LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8291 26.03.2015 Datum des Originals: 25.03.2015/Ausgegeben: 31.03.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3172 vom 26. Februar 2015 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/8006 Soziale Folgen langjähriger Beschäftigung als Vertretungslehrkraft Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3172 mit Schreiben vom 25. März 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Eine prekäre soziale Situation im Alter und Altersarmut ist häufig die Folge von unsteten nur temporären Arbeitsverhältnissen oder Beschäftigungsverhältnissen in nur geringem zeitlichen Umfang. Betroffen sind nicht nur niedrig oder gar nicht qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch Hochqualifizierte und Studierte. Auch nur befristet tätigte oder ehemals befristet tätige Lehrerinnen und Lehrer mit geringem Stundenumfang im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen sind akut gefährdet. Auf der Hompage der NRW-SPD unter dem Datum 03. September 2012 findet sich der Beitrag „Altersarmut schon früh bekämpfen“. Dort wird die Ministerpräsidentin u.a. mit der Aussage zitiert:“ Schon heute seien dringend Veränderungen nötig, um die steigende Altersarmut zu bekämpfen … Altersarmut setzt voraus, dass es eine Einkommensarmut gegeben hat“. Die hier angesprochene Personengruppe, meist Frauen, die aufgrund von Kindererziehung und Familienarbeit nur auf befristeten Stellen in geringem zeitlichen Umfang beschäftigt waren oder sind, warten auf diese Veränderungen und konkrete Maßnahmen der Landesregierung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8291 2 Vorbemerkung der Landesregierung Im Haushalt des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen sind mehr als 150.000 Stellen ausgebracht, um den Unterricht an den öffentlichen Schulen des Landes sicherzustellen. Jährlich werden im Durchschnitt mehr als 5.000 Lehrkräfte im Rahmen des nordrhein-westfälischen Einstellungsverfahrens für den Schuldienst gewonnen. Sie erhalten das Angebot eines Dauerbeschäftigungsverhältnisses mit voller Pflichtstundenzahl, bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen im Beamtenverhältnis auf Probe. Vertretungslehrkräfte werden in der Regel für die Dauer des Vertretungsbedarfs für eine bestimmte Lehrkraft befristet eingestellt. Die Zeit der Vertretungstätigkeit wirkt sich für die Bewerberinnen und Bewerber im Einstellungsverfahren förderlich aus, da sie zu einer Erhöhung der Einstellungschancen in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis führt. Ausgebildete Lehrkräfte mit langjähriger Vertretungstätigkeit, die sich im Einstellungsverfahren bewerben, werden unter bestimmten Voraussetzungen über ein besonderes Verfahren berücksichtigt und erhalten ein Angebot für eine Vollzeitbeschäftigung im Dauerbeschäftigungsverhältnis. So wird im Grundschulbereich seit dem Jahr 2011 das gesonderte Listenverfahren für langjährige Vertretungslehrkräfte angeboten. Es richtet sich an Grundschullehrkräfte mit Erster und Zweiter Staatsprüfung, die durch eine Vielzahl befristeter Vertretungen Praxiserfahrungen gewonnen haben. Seit September 2011 konnten 147 solcher erfahrener Vertretungslehrkräfte (136 Frauen, 11 Männer) über dieses Listenverfahren dauerhaft in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen eingestellt werden (Stand: 16. März 2015). Das Angebot einer Vollzeitbeschäftigung wird hierbei jedoch nicht immer angenommen. Durchschnittlich ein Drittel der über dieses gesonderte Listenverfahren eingestellten Grundschullehrkräfte macht von dem Recht Gebrauch, einer Teilzeitbeschäftigung den Vorzug zu geben (z. B. aus familienpolitischen Gründen). Bei den nachfolgend aufgeführten Zahlen ist zu berücksichtigen, dass von den Bezirksregierungen als Einstellungsbehörden nicht immer eine Erhebung auf Grund der vorliegenden Einzelakten vorgenommen werden konnte. Zum Teil ist auch wegen des für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitrahmens auf geschätzte Werte zurückgegriffen worden. Deshalb erfolgen die Angaben auch mit dem Zusatz „ca.“. 1. In wie vielen Fällen hat es nach der Veröffentlichung der in der Kleinen Anfrage 2977 (Drs. 7669) genannten Erlasse eine Einzelfallprüfung gegeben? Seit September 2013 hat es in ca. 626 Fällen eine Einzelfallprüfung gegeben (Stand: 16.3.2015). Für die Zukunft sind weitere Prüfungen zu erwarten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8291 3 2. Bei wie vielen Lehrkräften hat es nach der Veröffentlichung der in der Kleinen Anfrage 2977 (Drs. 7669) genannten Erlasse einen positiv beschiedenen Antrag auf Entfristung mit dauerhafter Vollzeitstelle gegeben? 3. Wie ist das Verhältnis Frau-Mann bei den zuvor befristet tätigen Lehrkräften, die in eine entfristete Teilzeitstelle übernommen wurden? Die Fragen 2 und 3 werden aus Gründen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aus der nachstehenden Tabelle mit ca.-Angaben ergibt sich, dass in 91 Fällen eine Entfristung mit anschließender Vollzeitbeschäftigung vorgenommen wurde und das Verhältnis Frau-Mann bei der Entfristung mit anschließender anteiliger Beschäftigung 260 zu 65 beträgt. Frauen Männer insgesamt Vollzeit 58 33 91 Teilzeit 260 65 325 4. Was rät die Landesregierung Lehrkräften, die trotz ihrer Bemühungen um Entfristung und Übernahme in eine volle Stelle dies nicht schaffen, zur Erlangung einer auskömmlichen Alterssicherung? Soweit es sich um ausgebildete Lehrkräfte mit in der Regel Erster und Zweiter Staatsprüfung handelt, wird empfohlen, kontinuierlich an allen Einstellungsverfahren für den Schuldienst teilzunehmen. Je flexibler sich Bewerberinnen und Bewerber hinsichtlich der gewünschten Schulform und der Region zeigen, desto besser sind die Einstellungsperspektiven. Aber auch bei der Verlängerung befristeter Beschäftigungsverhältnisse ist zu berücksichtigen, dass diese zu Anwartschaften in der Rentenversicherung führen und somit zur Alterssicherung beitragen. Soweit es sich um im nordrhein-westfälischen Schuldienst eingesetzte Personen ohne lehramtsbezogenen Abschluss handelt, wird empfohlen, ein Lehramtsstudium aufzunehmen. Dadurch werden die Einstellungschancen erheblich verbessert. Die Studienberatungen der Hochschulen beantworten Fragen zum individuellen Studienverlauf und auch zur Anrechnung von bereits vorhandenen Hochschulabschlüssen mit einem möglichen Studienbeginn in einem höheren Semester. 5. Ist die Landesregierung der Auffassung, ihre Aktivitäten zur Vermeidung sozialer Härten und von Altersarmut bei dem hier angeführten Personenkreis seien ausreichend? Der Lehrerarbeitsmarkt ist von dynamischen Prozessen geprägt. Der rechtliche Rahmen muss folglich kontinuierlich angepasst werden. Das Land Nordrhein-Westfalen mit seinen Einstellungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen Schuldienst muss dabei auch seiner sozialen Verantwortung als Arbeitgeber gerecht werden. Hierbei liegt ein Schwerpunkt auf der Verantwortung gegenüber den Beschäftigten. Ein anderer Schwerpunkt ist hinsichtlich der Verantwortung gegenüber den Schülerinnen und Schülern gegeben, indem der Unterricht durch gut ausgebildete Lehrkräfte erteilt wird. Dies sind grundsätzlich die an den Hochschulen und im Vorbereitungsdienst ausgebildeten Lehrkräfte mit einer Staatsprüfung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8291 4 Durch die in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2977 (LT-Drs. 16/7669) genannten Erlasse des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 27. September 2013 und 18. September 2014 hat das Land Nordrhein-Westfalen seine soziale Verantwortung wahrgenommen. Die weitere Entwicklung hinsichtlich der Bedarfe und auch der Rechtsprechung ist zu beobachten und auf neue Anforderungen ist zu reagieren. Für die Betroffenen handelt es sich jedoch stets um Einzelentscheidungen, die von den Schulaufsichtsbehörden getroffen werden müssen. Auch hier ist jeweils ein Ausgleich der einzelnen Interessen zu prüfen.