LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8049 03.03.2015 Datum des Originals: 27.02.2015/Ausgegeben: 06.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3038 vom 15. Januar 2015 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/7754 Wie ermittelt die Landesregierung den Unterstützungsbedarf von Flüchtlingsfamilien bei der Betreuung ihrer Kinder? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 3038 mit Schreiben vom 27. Februar 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ausländer, die rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen haben, besitzen Anspruch auf die Leistungen des Achten Sozialgesetzbuchs. Die in Nordrhein-Westfalen lebenden Flüchtlinge haben damit auch den in § 24 SGB VIII normierten Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege für ihre Kinder. Flüchtlingskinder haben einen besonderen Bedarf an Fürsorge: In jungen Jahren werden sie aus ihrer Heimat entwurzelt, leben in wechselnden Unterkünften mit fremden Menschen und sind zudem häufig durch die Umstände der Flucht schwer traumatisiert. Für diese Kinder muss daher sichergestellt werden, dass sie an den Betreuungs- und Bildungsangeboten in Nordrhein-Westfalen partizipieren können. Wie aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage 2941 hervorgeht, ist der Landesregierung jedoch nicht bekannt, wie viele Flüchtlingskinder derzeit in nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen betreut werden. Allerdings äußert die Landesregierung in derselben Antwort , dass die beabsichtigten 175 zusätzlichen Stellen für Erzieherinnen und Erzieher zum Zwecke ergänzender Betreuungsmaßnahmen auf Basis einer derzeit vorliegenden „Erkenntnislage “ geschaffen werden. Dies wirft die Frage auf, wie der zusätzliche Betreuungsbedarf ermittelt wurde, obwohl eine entsprechende Statistik nicht geführt wird. Zum Wohle aller Flüchtlingskinder in Nordrhein-Westfalen ist es jedoch unabdingbar, dass der notwendige Bedarf korrekt ermittelt wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8049 2 Überraschend ist daher auch die Auskunft der Landesregierung, dass die Zahl der am Sprachfeststellungsverfahren Delfin-4 teilnehmenden Flüchtlingskinder gemäß § 36 des Schulgesetzes NRW ebenfalls nicht bekannt ist. Für eine gelingende Integration in die Gesellschaft ist das Beherrschen der deutschen Sprache Grundvoraussetzung. Da die meisten Flüchtlingskinder ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland gekommen sind, muss sich diese Maßnahme ganz besonders an diese Kinder adressieren. Es stellt sich daher die Frage , wie die Landesregierung gewährleistet, dass der Sprachstand aller Flüchtlingskinder, besonders jener, die keine Kita besuchen, auch festgestellt wird. Vorbemerkung der Landesregierung Seit 2010 setzt sich die Landesregierung für mehr Chancengleichheit und den Abbau von Bildungsbenachteiligungen von Kindern ein und setzt insbesondere beim quantitativen wie auch beim qualitativen Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Dieses große Engagement für alle Kinder umfasst selbstverständlich auch die Förderung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien, die in ganz besonderem Maße auf ihre besonderen Bedürfnisse zugeschnittener Unterstützungsangebote bedürfen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass in Nordrhein-Westfalen immer mehr Flüchtlinge ankommen, hat die Landesregierung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Haushalt 2015 schnell und den Notwendigkeiten angemessen entschieden, zusätzliche Gelder für die Förderung von Unterstützungsangeboten für diesen Bereich zur Verfügung zu stellen. Hierfür erfolgte eine Kalkulation zur Höhe der Mittel auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen. 1. Worauf basiert die „derzeitige Erkenntnislage“ der Landesregierung, nach der der Bedarf von 175 zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern für zusätzliche Betreuungsangebote für Flüchtlingsfamilien besteht, wenn überhaupt nicht bekannt ist, wie viele Flüchtlingskinder in Kindertageseinrichtungen betreut bzw. nicht betreut werden? Die Erkenntnislage der Landesregierung zum zusätzlichen Personalbedarf für Betreuungsangebote für Flüchtlingsfamilien basiert auf Schätzungen und Hochrechnungen auf der Grundlage von Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu Asylanträgen von Personen im Alter von 0 bis 6 Jahren in Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2014. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 2. Beabsichtigt die Landesregierung zukünftig zu ermitteln, wie viele Flüchtlingskin- der in Kindertageseinrichtungen betreut bzw. nicht betreut werden? Die Landesregierung richtet ihr Engagement derzeit vorrangig darauf, dass die zur Verfügung stehenden Mittel vor Ort in sinnvollen Projekten passgenau eingesetzt werden können. Deshalb steht das Kinder- und Jugendministerium im Dialog mit Kommunen und Trägerverbänden , die sich bereits für Flüchtlinge engagieren bzw. engagieren werden. In diesem Kontext wird auch die vor Ort zur Verfügung stehende Datenlage weiter eruiert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8049 3 3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass der Sprachstand aller Flüchtlingskinder , besonders der Kinder, die nicht in einer Kindertageseinrichtung betreut werden , gemäß § 36 des Schulgesetzes erfasst wird? Gemäß § 36 Abs. 2 Schulgesetz NRW (SchulG NRW) stellt das Schulamt zwei Jahre vor Einschulung fest, ob die Sprachentwicklung der Kinder altersgemäß ist und ob sie die Deutsche Sprache hinreichend beherrschen. Die Schulämter ermitteln diejenigen Kinder, die zum Sprachstandsfeststellungsverfahren eingeladen werden, durch Abgleich der Daten in der Meldedatei mit den Rückmeldungen der Träger der Kindertageseinrichtungen, welche Kinder bereits in einer Tageseinrichtung gemäß § 13 Kinderbildungsgesetz (KiBiz) gefördert werden. Da auch Flüchtlinge der Meldepflicht nach § 13 Abs. 1 Meldegesetz NRW (MG NRW) unterliegen , werden sie regelhaft durch dieses Verfahren erfasst. Da im Übrigen das Ergebnis eines Sprachtests für diesen Personenkreis i.d.R. vorhersehbar ist, steht auch hier - unabhängig von der vorherigen formalen Sprachstandsfeststellung nach § 36 SchulG NRW - die Förderung der Kinder im Vordergrund. Diese Förderung organisieren die Kommunen bereits jetzt in eigener Zuständigkeit. 4. Beabsichtigt die Landesregierung, die Statistik bzgl. der Feststellung des Sprach- standes auch um den Migrationshintergrund bzw. den Status als Flüchtling zu erweitern ? Die Landesregierung hält den Aufbau weiterer administrativer Strukturen nicht für zielführend.