LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/823 04.09.2012 Datum des Originals: 04.09.2012/Ausgegeben: 07.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 310 vom 2. August 2012 des Abgeordneten Dirk Schatz PIRATEN Drucksache 16/483 NSU-Aktenvernichtung auch in NRW? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 310 mit Schreiben vom 4. September 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Zuge der NSU-Affäre kam es bundesweit zu mehreren Vorfällen. So wurde z.B. bekannt, dass in diversen Behörden illegal Akten vernichtet wurden. Mehrere Leiter von Verfassungsschutzbehörden auf Bundes- und Landesebene mussten ihre Posten räumen. 1. Wurden im Zusammenhang mit der NSU-Affäre auch in NRW entsprechende Ak- ten vernichtet? Der Verfassungsschutz und die Polizei NRW vernichten Akten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Fristen. Mit Bekanntwerden der NSU-Anschläge haben Verfassungsschutz und Polizei fortlaufend ihre Akten auf etwaige Bezüge zum NSU überprüft. Die als relevant bewerteten Akten wurden im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen nicht vernichtet. Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt, bei denen von dieser Verfahrensweise abgewichen wurde. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/823 2 2. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, ob überhaupt schon mal (zu irgendwelchen früheren oder aktuellen Sachverhalten) Akten vernichtet wurden? Nicht gemeint sind selbstverständlich Aktenvernichtungen aufgrund gesetzlicher Vorgaben, wie z. B. Löschfristen, etc. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass im Bereich des Verfassungsschutzes oder der Polizei NRW Akten entgegen gesetzlichen Vorgaben vernichtet wurden. 3. Falls ja, welche Konsequenzen hat die Landesregierung daraus gezogen? Gemeint sind auch (aber nicht ausschließlich) disziplinar- oder strafrechtliche Konsequenzen für den oder die entsprechenden Mitarbeiter. Siehe Beantwortung Frage 2. 4. Ist es reiner Zufall, dass Frau Mathilde Koller (ehem. Leiterin des Verfassungsschutzes NRW) genau zu diesem aktuellen Zeitpunkt und in der derzeitigen Situation aus "persönlichen Gründen" vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde? In diesem Zusammenhang interessiert mich insbesondere, aus welchen "persönlichen Gründen" Frau Koller um ihre Versetzung in den Ruhestand gebeten hat. Je nachdem wie persönlich diese Gründe waren, ist Frau Koller eventuell mit einer Veröffentlichung dieser Gründe einverstanden - fragen Sie sie. Immerhin bekleidete sie eine wichtige öffentliche Position. Nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 Landesbeamtengesetz (LBG) kann die Landesregierung die Leitung der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen, soweit es sich um eine Beamtin/einen Beamten auf Lebenszeit handelt. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, sogenannte "Politische Beamte", die ein Amt bekleiden , bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansätzen und Zielen der Regierung stehen müssen, jederzeit und ohne die Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzen zu können. Dieser rechtliche Status unterscheidet sich grundlegend vom Regeltyp des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit , das nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Gründe vorzeitig beendet werden kann (vgl. Tadday/Rescher, Das Beamtenrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar zu § 37, Stand 07/2009). Auf Grundlage des § 37 Abs. 1 Nr. 3 LBG ist Frau Ministerialdirigentin Mathilde Koller auf Vorschlag des Ministers für Inneres und Kommunales durch Beschluss der Landesregierung ohne die Nennung von Gründen mit Ablauf des Monats Juni 2012 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. 5. Falls Frau Koller, entgegen der öffentlichen Darstellung, tatsächlich wegen Verfehlungen , welcher Art auch immer, in den Ruhestand versetzt worden sein sollte , frage ich, ist es das Standardvorgehen der Landesregierung, Amtsleiter, die wegen Verfehlungen in den Ruhestand versetzt werden, ohne weitere Konsequenzen (z. B. straf- oder disziplinarrechtlicher Art) den Ruhestand genießen zu lassen? Die Landesregierung handelt nach Recht und Gesetz. Es lagen und liegen keinerlei Anhaltspunkte für "Verfehlungen" in Bezug auf Frau Koller vor, so dass keinerlei Anlass bestand oder besteht, in einer wie auch immer gearteten Weise tätig zu werden.