt sind, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige gewährleisten zu können, stellt sich nun die Frage, welche Entfernungen zum Betreuungsplatz den Kindern und Eltern zugemutet werden können. Darüber hinaus könnte auch die interkommunale Zusammenarbeit in Gemeindegrenzgebieten eine wichtige Rolle spielen. 1. Welche Kriterien muss ein von der Kommune angebotener Betreuungsplatz erfül- len, um den ab dem 1. August 2013 geltenden Rechtsanspruch für unterdreijährige Kinder zu erfüllen? 2. Welche Entfernung zu einem U3-Betreuungsplatz ist nach Auffassung der Lan- desregierung für Kinder und Eltern zumutbar (bitte differenziert nach ländlich und städtisch strukturierten Gebieten)? Der Bundesgesetzgeber, der im SBG VIII den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz normiert hat, hat hinsichtlich der Entfernung des Betreuungsangebotes zum Wohnort des Kindes keine gesetzliche Vorgabe formuliert. In der juristischen Literatur wird gerade auch hinsichtlich dieser Frage richtigerweise auf die örtliche Jugendhilfeplanung hingewiesen. Letztlich ist den örtlichen Gegebenheiten und Bedarfen Rechnung zu tragen. Dem könnte eine allgemein gültige Antwort nicht gerecht werden. Zudem sind immer auch die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. 3. Inwieweit kann die Landesregierung Kommunen unterstützen, die bei der Schaf- fung von weiteren U3-Plätzen sinnvollerweise über die Gemeindegrenzen hinweg kooperieren wollen? Das Land leistet seinen Finanzierungsanteil für alle Kinder in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege, die einen Betreuungsplatz in Nordrhein-Westfalen in Anspruch nehmen (§ 21 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 KiBiz). 4. Kann sich eine Kommune unabhängig vom tatsächlichen Bedarf durch das Er- reichen der U3-Bedarfsdeckungsquote von 32 Prozent vor Klagen schützen bzw. sich gegenüber Eltern, die keinen U3-Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen haben, ab Geltung des Rechtsanspruchs für einen U3-Betreuungsplatz auf das Erreichen der Bedarfsdeckungsquote von 32 Prozent berufen? Nein. Denn die Änderung des SGB VIII - von der objektiv-rechtlichen Verpflichtung hin zu einem Individualanspruch - zielt, worauf auch immer wieder hingewiesen worden ist, auf die tatsächliche Erfüllung des Bedarfs.