LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8071 04.03.2015 Datum des Originals: 04.03.2015/Ausgegeben: 09.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3102 vom 25. März 2015 der Abgeordneten Hennig Höne und Karlheinz Busen FDP Drucksache 16/7877 Energiewende ganzheitlich betrachten – Was passiert mit ausrangierten Windkrafträ- dern? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3102 mit Schreiben vom 4. März 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage „NRW ist ein hervorragender Windenergiestandort“, heißt es im rot-grünen Koalitionsvertrag 2012-2017. Weiter postulieren die Koalitionsfraktionen das Ziel, den „Anteil der Windenergie in NRW an der Stromversorgung auf mindestens 15 Prozent bis 2020“ auszubauen. In der Tat entstehen im gesamten Land, auch in nordrhein-westfälischen Wäldern, immer mehr Windkraftanlagen. Zu einer nachhaltigen und ganzheitlichen Politik gehört jedoch auch die Frage, was mit den Windkraftanlagen geschieht, wenn sie außer Dienst gestellt werden. Es stellen sich Fragen des Recyclings beziehungsweise der weiteren Verwendung alter Anlagen. 1. Wie viele Windkraftanlagen sind aktuell in Nordrhein-Westfalen errichtet (ein- schließlich Kleinwindanlagen)? Nach einer Datenerfassung der Deutschen Windguard für den VDMA und den BWE vom 29. Januar 2015 wurden am 31. Dezember 2014 in Nordrhein-Westfalen über 3000 Windener- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8071 2 gieanlagen mit ca. 3.680 MW Leistung betrieben. Der Landesregierung liegen keine Daten für die Zahl der betriebenen Kleinwindanlagen vor. 2. Von welchen Produktlebenszyklen geht die Landesregierung bei den in NRW errichteten Windkraftanlagen aus? Infolge der dynamischen Beanspruchung von Windenergieanlagen (WEA) müssen für diese baulichen Anlagen stets Betriebsfestigkeitsnachweise unter Ansatz einer Entwurfslebensdauer geführt werden. Die Entwurfslebensdauer ist in der Baubeschreibung anzugeben, die Bestandteil der Bauvorlagen im Genehmigungsverfahren ist. Da im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen regelmäßig typengeprüfte Standsicherheitsnachweise auf der Grundlage der DIBt-Richtlinien für WEA – Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung (bisherige Fassung 1993, 2004 oder 2012) als Bauvorlagen vorgelegt werden, ist davon auszugehen, dass WEA im Rahmen dieser DIBt-Richtlinien eine Entwurfslebensdauer von 20 Jahren zu Grunde liegt (s.a. Abschnitt 17.1 der DIBt-Richtlinie 2012). Das schließt jedoch nicht aus, dass ggf. für einzelne Anlagen Betriebsfestigkeitsnachweise mit anderen Entwurfslebensdauern geführt wurden. Ein Anlagenbetrieb von 20 Jahren entspricht auch der Vergütungsdauer des ErneuerbareEnergien -Gesetzes (EEG). 3. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Verwendung von ausrangierten Windkraftanlagen vor (z.B. Recycling, Weiterverkauf, etc.)? Der Landesregierung ist bekannt, dass Anlagen sowohl über einen Zweitmarkt als Gebrauchtanlagen in andere Staaten weiterveräußert als auch recycelt werden. Daten über die Verwendung zurückgebauter Anlagen werden nicht erhoben. 4. Welche Forschungsprojekte unterstützt die Landesregierung konkret, die sich mit dem Recycling von Windkraftanlagen beschäftigen? Die Landesregierung hat bislang keine derartigen Forschungsprojekte unterstützt. 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass für die Kosten des Rückbaus von Windkraftanlagen – auch langfristig – letztlich nicht die öffentliche Hand aufkommen muss? Nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB ist für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 - 6 BauGB als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Zur Rückbauverpflichtung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 BauGB hat das BVerwG (Urt. v. 17.12.2012, 4 C 5.11) klargestellt, dass die Regelung die Einhaltung der Erklärung des Betroffenen, mit der er sich zum Rückbau verpflichte, sicherstellen solle und dass dies auch die Absicherung eines möglichen Liquiditätsrisikos beinhalte. Die Durchsetzung der Rückbaupflicht solle nicht daran scheitern, dass von der Vollstreckung abgesehen werde, weil ausreichende Mittel für eine Ersatzvornahme nicht zur Verfügung ständen. Es ist daher geplant, im neuen Windenergieerlass aufzunehmen, dass die Absicherung der Rückbauverpflichtung durch eine Sicherheitsleistung vorzusehen ist, die (i.d.R. durch Bank- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8071 3 bürgschaft) zugunsten der Genehmigungsbehörde oder der Bauaufsichtsbehörde zu bestellen ist, selbst wenn eine öffentlich-rechtliche Baulast eingetragen ist. Die Sicherheitsleistung muss den Rückbau der Windenergieanlage einschließlich des den Boden versiegelnden Fundaments am Ende der voraussichtlichen Lebensdauer der Anlage vollständig abdecken. Wenn nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird, kann von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 6,5 Prozent der Gesamtinvestitionskosten ausgegangen werden . Im Einzelfall kann sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage eine höhere oder niedrigere Sicherheitsleistung ergeben. Die Sicherheitsleistung muss spätestens bei Baubeginn vorliegen. Dies kann durch eine entsprechende Nebenbestimmung zur Genehmigung gesichert werden.