LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8067 04.03.2015 Datum des Originals: 04.03.2015/Ausgegeben: 09.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3119 vom 9. Februar 2015 des Abgeordneten Daniel Sieveke CDU Drucksache 16/7910 Stiftungen in Niedrigzinszeiten Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3119 mit Schreiben vom 4. März 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.03.2013 wurden die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer Verbrauchsstiftung geschaffen. In Folge dieser rechtlichen Klarstellung und der andauernden Niedrigzinsphase stellt sich nun vermehrt die Frage nach einer möglichen Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung (§ 87 BGB). Dabei obliegt die Stiftungsaufsicht den Ländern, die diese Fragen bislang sehr unterschiedlich handhaben. Dem Vernehmen nach bestehen teilweise erhebliche Vorbehalte gegen Verbrauchsstiftungen und damit auch gegen die Umwandlung von Ewigkeitsstiftungen, so dass die Messlatte für Genehmigungen relativ hoch hängen wird. Vorbemerkung der Landesregierung Das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.2013 sieht u.a. gesetzliche Regelungen für die rechtsfähige Verbrauchsstiftung vor. § 80 Abs. 2 Satz 2 BGB ist geändert worden mit der Folge, dass auch dann die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, wenn das Vermögen einer Stiftung zum Verbrauch für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren bestimmt ist. Entsprechend ist § 81 Abs. 1 Satz 2 BGB um den Zusatz ergänzt worden, dass das Stiftungsvermögen auch zum Verbrauch bestimmt werden kann. Mit diesen Änderungen wird zivilrechtlich klargestellt, dass die Gründung einer rechtsfähigen Verbrauchsstiftung rechtlich möglich ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8067 2 Da es in der Stiftungslandschaft der Länder auch zu dieser Thematik zahlreiche ungeklärte Fragen gibt, die von den Ländern teilweise unterschiedlich gehandhabt werden, forderten die Innenminister- und die Justizministerkonferenz die Einrichtung einer Arbeitsgruppe. Sie konstituierte sich am 27. November 2014 unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz als Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht“. Die BundLänder -Arbeitsgruppe gliedert sich in 3 Unterarbeitsgruppen, die bereits ihre Arbeit aufgenommen haben. 1. Wie viele Stiftungen gibt es in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Ewigkeits- und Verbrauchsstiftungen getrennt darstellen.) In NRW gibt es derzeit 4.059 Stiftungen (Stand 31.12.2014), wovon im Jahr 2014 159 Stiftungen neu anerkannt wurden. Eine nach Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung getrennte Statistik wird nicht geführt. Soweit mir bekannt, sind in 2014 7 Stiftungen als Verbrauchsstiftungen anerkannt worden. Weitere Verbrauchsstiftungen sind derzeit in der Anerkennungsphase . 2. Wie viele Fälle einer Umwandlung einer Ewigkeits- in eine Verbrauchsstiftung gibt es in Nordrhein-Westfalen? Bisher wurde noch keine Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt. 3. Auf der Basis welcher rechtlichen Vorschriften beurteilt die Landesregierung eine mögliche Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung? Die Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung sieht § 80 Abs. 2 BGB vom Wortlaut her nicht vor. Eine Umwandlung ist nur unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB denkbar, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist. Zweckmäßigkeitserwägungen oder eine (vorübergehende) Ertragsschwäche reichen als Rechtfertigung nicht aus. Darüber hinaus muss aus dem ursprünglichen Stifterwillen erkennbar sein, dass dieser den Verbrauch des Stiftungsvermögens zur Erfüllung des Stiftungszwecks trägt. Unter den o.g. Prämissen ist nach dem nordrhein-westfälischen Stiftungsgesetz die Umwandlung einer Ewigkeits- in eine Verbrauchsstiftung nur im Rahmen einer Satzungsänderung nach § 5 Stiftungsgesetz NRW möglich. Da es sich hierbei um eine wesentliche Änderung handelt, die die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks berühren würde , wäre diese nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 1 StiftG genehmigungsfähig . Wie fast alle anderen Länder vertritt die Landesregierung daher die Auffassung, dass die Umwandlung einer „klassischen“ Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung unter gleichbleibenden Bedingungen nicht möglich ist. Eine andere Bewertung ergäbe sich bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse. Reichen z.B. bei einer Projektstiftung die Erträge für die Erfüllung des Stiftungszweckes dauerhaft nicht mehr aus, ist eine Prüfung im Einzelfall denkbar, ob der Verbrauch des Vermögens oder aber eine Auflösung mit dem Ziel, dass eine andere Stiftung die Zwecke weiter verfolgt, Vorrang hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8067 3 4. Wie bewertet die Landesregierung die Folgen der andauernden Niedrigzinsphase auf Ewigkeitsstiftungen? Die andauernde Niedrigzinsphase stellt die Ewigkeitsstiftungen zunehmend vor ernsthafte Probleme bei der Erfüllung des Stiftungszwecks, weil bei auslaufenden alten Anlageverträgen nicht mehr genügend Mittel für die Zweckerfüllung generiert werden können. 5. Welche Möglichkeiten bestehen für die Ewigkeitsstiftungen, neben einer Um- wandlung in eine Verbrauchsstiftung, trotz der andauernden Niedrigzinsphase ihren Stiftungszweck zu erfüllen? Viele der insbesondere kleineren Ewigkeitsstiftungen fragen nach alternativen Anlagemöglichkeiten und Vermögensumschichtungen. In der Regel verändern die Stiftungen ihre Anlagestrategie und wenden sich Stiftungsfonds, Aktien oder lukrativen Immobilien zu. Den Stiftungen wird auf Anfrage mitgeteilt, dass ein moderates Risiko bei der Geldanlage nicht beanstandet wird. Von Hochrisikoanlagen wird jedoch dringend abgeraten und auf den Tatbestand der Organhaftung bei grober Fahrlässigkeit hingewiesen. Kleinere Stiftungen sammeln oftmals die Erträge über 1 bis 2 Jahre, um dann wieder den satzungsgemäßen Zweck erfüllen zu können. Hierbei ist sicherlich von Bedeutung, ob es sich um eine Projektstiftung oder um eine Förderstiftung handelt. Wenn eine anderweitige Zweckerfüllung nicht mehr realisierbar ist besteht darüber hinaus die Möglichkeit - soweit in der Stiftungssatzung zugelassen -, bis zu 15 % des Stiftungskapitals in Anspruch zu nehmen wenn sichergestellt wird, dass das Stiftungskapital in den folgenden 10 Jahren wieder aufgefüllt wird. Gegebenenfalls kommt auch die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung in Betracht. Beides ist jedoch vorab von der Stiftungsaufsicht zu genehmigen.