LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8076 06.03.2015 Datum des Originals: 04.03.2015/Ausgegeben: 11.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3104 vom 4. Februar 2015 der Abgeordneten Kai Abruszat und Susanne Schneider FDP Drucksache 16/7879 Notdienstpraxen im Regierungsbezirk Detmold: Was sagt die Landesregierung? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3104 mit Schreiben vom 4. März 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum steht immer wieder im Mittelpunkt politischer Diskussionen. Dieses gilt besonders für die Region Ostwestfalen-Lippe und die anhaltenden Debatten um die Medizinerausbildung sowie die etwaige Einrichtung einer Medizinischen Fakultät. Neben der Hausärzteversorgung ist auch der ärztliche Notdienst ein wichtiger Baustein der Gesundheitsversorgung, nicht zuletzt vor den Hintergrund einer alternden Gesellschaft . Neben den Notaufnahmen in den Kliniken und dem flächendeckenden Rettungsdienst sind Notdienstpraxen wichtige Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten der Arztpraxen. Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, „massive Kürzungen bei den ambulanten Notdienstpraxen“ (vergleiche Rheinische Post vom 04.02.2015) vorzunehmen, lassen es angezeigt erscheinen, ob auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe für das Gebiet des Regierungsbezirks Detmold ähnliche Vorhaben umsetzen will. Vorbemerkung der Landesregierung: Die aktuellen Diskussionen über eine grundlegende Reform des ärztlichen Notdienstes betreffen nur den Landesteil Nordrhein. Eine ähnliche Reform hat es im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bereits vor einigen Jahren gegeben. Die Änderungen sind dort Anfang des Jahres 2011 in Kraft getreten. Nachwuchsprobleme im ländlichen Raum sind ein wesentlicher Grund für die Reformen in beiden Kassenärztlichen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8076 2 Vereinigungen mit dem Ziel, die Dienstbelastung der Ärztinnen und Ärzte insbesondere in ländlichen Regionen zu begrenzen. Bei der Organisation des ärztlichen Notdienstes handelt es sich um eine originäre Selbstverwaltungsaufgabe , auf die das Land nur sehr eingeschränkt im Rahmen der Rechtsaufsicht Einfluss nehmen kann. Im Vordergrund steht dabei die Sicherstellung der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. 1. Welche ambulanten Notdienstpraxen gibt es derzeit auf dem Gebiet des Regie- rungsbezirks Detmold? Die KVWL unterhält im Regierungsbezirk Detmold insgesamt 14 allgemeinmedizinische Notfallpraxen , getrennt nach Vollpraxen (täglich geöffnet) und Komplementärpraxen (am Wochenende und feiertags geöffnet). Ergänzt werden die Notfallpraxen durch einen Fahrdienst (je nach Wochentag sind bis zu 15 Fahrzeuge im Regierungsbezirk Detmold im Einsatz), der für Patientinnen und Patienten, die nicht selbst die Notfallpraxis aufsuchen können, einen Hausbesuch sicherstellt. Darüber hinaus betreibt die KVWL einen gesonderten Kinderärztlichen Notdienst sowie einen fachgebundenen dezentralen Notfalldienst für Augen- und HNO-Ärztinnen und -ärzte. Weitere ausführliche Informationen hat die KVWL im Internet unter folgender Adresse bereitgestellt : http://www.kvwl.de/patient/notdienste/index.htm Als Ergänzung dazu hat sie eine App (IOS und Android) erstellen lassen, die den Patientinnen und Patienten die im Internet verfüg-baren Informationen zur Verfügung stellt, die nächsterreichbare Notdienstpraxis mit den erforderlichen Informationen anzeigt sowie eine Routenplanung zur Praxis ermöglicht (http://www.kvwl.de/arzt/sicherstellung/notfalldienst/nfdweiche.htm). 2. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Situation des Notdienstes auf dem Gebiet des Regierungsbezirks Detmold vor dem Hintergrund einer ärztlichen Versorgung in der Fläche mit angemessenen Entfernungen und Anfahrtswegen für potentiell betroffene Patienten? Die KVWL hat nicht nur im Bereich des Regierungsbezirks Detmold sondern auch in den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster ein flächendeckendes Netz an Notfallpraxen eingerichtet , mit denen die ambulante ärztliche Versorgung der Patientinnen und Patienten zu den sprechstundenfreien Zeiten sichergestellt wird. Dabei hat die KVWL berücksichtigt, dass alle Praxen in angemessenen Entfernungen für Patientinnen und Patienten erreichbar sein sollen. Danach können 95% der Bürgerinnen und Bürger in Westfalen-Lippe eine Notfallpraxis innerhalb einer maximalen Fahrzeit von 25 Minuten mit dem PKW erreichen; in der Regel sind die Entfernungen deutlich kürzer. Nach Auskunft der KVWL gewährleisten niedrige Patienten- und Patientinnenzahlen eigentlich in manchen Regionen keine kostendeckende Praxisführung. Dennoch halte die KVWL dort Praxen aus Sicherstellungsgründen für erforderlich und hält diese (teilweise mit einge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8076 3 schränkten Öffnungszeiten) aufrecht. Innerhalb der vier Jahre seit Beginn der Notfalldienstreform wurden die Praxis-Öffnungszeiten am Bedarf orientiert angepasst, indem Patientinnenund Patientenströme analysiert und die Auslastung der einzelnen Praxen regelmäßig überprüft wurden. Dies wird nach Auskunft der KVWL auch weiterhin der Fall sein. Auch vor dem Hintergrund einer sehr geringen Anzahl von Beschwerden liegen der Landesregierung bezüglich des durch Notfallpraxen und Fahrdienste organisierten Notfalldienstes in Westfalen-Lippe keine Hinweise vor, dass die Versorgungssicherstellung nicht gewährleistet ist. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, ob die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe Veränderungen bei den ambulanten Notdienstpraxen auf dem Gebiet des Regierungsbezirks Detmold vornehmen will? Der Notfalldienst im Bereich der KVWL ist als „lernendes System“ angelegt, in dem ständig die Fallzahlen analysiert und die Auslastung der Fahrdienste bewertet werden, um das ganze System effizient und effektiv zu gestalten. Die flächendeckende Versorgung steht dabei immer im Vordergrund. Geringfügige Anpassungen bei den Öffnungszeiten der Notfallpraxen werden daher immer wieder vorgenommen. Darüber hinaus gibt es nach Auskunft der KVWL keine aktuellen Pläne für Veränderungen bei den ambulanten Notdienstpraxen im Regierungsbezirk Detmold. 4. Auch wenn die Organisation des ärztlichen Notdienstes durch die Kassenärztli- chen Vereinigungen in ärztlicher Selbstverwaltung erfolgt: Was tut die Landesregierung konkret, um den ärztlichen Notdienst, insbesondere in der Fläche, sicherzustellen ? Die ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften (KVen und Ärztekammern) haben den gesetzlichen Auftrag, die ambulante ärztliche Versorgung auch außerhalb der normalen Sprechstundenzeiten sicherzustellen. Die Organisation dieses Notfalldienstes ist eine reine Selbstverwaltungsangelegenheit; die genannten Körperschaften haben einen weiten, gesetzlich nicht näher definierten Ermessensspielraum. Daher sind die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten der Landesregierung nur gering. Nur bei eindeutigen Rechtsverstößen der ärztlichen Körperschaften kann die Landesregierung aufsichtsrechtlich tätig werden. Dies wäre dann der Fall, wenn die Versorgung durch den Notdienst nicht (mehr) sichergestellt wäre. Hierzu fehlen allerdings vom Bundesgesetzgeber vorgegebene Kriterien, was eine eindeutige und rechtssichere Feststellung erheblich erschwert . Wichtig ist, dass die Notfallpraxen für alle Menschen gut erreichbar sind und parallel zu den Notfallpraxen ein gut funktionierender Fahrdienst besteht, der bei Bedarf Hausbesuche ermöglicht. Darüber hinaus nimmt die Landesregierung Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern sehr ernst und geht diesen nach. Auch daraus könnten sich Hinweise auf eine unzureichende Sicherstellung ergeben. Wie zu Frage 2 ausgeführt, liegen der Landesregierung für den Landesteil Westfalen-Lippe derzeit aber keine Hinweise vor, dass die Versorgungssicherstellung nicht gewährleistet ist.