LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8341 01.04.2015 Datum des Originals: 01.04.2015/Ausgegeben: 08.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3189 vom 27. Februar 2015 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/8048 Neuer Auftrieb für öffentlich-private Partnerschaften auch in Nordrhein-Westfalen? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 3189 mit Schreiben vom 1. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundeswirtschaftsministerium sucht aktuell nach neuen Wegen, die Lücke bei der Finanzierung der deutschen Infrastruktur zu schließen. Daher will das Ministerium laut der Zeitung „Die Welt“ in den kommenden Wochen durch eine Befragung von Kämmerern herausfinden , wie diese die Einbindung von privatem Kapital einschätzen. Um dem Investitionsstau in den Kommunen beizukommen, plant eine Expertenkommission des Bundeswirtschaftsministeriums , das Volumen öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) auszuweiten. Wie „Die Welt“ berichtet, soll die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzte Kommission neue Wege finden, wie man private Investoren verstärkt bei der Finanzierung der maroden deutschen Infrastruktur beteiligen kann. Demnach sei geplant, ÖPP-Fonds aufzulegen, in denen mehrere vergleichbare Projekte gebündelt werden. Der so entstehende Pool hätte ein ausreichendes Volumen, um für institutionelle Anleger wie Versicherungen attraktiv zu sein. Darüber hinaus soll auch über eine Art Bürgerfonds nachgedacht werden, über den sich private Anleger direkt beteiligen könnten. Durchgeführt würde dies vermutlich von der KfW. Außerdem denkt die Kommission offenbar über die Schaffung einer privaten Gesellschaft zum Autobahnbau nach. Mit den Plänen soll das Problem der Unterfinanzierung der deutschen Infrastruktur gelöst werden, ohne den Staatshaushalt dabei direkt zu belasten. Nach Berechnungen der KfW LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8341 2 hat sich bei den Kommunen inzwischen ein Investitionsstau von 118 Milliarden Euro angesammelt . Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) bereits seit mehr als einem Jahrzehnt als Instrument zur Beschaffung und Finanzierung im Blick. ÖPP ist allerdings kein Selbstzweck und muss sich deswegen immer dem Vergleich mit anderen Beschaffungsalternativen stellen. Ziel muss sein, durch die Nutzung von Effizienzpotenzialen im Einzelfall die Belastungen der öffentlichen Haushalte zu reduzieren. Die Eignung für langfristige Vertragsgestaltungen, die Existenz sauberer Schnittstellen zwischen „Öffentlich“ und „Privat“, sowie vor allem die nachgewiesene Wirtschaftlichkeit dieser Beschaffungsvariante im direkten Vergleich mit konventionellen oder anderen alternativen Beschaffungen muss immer unabdingbare Voraussetzung für eine entsprechende Beschaffungsentscheidung sein. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Pläne des Bundeswirtschaftsministeri- ums, das Volumen öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) auszuweiten? Der Bericht der vom Bundeswirtschaftsminister eingesetzten Kommission ist zum aktuellen Zeitpunkt weder fertiggestellt noch veröffentlicht. Aus diesem Grund kann und wird die Landesregierung deren Arbeit derzeit nicht kommentieren. 2. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die Einbindung von privatem Kapital zur Finanzierung kommunaler Infrastruktur? Die Einbindung von privatem Kapital zur Finanzierung kommunaler Infrastruktur ist grundsätzlich eine Alternative, die es zu berücksichtigen gilt. Sie findet aber dort ihre Grenzen, wo mit derartigen Modellen ein Ausverkauf notwendiger Infrastruktur einhergeht. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat sich in NRW bei partnerschaftlichen Beschaffungsmodellen überwiegend etabliert, dass die öffentliche Hand Eigentümerin des Beschaffungsobjekts ist. Die Finanzierung ist dabei nur ein Modul des gesamten Beschaffungsprozesses. Für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit der gewählten Beschaffungsform sind die Folgen aller anderen Module, z.B. der Herstellungskosten, des Betriebs, aber auch der Risikoverteilung ebenfalls zu berücksichtigen. Nur ein Beschaffungsmodell, das unter Einbeziehung aller dieser Aspekte wirtschaftlich ist, sollte am Ende zum Zuge kommen. Zu bedenken ist aber, dass Private sich zu schlechteren Konditionen refinanzieren und auch eine Rendite erzielen müssen. 3. Wie bewertet die Landesregierung die eigenen Handlungsnotwendigkeiten zur Ausweitung von öffentlich-privaten Partnerschaften? Vor dem Hintergrund der akuten Situation bei der Verkehrsinfrastruktur in NordrheinWestfalen und im Bundesgebiet hat die Landesregierung gemeinsam mit Vertretern aus der NRW-Wirtschaft eine gemeinsame Initiative in 2014 gestartet, deren Ziel ist, die erforderlichen Finanzmittel für Instandsetzung und Modernisierung in Verbindung mit Mitteln der Bun- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8341 3 desregierung bereit zu stellen. Hierbei wird auch zu prüfen sein, inwieweit private Investoren und Betreiber von Infrastruktureinrichtungen mit innovativen und effizienten Ansätzen eingebunden werden können. Seit Anfang 2015 arbeitet das Finanzministerium verstärkt mit der NRW.BANK zusammen mit dem Ziel, die Beratung der kommunalen Ebene zu intensivieren. Auch hierbei wird es aber nicht allein um ÖPP gehen, sondern der Vergleich unterschiedlicher Beschaffungs- und Instandhaltungsstrategien im Mittelpunkt stehen. Mit dieser Neuausrichtung sieht sich die Landesregierung für mögliche Herausforderungen gut aufgestellt. 4. Wie bewertet die Landesregierung den kommunalen Investitionsstau in Nord- rhein-Westfalen? Es wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1288 (Drs. 16/3394) sowie auf den Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales an den Ausschuss für Kommunalpolitik vom 1. März 2013 (Vorlage 16/696) verwiesen. An der dort dargelegten Einschätzung der Landesregierung hat sich nichts geändert. 5. Wie kann nach Ansicht der Landesregierung das Modell von Bürgerfonds in Nordrhein-Westfalen gefördert werden? Das Instrument der Bürgerfonds ist im Gegensatz zu ÖPP zuvorderst eine Finanzierungsalternative , deckt also nur einen kleinen Teil des gesamten Beschaffungsprozesses ab. Auch für dieses Instrument gelten die beschriebenen Anforderungen an Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit .