LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7958 19.02.2015 Datum des Originals: 19.02.2015/Ausgegeben: 24.02.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3043 vom 19. Januar 2015 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/7761 Angriff auf Asylbewerberheim in Porta Westfalica – welche Informationen hat die Landesregierung ? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3043 mit Schreiben vom 19. Februar 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt dürfen auch in der Stadt Porta Westfalica (circa 36.000 Einwohner) keinen Platz haben. Als einziger überregionaler Abgeordneter der Stadt Porta Westfalica ist es mir deshalb ein besonderes Anliegen, nähere Hintergründe zu einem Vorfall beim Asylbewerberheim in Porta Westfalica-Vennebeck zu erfahren, der sich Presseberichten zu Folge in der Nacht zum 17. Januar 2015 ereignet hat. Nach einem Bericht des Mindener Tageblatts vom 19. Januar 2015 besteht der Verdacht auf eine politisch motivierte Straftat, weshalb „der Staatsschutz der Polizei Bielefeld die Ermittlungen übernommen “ hat. Konkret sollen, wie auch das Westfalen-Blatt in der Ausgabe vom 19. Januar 2015 berichtet, „sechs Männer mit Paintballwaffen auf Fenster und Türen der Asylbewerberunterkunft “ geschossen haben. Zugleich seien „ausländerfeindliche Parolen“ gerufen worden . Die Farbkugeln sollen an der ehemaligen Grundschule, die als Übergangsheim dient, zerplatzt sein. Weiterer Schaden soll nicht entstanden sein. Die Kreispolizeibehörde Minden soll alle verfügbaren Streifenwagen zur Fahndung eingesetzt und deshalb keine Beamten vor Ort belassen haben. Dieses sollen die Täter ausgenutzt haben und „nach etwa einer Stunde zum Asylbewerberheim zurückgekehrt sein. Sie hämmerten an Türen und Fenster, riefen erneut auf hochdeutsch ausländerfeindliche Sprüche – und entkamen“ (vergleiche Westfalen-Blatt vom 19.01.2015). Nach Informationen des Westfalen-Blatts „kam der Anschlag möglicherweise mit Ansage“. Die Rechtsradikale Partei „Der III. Weg“ soll mit Flugblättern bereits Ende 2014 auf die Einrichtung der Asylbewerberunterkunft in Porta Westfalica reagiert haben. Weiter heißt es in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7958 2 dem Zeitungsbericht, dass diese Partei im Dezember angekündigt habe, „in den kommenden Wochen würden Aktivisten in der Region mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die Verausländerung unserer Heimat aufmerksam machen“. 1. Aus welchen Gesichtspunkten heraus ist zur Sicherung des Asylbewerberheims unmittelbar nach dem Vorfall nicht wenigstens ein Streifenwagen vor Ort verblieben , durch dessen Präsenz die Rückkehr der Täter möglicherweise hätte verhindert werden können? In der Nacht zum 17. Januar 2015 beschossen bislang unbekannte Täter eine kommunale Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkunft in Porta Westfalica mit sogenannten PaintballKugeln . Die zeitnah eintreffenden Polizeibeamten nahmen den Sachverhalt entgegen und fahndeten anschließend nach den flüchtigen Tätern. Für eine erneute Tatbegehung lagen zu diesem Zeitpunkt weder Erkenntnisse vor, noch war eine solche nach kriminalistischer Erfahrung zu erwarten. Nach Bekanntwerden der atypischen Begehung einer weiteren Straftat zeitnah zu dem zunächst bekannt gewordenen Vorfall wurden an der Unterkunft Objektschutzmaßnahmen während der Nachtstunden veranlasst. 2. Welche Informationen lagen beziehungsweise liegen der Landesregierung über die möglichen Täter vor? Der oder die Täter wurden bislang nicht ermittelt. Insoweit liegen keine Informationen über die möglichen Täter vor. In der Tatnacht wurden im Umkreis von ca. sechs Kilometern zu der kommunalen Asylbewerber - und Flüchtlingsunterkunft in Porta Westfalica drei weitere Tatobjekte mit gelber Farbanhaftung festgestellt, die den Rückschluss zulassen, ebenfalls mit sogenannten Paintball -Kugeln beschossen worden zu sein. Die Ermittlungen zu allen Straftaten werden durch den Polizeilichen Staatsschutz Bielefeld Phänomen übergreifend in alle Richtungen geführt. 3. Angesichts des Presseberichts, wonach es sich möglicherweise um einen „An- schlag mit Ansage“ gehandelt haben soll: Inwieweit haben die Sicherheitsbehörden des Landes nach Bekanntwerden solcher Drohungen hierauf konkret und präventiv reagiert? Die Sicherheitsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen erheben fortwährend sicherheitsrelevante Erkenntnisse. Diese sind Grundlage der Beurteilung der Gefährdungslage und darauf basierender Schutzmaßnahmen. Die Beurteilung der Gefährdungslage wird von den Kreispolizeibehörden vorgenommen. Hierin fließt neben den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes auch die regionale Sicherheitslage ein. Polizeiliche Maßnahmen des Objektschutzes werden auf der Grundlage der bundeseinheitlichen Regelungen der Polizeidienstvorschrift „Personen- und Objektschutz“ PDV 129 (VS-NfD) durchgeführt . Danach umfasst der Objektschutz alle Maßnahmen, die zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen gefährdete Objekte getroffen werden. Durch polizeiliche Objektschutzmaßnahmen sollen insbesondere Vorbereitungshandlungen erkannt, Beschädigungen oder LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7958 3 Zerstörungen und das Eindringen von Gefährdern verhindert werden; ggf. sind Beweise zu sichern und Tatverdächtige festzunehmen. Bereits im Oktober 2014 wurde durch das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) vor dem Hintergrund der damaligen Lage veranlasst , dass an Zentralen Unterbringungseinrichtungen, Notaufnahmeeinrichtungen, Erstaufnahmeeinrichtungen sowie sonstigen zentralen Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften die Kreispolizeibehörden verstärkte anlassbezogene Aufklärungsmaßnahmen sowie eine deutlich sichtbare polizeiliche Präsenz mit lageangepasster Verweildauer an den Unterkünften durchführen. Darüber hinaus wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend sensibilisiert. Nach den Vorfällen am 17.01.2015 in Porta Westfalica führte die Kreispolizeibehörde Minden -Lübbecke aufgrund der aktuell durchgeführten Beurteilung der Gefährdungslage lageangepasste Schutz- und Aufklärungsmaßnahmen an Übergangsheimen im Kreis MindenLübbecke durch. Ein Bekanntwerden der konkreten polizeilichen Schutzkonzeption könnte dazu führen, dass potenzielle Straftäter diese mit dem Ziel analysieren, die polizeilichen Schutzkonzeptionen zur Begehung von zukünftigen Straftaten zu unterlaufen. Insoweit wäre eine Offenlegung geeignet, die öffentliche Sicherheit zu gefährden. 4. Welche Maßnahmen werden seitens der Landesregierung angeordnet, die Si- cherheit an Übergangsheimen im Kreis Minden-Lübbecke zu gewährleisten? siehe Antwort zu Frage 3) 5. Angesichts des Vorfalls beim Asylbewerberheim in Porta Westfalica und der all- gemeinen Entwicklung bei Wohnungseinbrüchen in der Region: Was tut die Landesregierung konkret, um die Präsenz der Polizei auf dem Gebiete der Stadt Porta Westfalica im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger zu verstärken? Die personelle Ausstattung der Kreispolizeibehörden (KPB) erfolgt auf der Grundlage belastungsbezogener Kriterien. Hierzu gehört maßgeblich die landesweite Entwicklung des Kriminalitäts - und Verkehrsunfallgeschehens. Die Verteilung des Personals innerhalb der KPB obliegt den Behörden grundsätzlich selbst. Sie stehen in erster Linie in der Verantwortung, das ihnen zugewiesene Personal lageangepasst einzusetzen, um die Aufgaben in ihrem Polizeibezirk zu erfüllen und dabei die örtliche Sicherheitslage zu berücksichtigen.