LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/810 04.09.2012 Datum des Originals: 04.09.2012/Ausgegeben: 07.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 317 vom 30. Juli 2012 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/495 Erreicht der Libor-Skandal die nordrhein-westfälischen Kommunen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 317 mit Schreiben vom 4. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Skandal um manipulierte Zinssätze ermitteln zahlreiche Aufsichtsbehörden gegen Großbanken . Sie gehen dem Verdacht nach, dass Banker unerlaubt die Zinssätze, zu denen sich Kredithäuser untereinander Geld leihen, abgesprochen und beeinflusst haben. Der Libor wird vom britischen Bankenverband berechnet, der Euribor vom europäischen Bankenverband. Die Daten kommen von mehreren Privatbanken. Der Londoner Interbankenzinssatz (Libor) und das europäische Pendant Euribor sollen durch große Bankhäuser, wie zum Beispiel Barclays, die die Daten für die Bestimmung der Zinssätze liefern, manipuliert haben. Der Libor ist einerseits Messzahl der Situation am Interbankenmarkt, andererseits auch Richtschnur für Kreditverträge, Anlagepapiere und Zinsderivate. Interbankensätze beeinflussen das Auf und Ab der Wirtschaft. Wie das Manager Magazin am 16. Juli berichtete, hätten nach den Erkenntnisse der Anklageschrift die Banken, um Zweifel an der eigenen Insolvenz auszuräumen, ihre eigenen Kreditkosten regelmäßig um einen halben Prozentpunkt zu niedrig ausgewiesen, nach 2008 sogar um 2 Prozentpunkte. Dadurch seien Libor und Euriborkredite billiger gewesen als sie sein sollten. Niedrige Zinsen sind zwar gut für Kreditnehmer, schaden aber Anlegern und wegen der weiten Verbreitung von Zinsswaps auch vielen Schuldnern. In solchen Swaps tauschen sie ihre Verbindlichkeiten mit festen Zinsen gegen Ansprüche auf variable Zinsen, die sich meist am Libor oder anderen Referenzsätzen orientieren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/810 2 Laut des Berichts des Manager Magazins sollen auch viele Deutsche Kommunen unter den Geschädigten sein. Die Städte und Gemeinden, die Zins-Swaps abschließen, würden betroffen sein, da diese Swaps am Euribor oder Libor hängen würden. Der Finanzwissenschaftler Friedrich Thießen von der TU Chemnitz erklärt dazu, dass Kommunen Kredite nach einem Festzins zahlen und Swaps bekommen in einem variablen Zinssatz, beispielsweise Euribor plus x. Falls dieser nach unten manipuliert sei, hätten die Kommunen den Schaden. Vorbemerkung der Landesregierung Weltweit ermitteln Aufsichtsbehörden gegen etwa zwanzig international tätige Banken wegen vorsätzlicher Falschangaben bei der Berechnung des Libor (London Interbank Offered Rate), der als Basiswert für Kredite und Derivate im geschätzten Wert von 350 Billionen Dollar dient. Zu den verdächtigten Instituten gehört auch die Deutsche Bank. Abgeschlossen ist bislang allein das Verfahren der britischen Finanzaufsicht gegen die Großbank Barclays, die im Mittelpunkt des Skandals steht und im Wege des Vergleichs die Zahlung einer Strafe von 290 Millionen Pfund akzeptiert hat. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat sich ebenfalls in die Ermittlungen eingeschaltet. Sie versucht derzeit gemeinsam mit der britischen und der US-Aufsicht herauszufinden, inwiefern deutsche Institute an dem Skandal beteiligt waren und führt bei der Deutschen Bank eine Sonderprüfung durch. Die Präsidentin der BaFin Elke König hat vorsorglich darauf hingewiesen , dass Banken grundsätzlich für eventuelle Schäden angemessene Rückstellungen bilden müssen. Über Ergebnisse der Untersuchungen ist bisher nichts bekannt geworden. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr, dass auch nordrhein-westfälische Kommunen von Libor- und Euribor-Manipulationen betroffen sind? 2. Welche Kommunen sind in NRW von möglichen Libor- und Euribor- Manipulationen betroffen? 3. Wie beurteilt die Landesregierung den möglichen Schaden nordrhein- westfälischer Kommunen durch die Manipulationen 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Aussichten möglicher Prozesse betroffe- ner Kommunen gegen die manipulierenden Banken? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Vorgänge vor dem Hintergrund der teils spekulativen Swap-Geschäfte? Eine Beantwortung der Fragen 1-5 ist aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht möglich.