LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8336 01.04.2015 Datum des Originals: 01.04.2015/Ausgegeben: 08.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3166 vom 23. Februar 2015 des Abgeordneten Josef Wirtz CDU Drucksache 16/8000 Bördebahn als „Raumzerschneider“? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3166 mit Schreiben vom 1. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Durch die Zülpicher Börde führt die eingleisige Trasse der Bördebahn. Sie verbindet Düren, Zülpich und Euskirchen durch einen ehrenamtlich betriebenen Sonderverkehr, welcher nur in der Sommersaison an Sonntagen fährt. Bis 1983 war dies eine Strecke des Schienenpersonennahverkehrs. Seit einigen Jahren gibt es nun Bestrebungen für eine umfassende Reaktivierung. Dabei könnte es allerdings Probleme mit dem Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW geben, das ein Kataster zu sogenannten „unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen“ (UZVR) erstellt hat, wonach die kaum befahrene eingleisige Bördebahn zu einer Zerschneidung des betroffenen Gebietes führt. Die benachbarte Bundesstraße 56n, die breit ausgebaut ist und mit hohen Geschwindigkeiten befahren wird, hat dagegen keinen Einfluss auf eine Zerschneidung des Raumes. Diese Regelung zu Lasten des Schienenverkehrs wirkt willkürlich und ist nicht nachvollziehbar. Während Bahntrassen automatisch eine raumzerschneidende Wirkung haben, gilt dies für Straßen unabhängig von Typ (Autobahn, Bundesstraße, Nebenstraße) und Ausbau (einspurig , mehrspurig) nur dann, wenn darauf mehr als 1000 Fahrzeuge pro Tag verkehren. Wissenschaftlich ist diese planerische Regelung völlig unhaltbar. Stattdessen sollte was für Straßen gilt auch für den Schienenverkehr gelten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8336 2 1. Wie steht die Landesregierung zu einer Reaktivierung der Bördebahn für den Schienenpersonennahverkehr? Das Vorhaben „Reaktivierung der Bördebahn“ ist im Rahmen der Integrierten Gesamtverkehrsplanung (IGVP NRW) vom zuständigen Aufgabenträger zur Bewertung nach landesweit einheitlichem IGVP- Maßstab angemeldet worden. Gegenstand der Meldung war die Reaktivierung der derzeit im Teilabschnitt Zülpich – Euskirchen noch für den Güterverkehr genutzten und im übrigen Streckenabschnitt stillgelegten Strecke für den Personenverkehr, wobei das erforderliche Gesamtinvestitionsvolumen für die rund 30 km lange Strecke mit rund 14 Mio. € veranschlagt wurde. Als Ergebnis der Bewertung hat das Vorhaben trotz eines durchaus nennenswerten Verkehrsaufkommens von bis zu 2.400 Fahrgästen je Werktag im Querschnitt ein negatives Nutzen-Kosten-Verhältnis von – 0,06 erreicht und konnte folgerichtig in Übereinstimmung mit dem Votum des Regionalrats Köln lediglich Eingang in die Stufe 2 des ÖPNV-Bedarfsplans finden. Eine Förderung seitens des Landes ist daher derzeit nicht möglich. 2. Was ist notwendig, um die Reaktivierung der Bördebahn zu realisieren bzw. vo- ranzutreiben? Dem zuständigen Aufgabenträger Nahverkehr Rheinland (NRV) steht es frei, die Strecke in eigener Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr zu reaktivieren. Sollte eine Förderung aus Mitteln des §13 ÖPNVG NRW (Investitionen im besonderen Landesinteresse) angestrebt werden, so wäre zunächst eine Aufnahme in die Stufe 1 des ÖPNV-Bedarfsplans des Landes NRW notwendig. Da die Vorarbeiten zur Aufstellung eines neuen Bedarfsplans begonnen wurden, ist eine Nachbewertung von Maßnahmen bis zur Fertigstellung des neuen ÖPNV-Bedarfsplans nicht mehr vorgesehen. Die Maßnahme müsste vom NVR im Bedarfsplanverfahren für eine volkswirtschaftliche Bewertung angemeldet werden. 3. Warum wird dem Schienenverkehr per se eine raumzerschneidendere Wirkung als dem Straßenverkehr attestiert? Die Karte der „Unzerschnittenen verkehrsarmen Räume“ (UZVR) NRW stellt einen Beitrag zum bundeseinheitlich entwickelten Umweltindikator „Landschaftszerschneidung“ (UMKIndikator Nr. 10) dar. Dieser Indikator misst das Ausmaß der Zerschneidung der Landschaft durch technische Elemente, von denen Störungen für wildlebende Tiere sowie für das Naturerleben und die Erholungseignung ausgehen. Zur Ermittlung des UMK-Indikators werden auf Bundes- und Landesebene unter anderem folgende technische Elemente berücksichtigt: - Straßen ab einer Verkehrsstärke von 1000 Kfz/24 h, soweit Zähldaten vorliegen und - zweigleisige Bahnstrecken und eingleisige elektrifizierte, nicht stillgelegt. Die Karte der UZVR NRW basiert methodisch somit auf der landesweiten Auswertung eines zum jeweiligen Zeitpunkt vorliegenden digitalen Datenbestandes. Für die Straßen liegen für NRW Verkehrsdichtedaten vor. Diese wurden vom Landesbetrieb Straßen NRW dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NordrheinWestfalen (LANUV) zur Verfügung gestellt und für die Abgrenzung der Räume genutzt. Für die Bahnstrecken dagegen konnte für die Abgrenzung nur - wie auch auf Bundesebene - auf das ATKIS-Digitale Geländemodell (ATKIS-DGL) zurückgegriffen werden. Weitere Daten wie Dichte der Befahrung (z. B. Nutzung der Trassen nur am Wochenende) lagen dem LANUV LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8336 3 für die einzelnen Bahnstrecken nicht vor. Dieses methodische Vorgehen bedeutet aber nicht, dass den Bahnstrecken per se eine raumzerschneidendere Wirkung als Straßen zugemessen wird. So wurden z.B. in Orientierung an die bundesweite Methode stillgelegte Bahnstrecken basierend auf den Daten des ATKIS-Geländemodells als nicht zerschneidend eingestuft . Dagegen wurden im Unterschied zur Vorgehensweise des Bundes die eingleisig nicht elektrifizierten Strecken als zerschneidend klassifiziert. Auch eingleisige Bahntrassen können je nach Ausgestaltung und Befahrung als Barriere wirken und zur Lebensraumfragmentierung beitragen. Nach den vorgenannten Daten (ATKIS) für die Bahntrassen, die zur Abgrenzung der Räume zur Verfügung standen, ist die Bördebahn zwischen Euskirchen und Düren nicht stillgelegt, sondern als eingleisig, nicht elektrifiziert und in Betrieb eingestuft. Sie wurde wie auch die B 56n somit als zerschneidend klassifiziert. 4. Gedenkt die Landesregierung an dieser planerischen Regelung etwas zu ändern, damit auch für Bahnstrecken eine „Bagatellgrenze“ gilt? Die Methodik der UZVR NRW wie auch die Karte befindet sich zurzeit in der Fortschreibung. Analog der methodischen Vorgehensweise zum UMK-Indikator Nr. 10 „Landschaftszerschneidung “ werden neben den „stillgelegten“ zukünftig auch die „eingleisig nicht elektrifizierten “ Bahnstrecken als nicht zerschneidend angesehen. 5. Gibt es vergleichbare Fälle in Nordrhein-Westfalen, bei denen die Reaktivierung von Bahntrassen durch die UZVR-Klassifizierung behindert wird? Dem LANUV sind keine Fälle bekannt.