LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8020 27.02.2015 Datum des Originals: 27.02.2015/Ausgegeben: 04.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3089 vom 29. Januar 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/7860 Positive Veränderungen nach der Diskussion um Leserbriefe? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3089 mit Schreiben vom 27. Februar 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Novemberausgabe 2013 und der Märzausgabe 2014 der GdP-Zeitung „Deutsche Polizei“ hatte die Bochumer Polizistin T. K. einen Respekt- und Autoritätsverlust insbesondere von straffälligen Migranten und integrationsfernen Milieus gegenüber Polizistinnen und Polizisten beklagt. Ihre Worte fanden im letzten Frühjahr große Aufmerksamkeit. Innerhalb der Polizei, in den Medien und im öffentlichen Raum wurden die Thesen und Erfahrungen der Polizistin diskutiert. Auch Landesinnenminister Jäger diskutierte mit Ihr auf einer Podiumsdiskussion der GdP. Vor etwa einem Jahr hat die Landesregierung in der Drucksache 16/5854 meine Fragen zum Thema teilweise beantwortet. Innenminister Jäger führt darin aus, dass er den Anteil an Polizeibeamten mit Migrationshintergrund erhöhen wolle, dass er für mehr Transparenz bei Strafanträgen von Polizisten gegen Täter einstehe und dass er an seiner deeskalierenden Einsatzstrategie festhalten wolle. Der Schutz von Beamten „vor jeglicher Form der Gewalt und deren Folgen hat für die Landesregierung höchste Prioritär“, so der Landesinnenminister. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung tut weiterhin alles was sinnvoll ist, um Gewalt und zunehmende Respektlosigkeit gegen unsere Polizeibeamtinnen und -beamten zu verhindern. Angriffe auf diejenigen, die uns schützen, sind völlig inakzeptabel. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8020 2 Wie bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2219 (Drucksache 16/5854) dargestellt, wurden im Ergebnis der NRW Studie „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ 25 Handlungsempfehlungen dargestellt, die Hinweise auf mögliche Handlungsfelder mit Verbesserungsbedarf in den fünf betrachteten Bereichen der Polizei (Betreuung und Fürsorge, Aus‐ und Fortbildung, Einsatznachbereitung, Belastung, Ausstattung) geben. Der größte Teil der im MIK NRW im Jahr 2014 entwickelten Umsetzungsschritte zu den Handlungsempfehlungen ist aktuell verwirklicht. Dadurch konnten die bereits guten Standards insbesondere in den Bereichen Aus- und Fortbildung, Betreuung und Fürsorge, Nachbereitung und Ausstattung optimiert werden (so wurden z. B. 800 Maßnahmen der Zentralen Fortbildung überprüft und - soweit erforderlich - angepasst). Unabhängig von den schon etablierten Maßnahmen zum Schutz der Polizeibeamtinnen und -beamten, ist auch zukünftig die regelmäßige Befassung mit dem Thema „Gewalt gegen PVB“ in den unterschiedlichsten Bereichen der Polizei beabsichtigt. Dies ist notwendig, um die Sensibilität für das Thema auszuschärfen, Entwicklungen in diesem Bereich genau zu beobachten und so die bestehenden Standards zu konsolidieren bzw. ggf. anzupassen und weiter zu entwickeln. 1. Wie haben sich die Straftaten gegenüber Polizistinnen und Polizisten in den letzten fünf Jahren entwickelt? Datenquelle zur Beantwortung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS). Dargestellt werden alle Straftaten, bei denen Polizeivollzugsbeamtinnen /Polizeivollzugsbeamte (PVB) in der PKS als Opfer erfasst worden sind. In der PKS werden nach den bundesweiten Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik Opferdaten beim überwiegenden Teil der Straftaten gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die persönliche Freiheit sowie bei Rohheitsdelikten erfasst. Hinzu kommt die Erfassung von Opferdaten bei den Delikten Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte, Vollstreckungsbeamte und Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen sowie bei Brandstiftung mit Todesfolge, Körperverletzung im Amt und Einschleusung mit Todesfolge. Die Erfassung von Opferdaten bei „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ erfolgt erst seit einer Änderung der bundesweiten Richtlinien zur Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik ab dem Jahr 2011. Daher enthalten die Fallzahlen der Straftaten gegen PVB erst ab 2011 auch die Fallzahlen von „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ und begründen den erheblichen Anstieg der Taten zwischen dem Jahr 2010 und 2011 und zwar von 1.095 Straftaten bei denen mindestens ein PVB in der PKS als Opfer erfasst wurde im Jahr 2009 und 1.250 im Jahr 2010 auf 6.039 im Jahr 2011, 6.652 im Jahr 2012 und 7.085 im Jahr 2013. 2. Wie viele Vorfälle wurden nach einer rechtlichen Prüfung nicht zur Anzeige gebracht? In der PKS werden nur angezeigte Straftaten erfasst. Andere Daten zur Beantwortung dieser Frage liegen der Landesregierung nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8020 3 3. Wie ist die Entwicklung der Polizeibeamten mit Migrationshintergrund in den letzten fünf Jahren? Grundsätzlich werden bei der Polizei NRW keine Statistiken über den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im Vollzugsdienst geführt. Seit dem Jahr 1993 wird jedoch bei den jährlichen Neueinstellungen in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund statistisch erfasst. Nach der im Polizeivollzugsdienst NRW genutzten Definition des Personenkreises mit Migrationshintergrund, die als Grundlage der vorgenommenen statistischen Erhebungen diente, werden folgende Personen erfasst: a) Ausländerinnen / Ausländer, d.h. alle Personen mit einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit b) Deutsche, ausländischer Herkunft, dazu zählen: Bewerberinnen/Bewerber die ehemals eine andere Staatsangehörigkeit hatten (Eingebürgerte) Spätaussiedlerinnen /Spätaussiedler Bewerberinnen/Bewerber mit mindestens einem ausländischen Elternteil (diese Gruppe wird erst ab der Einstellungskampagne 2010 erfasst) Die Anzahl der im Polizeivollzugsdienst NRW neu eingestellten Personen mit Migrationshintergrund hat sich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt: Einstellungen gesamt: 2010 1100 davon 124 Migranten 11,27% 2011 1400 davon 143 Migranten 10,21% 2012 1400 davon 161 Migranten 11,50% 2013 1477 davon 131 Migranten 8,87% 2014 1499 davon 176 Migranten 11,74% 4. Welche konkreten zusätzlichen Maßnahmen hat die Landesregierung im vergangenen Jahr zum Schutz von Polizistinnen und Polizisten vor physischer und psychischer Gewalt ergriffen? Um unsere Polizeibeamtinnen und -beamten bei ihrer täglichen Arbeit bestmöglich vor Gewalt zu schützen, hat das MIK bereits in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit umgesetzt. Exemplarisch seien hier genannt:  Ausstattung aller operativ tätigen PVB mit einer persönlichen Unterziehschutzweste (Schutzklasse I) mit Stichschutz  Einführung einer neuen, funktionalen Überziehschutzweste (Schutzklasse I)  Bereitstellung moderner, leistungsfähiger Funkstreifenwagen mit einem Videoeigensicherungssystem  Einführung des Pfeffersprays  Ausstattung der Bereitschaftspolizei mit verbesserten Einsatzschutzanzügen, Körperschutzausstattungen und mit dem Reizstoffsprühgerät RSG 4 (400 ml Pfefferspray)  Einführung der Dienstwaffe Walther P99 DAO einschließlich neuer Holster mit verbesserter Wegnahmesicherung und einer wirksameren Polizeimunition LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8020 4  Beschaffung von Einsatzschutzhelmen und sogenannten Einsatzmehrzweckstöcken für den Wachdienst  Einführung von Impulsschall - Gehörschutzstöpseln (ISGS) und Freigabe für alle Organisationseinheiten  Vorbereitung von Polizeibeamtinnen und -beamten auf Konfliktsituationen durch Ausund Fortbildung zu den Themen Stressbewältigung, Konflikthandhabung, Einsatzkommunikation  Bereitstellung eines informativen und aktuellen Eigensicherungsportals im INTRAPOL Neben den in den Vorbemerkung erwähnten Maßnahmen wurden im Jahr 2014 u. a.  die besondere Bedeutung der Stellung eines Strafantrages in einem Brief an die Behördenleiter verdeutlicht,  der Landesteil zur Polizeidienstvorschrift (PDV) 100 VS-NfD, LT -D- (Betreuung) neu geregelt und in Kraft gesetzt,  im Fachportal „Einsatz“ ein Artikel „Hilfsangebote“ mit Kurzinformationen zu Betreuungsund Beratungsangeboten eingerichtet. Von dieser Seite erfolgt eine Verlinkung zu den jeweiligen Angeboten.  das Rechercheprogramm „NapolEOn“ (Nachbereitung polizeilicher Einsatzlagen Online - mit der alle PVB zukünftig selbstständig auf Erfahrungen aus Nachbereitungen polizeilicher Einsatzlagen zurückgreifen können) freigegeben. Durch den Erfahrungsaustausch kann das einsatztaktische Verhalten angepasst und die Einsatzvorbereitung verbessert werden. Damit können gefahrenträchtige Situationen, die zu Gewaltübergriffen führen können, verringert werden (aus den Erfahrungen anderer lernen für zukünftige Einsatzlagen). 5. In welcher Funktion bzw. welchem Rang arbeitet T.K. heute für die Polizei NRW? Leider ist es aus datenschutzrechlichen Gründen nicht möglich, die aktuelle Funktion bzw. die Amtsbezeichnung der betroffenen Landesbeamtin mitzuteilen. Da gemäß § 92 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen auch die schriftlichen Antworten gedruckt und verteilt werden, ist mir die Herausgabe solch persönlicher Daten einer einzelnen Landesbeamtin nicht möglich.