LANDTAG
NORDRHEIN
-
WESTFALEN
16
. Wahlperiode
Drucksache
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03.09.2012
Datum des Originals:
03.09.2012
/Ausgegeben:
06.09.2012
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein
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Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
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Westfalen unter
www.landtag.nrw.de
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
313 vom 3. August 2012
der Abgeordneten Marcel Hafke und Kai Abruszat FDP
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Welche Kriterien muss ein
U3
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Betreuungsplatz erfüllen, um dem Rechtsanspruch g
e-
recht zu werden?
Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport
hat die Kleine Anfrage 313
mit Schreiben vom 3. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit
dem Minister
für Inneres und Kommunales und dem Finanzminister beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Am 1. August 2013 tritt bundesweit der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer
Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege für Kinder ab dem
vollendeten ersten L
e-
bensjahr in Kraft. 144.000 U3
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Plätze soll es bis dahin in Nordrhein
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Westfalen geben. Dies
wurde auf dem sogenannten „Bund
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Länder
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Krippengipfel“ in den Jahren 2007/2008 unter
Bezugnahme auf den vom Deutschen Jugendinstitut München für
Nordrhein
-
Westfalen im
Landesdurchschnitt prognostizierten Bedarf vereinbart. Der Blick auf diese Zielmarke macht
deutlich, dass es in Nordrhein
-
Westfalen noch viel zu tun gibt. Zumal sich schon jetzt a
b-
zeichnet, dass die angepeilte Bedarfsdeckungsquote vo
n 32 Prozent in Ballungsräumen
nicht ausreichen wird. Noch immer fehlen landesweit allein bis zum Erreichen dieser B
e-
darfsdeckungsquote mindestens 27.000 Plätze.
Im Zuge des weiter dringend notwendigen Ausbauprozesses stellt sich gerade im ländlichen
Ber
eich die Frage, welche Kriterien ein Betreuungsplatz für Unterdreijährige erfüllen muss,
um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden. Dies betrifft vor allem den Bereich der wohno
r-
tnahen Versorgung im Sinne von § 24 Absatz 1 SGB VIII. Denn im Hinblick auf die
tägliche
Inanspruchnahme kommt der Entfernung des Kindergartenplatzes vom Wohnort ähnlich wie
bei dem Schulbesuch zentrale Bedeutung zu. Der Kindergarten muss für das Kind und seine
Eltern „erreichbar“ sein. Dazu genügt es nicht, dass „irgendwo“ ein Kinder
gartenplatz ang
e-
boten wird. Hierbei kommt es wie bei der Schülerfahrtkostenverordnung auf die jeweiligen
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örtlichen Gegebenheiten an. Die Verhältnisse in einer Großstadt gestalten sich insoweit a
n-
ders als in einem ländlich strukturierten Gebiet mit überwieg
end kleineren Gemeinden.
In vielen kleineren Gemeinden, die weit davon entfernt sind, den Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz für Unterdreijährige gewährleisten zu können, stellt sich nun die Frage, we
l-
che Entfernungen zum Betreuungsplatz den Kindern
und Eltern zugemutet werden können.
Darüber hinaus könnte auch die interkommunale Zusammenarbeit in Gemeindegrenzgebi
e-
ten eine wichtige Rolle spielen.
1.
Welche Kriterien muss ein von der Kommune angebotener Betreuungsplatz erfü
l-
len, um den ab dem 1.
August 2013 geltenden Rechtsanspruch für unterdreijähr
i-
ge Kinder zu erfüllen?
2.
Welche Entfernung zu einem U3
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Betreuungsplatz i
st nach Auffassung der La
n-
desre
gierung für Kinder und Eltern zumutbar (bitte differenziert nach ländlich
und städtisch struktu
rierten Gebieten)?
Der Bundesgesetzgeber, der im SBG VIII den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz
normiert hat, hat hinsichtlich der Entfernung des Betreuungsangebotes zum Wohnort des
Kindes keine gesetzliche Vorgabe formuliert. In der juristischen
Literatur wird gerade auch
hinsichtlich dieser Frage richtigerweise auf die örtliche Jugendhilfeplanung hingewiesen.
Letztlich ist den örtlichen Gegebenheiten und Bedarfen Rechnung zu tragen. Dem könnte
eine allgemein gültige Antwort nicht gerecht werden.
Zudem sind immer auch die Besonde
r-
heiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.
3
.
Inwieweit kann die Landesregierung Kommunen unterstützen, die bei der Scha
f-
fung von weiteren U3
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Plätzen sinnvollerweise über die
Gemeindegrenzen hinweg
kooperie
ren wollen?
Das Land leistet seinen Finanzierungsanteil
für alle Kinder in Kindertageseinrichtungen oder
in der Kindertagespflege, die einen Betreuungsplatz in Nordrhein
-
Westfalen in Anspruch
nehmen (§ 21 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 KiBiz).
4.
Kann sich eine Kommune
unabhängig vom tatsächlichen Bedarf durch das E
r-
reichen der U3
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Bedarfsdeckungsquote von 32 Prozent vor
Klagen schützen bzw.
sich gegen
über Eltern, die keinen U3
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Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen
haben, ab Geltung des Rechtsanspruchs für einen U3
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Betreu
ungsplatz
auf das
Erreichen der Bedarfsde
ckungsquote von 32 Prozent berufen?
Nein.
Denn die Änderung des SGB VIII
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von der objektiv
-
rechtlichen Verpflichtung hin zu
einem Individualanspruch
-
zielt, worauf auch immer wieder hingewiesen worden ist, auf di
e
tatsächliche Erfüllung des Bedarfs.