LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8066 04.03.2015 Datum des Originals: 04.03.2015/Ausgegeben: 09.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3103 vom 4. Februar 2015 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/7878 PayPal für den kommunalen beziehungsweise öffentlichen Zahlungsverkehr – was sagt die Landesregierung? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3103 mit Schreiben vom 4. März 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ausweislich eines Berichtes des Handelsblattes vom 03.02.2015 können Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Düren kostenpflichtige kommunale Leistungen über den Bezahldienst PayPal begleichen. Bundesweit verfügt PayPal bereits über 15 Millionen Kunden. Nach Auffassung der Stadt Düren sei PayPal „seit Jahren etabliert, weit verbreitet“ und „hat einen guten Ruf bei seinen Nutzern“. Die Stadt Düren bietet insoweit neben dem Lastschriftverfahren den Bürgerinnen und Bürgern eine zusätzliche Zahlungsoption an, welches im Rahmen der eigenen Verantwortung der kommunalen Selbstverwaltung sicherlich möglich und auch grundsätzlich begrüßenswert ist, zumal – wie aus einer Mitteilung der Stadt Düren hervorgeht – PayPal keine sicherheitsrelevanten Daten überträgt und sich „dadurch besonders zum Bezahlen von Verwaltungsdienstleistungen eignet“. Auch mit dem Land Hessen soll PayPal bereits eine Kooperation unterzeichnet haben, aufgrund derer Bürgerinnen und Bürger Gerichtskosten und beispielsweise Geldstrafen per PayPal begleichen können. In dem Bericht des Handelsblattes vom 03.02.2015 ist weiterhin davon die Rede, dass auch „das Hunderegister in Niedersachsen“ hiervon umfasst sei. Diese Neuerungen werfen Fragen auf, ob und inwieweit PayPal als Zahlungsmethode im öffentlich-rechtlichen Bereich sinnvoll und rechtlich auch wirklich unbedenklich ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8066 2 Zum einen erfolgt beim Unternehmen PayPal, welches in Luxemburg bereits über eine Banklizenz verfügen soll und deshalb grundsätzlich auch in das Geschäft von Krediten und Girokonten einsteigen könnte, im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs eine Identitätsprüfung . Nach eigenen PayPal-Angaben soll es für bestimmte Transaktionen auch Bonitätsauskünfte geben mit der Folge, dass unter Umständen auch zusätzliche Daten vom Kunden angefordert und gegebenenfalls weitergegeben werden, die beispielsweise die Einkommens - und Vermögensverhältnisse, den Kontostand oder andere Bereiche betreffen könnten . Sollte sich das Angebot und die Nutzung von PayPal im Rahmen des Zahlungsverkehrs im öffentlich-rechtlichen Bereich verstärken, würde dieses gewiss zu Lasten bestehender Kreditinstitute gehen. Da beispielsweise die Sparkassen als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gehalten sind, für Leistungsbezieher aus dem Bereich der Sozialgesetzgebung Girokonten auf Guthabenbasis vorzuhalten, um die Zahlbarmachung von sozialen Leistungen gewährleisten zu können, stellt sich die Frage, ob dann noch faire Wettbewerbsvoraussetzungen gegeben sind, wenn andererseits die öffentliche Hand den Zahlungsverkehr anderweitig gestaltet . Zugleich ist zu prüfen, ob ein alternatives Zahlungsmodell möglicherweise eine Zugangshürde darstellen könnte. So sind beispielsweise gemäß §8 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen „alle Einwohner einer Gemeinde im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen…“. In §6 Absatz 2 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen findet sich eine entsprechende Regelung. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Nutzung von PayPal als Zahlungsverkehr für die Inanspruchnahme öffentlicher Verwaltungsdienstleistungen? Die Landesregierung strebt an, dass die Behörden des Landes und der Kommunen ab 2017 den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit einer sicheren und im elektronischen Geschäftsverkehr üblichen Bezahlmöglichkeit anbieten. Geld-Transaktionen können so in Echtzeit abgewickelt werden. Einzahlungen müssen von Bürgerinnen und Bürger sowie von Unternehmen nicht mehr persönlich vor Ort vorgenommen werden. Diese Online-Bezahlmöglichkeit ist wesentlicher Bestandteil von E-Government-Angeboten, da sie eine unterbrechungsfreie Abwicklung von gebührenpflichtigen Verwaltungsvorgängen und somit ein effizientes elektronisches Angebot der Verwaltung ermöglicht. 2. Vor dem Hintergrund, dass das Land Hessen bereits mit PayPal kooperiert: Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen, PayPal als Online-Bezahldienst für die NRW-Landesverwaltung einzusetzen? Auch beim Einsatz eines Online-Bezahldienstes ist die Auswahl eines Vertragspartners aus vergaberechtlichen Gründen erst nach Herstellung eines Wettbewerbs unter den Anbietern von Online-Bezahldiensten möglich. PayPal als Anbieter von Online-Bezahlmöglichkeiten müsste sich diesem Wettbewerb stellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8066 3 3. Sieht die Landesregierung, sofern der Online-Bezahldienst durch PayPal sich erheblich ausweiten sollte, hierin eine Benachteiligung zum Beispiel öffentlichrechtlicher Kreditinstitute (Sparkassen), die im Wege der Daseinsvorsorge Girokonten für bestimmte Personengruppen vorhalten sollen? Sparkassen stehen gegenüber allen Kreditinstituten im Wettbewerb um die Kontoführung von Privat-, Firmen- und Kommunalkunden. Online-Zahlungsdienstleister wie PayPal sind da keine Ausnahme. Im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge bieten die Sparkassen für alle Kundengruppen über ihre Girokonten eine breite Palette von etablierten und sicheren Zahlungsverkehrsprodukten an. Zahlungen per SparkassenCard, Kreditkarte, Überweisung, Lastschrift, Online-Banking und dem Online-Bezahlverfahren giropay können von den Kundinnen und Kunden der Sparkassen getätigt und angenommen werden. In diesem Kontext bieten sich die Sparkassen auch den Kommunen als Partner bei der Annahme von Bezahlverfahren an. Die nordrhein-westfälischen Sparkassen- und Giroverbände haben ausgeführt, dass die Sparkassen die Vertriebsaktivitäten von PayPal bei den Kommunen in NRW zum Abschluss von E-Geldkonten zur Kenntnis genommen hätten, darunter die Kooperation mit dem kommunalen Rechenzentrum regioIT. Unabhängig davon, dass die Entscheidung über die Auswahl eines Zahlungsdienstleisters allein bei den Kommunen liege, sähen sich die Sparkassen in NRW in einer starken Wettbewerbsposition. Im Rahmen der Umsetzung des geplanten E-Government-Gesetzes NRW stünden die Sparkassen mit dem eCommerceAngebot „GiroCheckout“ gegenüber Kommunen mit einem wettbewerbsfähigen Produkt im Markt. Diese Lösung verbinde das bestehende Konto der Kommune bei der Sparkasse mit etablierten Bezahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft. Ziel der Sparkassen sei es, hierdurch den kommunalen Wirtschaftskreislauf zu stärken, die Liquidität in den Regionen zu halten und insoweit den Interessen der Kommunen zu dienen. 4. Inwieweit ist es aus der Sicht der Landesregierung zulässig, die Bezahlungen von Verwaltungsdienstleistungen von Bonitätsprüfungen abhängig zu machen? Das Rechtsstaatsprinzip und insbesondere der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gebieten, dass niemand ohne rechtfertigenden Grund von (bezahlpflichtigen) staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden darf. Daher kann die Bezahlung von Verwaltungsdienstleistungen nicht von Bonitätsprüfungen abhängig gemacht werden. Online-Bezahlmöglichkeiten sind jedoch immer ein freiwilliges, optionales Angebot an die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen. Daher ist es grundsätzlich möglich auch solche Online-Bezahlmöglichkeiten anzubieten, die eine Bonitätsprüfung nutzen. 5. Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen und Vorgaben sind zu beachten, wenn die öffentliche Hand das Bezahlen von Verwaltungsdienstleistungen durch Online-Bezahldienste ermöglichen will? Für die Datenverarbeitung durch die öffentliche Stelle selbst ist das Datenschutzgesetz NRW anzuwenden. Die im Datenschutzgesetz NRW geforderte Datensparsamkeit bedingt, dass bei der Nutzung von Online-Bezahlmöglichkeiten nur die Informationen an den Bezahlungsdienstleister gegeben werden, die notwendig sind, um die Zahlung dem konkreten Vorgang zuzuordnen. Dies ist vergleichbar zu den Informationen, die auf einem Überweisungsträger bei Zahlung per Überweisung anzugeben sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8066 4 Private Online-Bezahldienstleister müssen als nicht-öffentliche Stellen das Bundesdatenschutzgesetz sowie §§ 11 ff Telemediengesetz beachten. Allen Datenschutzregeln ist gemein, dass eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten nur durch eine gesetzliche Erlaubnis oder eine Einwilligung der Nutzerin oder des Nutzers zulässig ist. Die deutschen Datenschutzregeln finden jedoch keine Anwendung, sofern eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegene verantwortliche Stelle personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn, dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland. Das insoweit anzuwendende nationale Recht richtet sich nach dem Recht des Ortes, an dem die hierfür verantwortliche Stelle ihren Sitz hat. Durch die Richtlinie 95/46/EG (EG-Datenschutzrichtlinie) gelten in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die gleichen Mindeststandards für den Datenschutz. Dazu zählen insbesondere auch der Grundsatz, dass die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verboten sind, soweit keine gesetzliche Legitimation in Form eines Erlaubnistatbestands greift oder eine Einwilligung des Nutzers vorliegt, sowie grundlegende Informationspflichten der verantwortlichen Stellen und Auskunftsrechte der Nutzerinnen und Nutzer.