LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7901 10.02.2015 Datum des Originals: 10.02.2015/Ausgegeben: 13.02.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3053 vom 22. Januar 2015 des Abgeordneten Christian Möbius CDU Drucksache 16/7807 Macht die zunehmende Kriminalität selbst vor Kirchen nicht mehr halt? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3053 mit Schreiben vom 10. Februar 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Zahl der Einbrüche in Nordrhein-Westfalen steigt seit Jahren kontinuierlich an. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass in zunehmendem Maße auch Kirchen zu den Zielen der Einbrecher zählen. Kirchenfenster, vielfach aus denkmalgeschützter alter Bleiverglasung, werden eingeschlagen und Türen gewaltsam aufgebrochen. In vielen Fällen haben sich die Täter mit ebenso roher Gewalt Zutritt zu den Sakristeien verschafft. In einem Fall schlug der Einbrecher die Tür zur Sakristei mit einem alten Altarstein mit eingelegter Reliquie ein, der dadurch zerbrach. Gesucht wird, wie bei Wohnungseinbrüchen auch, nach allen denkbaren Wertgegenständen. Dabei werden Opferstöcke aufgebrochen, sakrale Gegenstände entwendet, Kirchentresore aufgebrochen oder auch Mobiltelefone und elektronische Anlagen gestohlen. Besorgniserregend ist nicht zuletzt die Skrupellosigkeit, mit der die Gotteshäuser unter Anwendung brachialer Gewalt beschädigt und bestohlen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7901 2 Vorbemerkung der Landesregierung: Der schwere Diebstahl in Kirchen/Kirchengebäuden wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht explizit erfasst. Datenquelle zur Beantwortung der Fragen 1 bis 4 ist daher das Integrative Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei NRW (IGVP). 1. Wie hat sich die Anzahl der Einbrüche in Kirchengebäude in den letzten fünf Jah- ren bis einschließlich 2014 entwickelt? Mit Stand 31.12.2014 wurden für den Zeitraum von 2010 bis 2014 insgesamt 3.504 Einbrüche in Kirchen oder Kapellen im Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei NRW erfasst. Die Taten verteilen sich auf die einzelnen Jahre wie folgt: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 Anzahl 676 704 779 684 661 2. Wie hoch ist die Anzahl der Fälle, die aufgeklärt werden konnten? Von den im nachgefragten Zeitraum registrierten 3.504 Einbrüchen in Kirchen oder Kapellen konnten 520 Taten geklärt werden. Dies entspricht einer Aufklärungsquote von 14,8 %. Die Ermittlungen bei den für das Jahr 2014 erfassten Fällen sind zum Teil noch nicht abgeschlossen , sodass sich die Anzahl der aufgeklärten Fälle noch erhöhen kann. Die aufgeklärten Fälle verteilen sich auf die einzelnen Jahre wie folgt: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 Anzahl 108 100 115 111 86 3. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zur Nationalität (und Religions- zugehörigkeit) der ermittelten Täter vor? Im Zeitraum von 2010 bis 2014 konnten insgesamt 785 Tatverdächtige (TV) ermittelt werden. Die Religionszugehörigkeit von TV wird im Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei NRW nicht erfasst. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7901 3 Die Nationalitäten der ermittelten TV stellen sich wie folgt dar: Nationalität Anzahl der TV deutsch 599 TV (76,31%) bosnisch-herzegowinisch 29 TV (3,69%) rumänisch 27 TV (3,44%) polnisch 25 TV (3,18%) türkisch 22 TV (2,80%) serbisch 10 TV (1,27%) italienisch 9 TV (1,15%) bulgarisch 8 TV (1,02) ohne Angabe 10 TV (1,27%) Weitere Nationalitäten (jeweils unter 1%) 46 TV (5,87%) 4. Wie hoch ist die Schadenshöhe, die durch die Einbrüche und Diebstähle in Kir- chengebäuden in den vergangenen fünf Jahren entstanden ist? Die für den Zeitraum von 2010 bis 2014 erfasste Gesamtschadenshöhe (einschließlich Sachschäden) beträgt 2.557.275,88 €. Der Wert des Diebesgutes wird mit 1.442.913,66 € beziffert. Die Gesamtschadenshöhe und der materielle Wert des Diebesgutes verteilen sich auf die einzelnen Jahre wie folgt: Jahr Schadenshöhe 2010 421.911,18 €, davon 28.975,82 € Diebesgut 2011 509.105,00 €, davon 421.753,76 € Diebesgut 2012 533.514,56 €, davon 314.641,58 € Diebesgut 2013 512.672,67 €, davon 319.769,20 € Diebesgut 2014 580.072,47 €, davon 357.773,30 € Diebesgut LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7901 4 5. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um einen besseren Schutz vor kriminellen Handlungen an und in Kirchengebäuden zu gewährleisten ? Die Landesregierung nimmt die Bekämpfung der Einbruchskriminalität sehr ernst. Sie hat daher den Polizeibehörden bereits im Jahr 2010 landesweit zu berücksichtigende Handlungsempfehlungen gegeben. Unabhängig von Tatobjekten/Tatörtlichkeiten sind im Rahmen der Kriminalitätskontrolle demnach insbesondere die nachfolgend aufgeführten repressiven und präventiven Maßnahmen durchzuführen:  Örtliche und überörtliche Analyse und Auswertung sowie operativ orientierte Zusammenführung von Erkenntnissen  Umfassende und systematische Spurensuche und -sicherung durch spezialisierte Fachkräfte  Örtliche und überörtliche Fahndungskonzepte und -maßnahmen  Beratungen zu technischen Sicherungen der Gebäude und zu Verhaltensmaßnahmen . Das Landeskriminalamt unterstützt die Kreispolizeibehörden durch einen Informations- und Nachrichtenaustausch mit anderen Ländern und Staaten und stellt aktuelle überregionale Lagebilder zur Auswertung zur Verfügung. Eine operative Auswertung und Analyse von Straftaten und Hinweisen sowie eine sorgfältige und systematische Spurensuche und -sicherung ermöglichen es den Kreispolizeibehörden, deliktische Brennpunkte und Tatserien frühzeitig zu erkennen. Auf dieser Erkenntnisgrundlage führen die Behörden dann unmittelbar sowohl verdeckte und gezielt täterorientiert ausgerichtete Observationen wie auch offene Präsenzmaßnahmen durch. Soweit Erkenntnisse zu mobilen und überörtlich agierenden Tätern bzw. Tätergruppierungen vorliegen, werden die Ermittlungen durch die besonders leistungsstarken Kriminalhauptstellen im Rahmen der Konzeption MOTIV („Mobile Täter im Visier“) geführt.