LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8275 25.03.2015 Datum des Originals: 25.03.2015/Ausgegeben: 30.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3169 vom 24. Februar 2015 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/8003 Biodiversitätsstrategie der Landesregierung oder wenn Ideologie vor fachlicher Vernunft geht Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3169 mit Schreiben vom 25. März 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Biodiversitätsstrategie plant die Landesregierung einen umfassenden Eingriff in die eigenverantwortliche Freiheit der Land- und Forstwirte. Einmal mehr wird der Gedanke der Freiheit durch eine obrigkeitsstaatliche Lenkungsideologie ersetzt, die glaubt besser handeln zu können als tausende Fachleute der Forst- und Landwirtschaft, die tagtäglich mit der Ressource Natur umgehen. So fehlt beispielsweise in den zu erreichen Zielen und Maßnahmen für das Leitbild Naturschutz (S. 134) die Einbeziehung und Anerkennung der Leistungen der Eigentümer. Stattdessen wird das ehrenamtliche Engagement hervorgehoben, die Weiterentwicklung, also Erhöhung des Naturschutzetats und sogar die Einführung geeigneter Kleidung mit Abzeichen für Landschaftswächter wird angekündigt. Auch die Übertragung der landeseigenen Naturschutzflächen in eine „Naturerbe-Stiftung“ ist vorgesehen. Dies würde bedeuten, dass die Verantwortung für diese Flächen dem Landesgesetzgeber , also dem Parlament, entzogen wäre. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8275 2 Es steht zu befürchten, dass damit rund 60.000 ha Staatswald, also mehr als die Hälfte der Staatswaldflächen, vollständig der Nutzung entzogen würden, obwohl bewirtschaftete Flächen nachweislich mehr zur Co2-Reduktion beitragen als unbewirtschaftete. So werden die Co2-Emmission um 18 - 21 Mio. Tonnen pro Jahr durch Waldwachstum und Holznutzung verringert. Das entspricht rund 6% der Treibhausgasemissionen in NRW. 78% der Effekte sind auf die Holznutzung zurückzuführen. 1. Wie kann die Landesregierung den offensichtlichen Widerspruch auflösen, ei- nerseits den Klimawandel bekämpfen zu wollen und andererseits durch die Stilllegung von Wald dessen Wirkung als wirkungsvollen CO2-Speicher zu verringern ? Klima- und Artenschutz schließen sich nicht aus. In Wäldern, die der natürlichen Waldentwicklung überlassen werden, akkumulieren sich über sehr lange Zeiträume bis zum Eintritt der natürlichen Gleichgewichtsphase erhebliche Kohlenstoffmengen. Insofern tragen gerade auch Wälder ohne Nutzung wirksam zur Kohlenstoffbindung bei. Der Faktor Substitution nimmt mit dem Einsatz erneuerbarer Energien ab, demgegenüber hat die Verbesserung der Holznutzung (z. B. langlebige Holzprodukte, verstärkte Kaskadennutzung , verstärkte stoffliche Laubholznutzung) einen positiven Effekt auf den Klimaschutz. Daher wird von der Wissenschaft die Bedeutung der Stilllegung in der von der Nationalen Biodiversitätsstrategie vorgesehenen Größenordnung von 5 % der Wälder als insgesamt angemessen angesehen. 2. Wie hoch sind die Kosten durch die Flächenstilllegungen im Nationalpark Eifel pro Jahr? (Bitte nach Personalausgaben, investiven Ausgaben und sonstigen Ausgaben aufschlüsseln) Hierzu wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 386 verwiesen (Drucksache 15/1125). Informationen zu den Einnahmen und Ausgaben der Nationalparkverwaltung sind auch den Jahresberichten des Nationalparkforstamtes Eifel im Landesbetrieb Wald und Holz NRW zu entnehmen, die im Internet unter www.nationalpark-eifel.de veröffentlicht werden. 3. Wie begründet die Landesregierung ihr Ziel, verstärkt auf die bekannt klimaanfäl- lige Buche zu setzen, anstatt sich für breit aufgestellte und stabile Mischwälder zu verwenden? Die Buche ist die natürliche Hauptbaumart auf den meisten Standorten in NordrheinWestfalen und ist damit ein wichtiger Bestandteil naturnaher Waldökosysteme. Die Klimaplastizität der Buche wird daher grundsätzlich als hoch eingeschätzt. Das Auftreten der Buchenkomplexkrankheit kann allerdings auf bestimmten Standorten einschränkend wirken. Die Biodiversitätsstrategie plant folgerichtig lediglich eine moderate Zunahme der Buchenfläche von heute 19% auf über 20% der Waldfläche in NRW und setzt die Priorität in die Entwicklung von Mischwäldern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8275 3 4. Wie kommt die Landesregierung angesichts eines Verbreitungsgrades von 0,3% an Robinien an der Waldfläche in Deutschland zu dem Schluss, dass diese vollkommen zu tilgen sei, obwohl diese seit dem frühen 17. Jahrhundert in unserer Region verbreitet ist? Wie von der Fragestellerin richtig angemerkt, ist die Robinie als Wirtschaftsbaumart in NRW ohne Bedeutung. In der Biodiversitätsstrategie wird die "lokale Bekämpfung" und keinesfalls die "vollkommene Tilgung" der Robinie angeregt. In Abhängigkeit von der naturschutzfachlichen Wertigkeit des Wuchsortes ist es lokal folgerichtig die weitere Ausbreitung der Robinie zu verhindern. Eine lokale Bekämpfung ist folgerichtig zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Robinie angebracht. Darüber hinaus ist eine Entfernung der Robinie dann angezeigt , wenn durch sie die Verjüngung mit heimischen Baumarten gefährdet. Insbesondere auf anthropogen überprägten Böden, wie beispielsweise den Halden, Industriebrachen etc. hat die Robinie zur Begrünung nach wie vor ihre Berechtigung. 5. Warum setzt die Landesregierung bei der Zertifizierung der Waldwirtschaft auf das „Forst Stewardship Council“ (FSC), wo es durch zahlreiche Fälle gibt, die daran zweifeln lassen, dass die ökologischen und sozialen Vorgaben des Siegels erfüllt wurden? Die Landesregierung hält die beiden in Deutschland verbreiteten forstlichen Zertifizierungssysteme für glaubwürdig. Sie setzt sich in der Biodiversitätsstrategie deshalb für die beiden anerkannten Zertifizierungssysteme PEFC und FSC diskriminierungsfrei ein. Der Staatswald des Landes ist sowohl nach PEFC und FSC zertifiziert.