LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8357 09.04.2015 Datum des Originals: 08.04.2015/Ausgegeben: 14.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3201 vom 5. März 2015 der Abgeordneten Ilka von Boeselager CDU Drucksache 16/8078 Marode sanitäre Einrichtungen an nordrhein-westfälischen Schulen: Vernachlässigt das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule und Weiterbildung seine Aufsichtspflicht ? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3201 mit Schreiben vom 8. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Ausgabe vom 07.06.2009 berichtet der General-Anzeiger, Bonn, unter der Überschrift „Dringender Sanierungsbedarf – Eltern sind von der Stadt enttäuscht“ u. a. von einem „desolaten Zustand der sanitären Einrichtungen“ an der städtischen Paul-Klee-Grundschule in der Bundesstadt Bonn. Rund fünfeinhalb Jahre später, im Januar 2015, informieren Eltern, deren Kinder die Paul-Klee-Grundschule besuchen, unterschiedliche Adressaten über „einen Spendenaufruf der Paul-Klee-Grundschule […], um notwendige Renovierungsarbeiten an den Sanitäranlagen durchführen zu lassen“. Wie die Eltern mitteilen, legen sie auch der nordrhein-westfälischen Ministerin für Schule und Weiterbildung in dem Kontext schriftlich dar, dass manche Schülerinnen/Schüler der Paul-Klee-Grundschule den sanitären Bereich angesichts des desolaten, unhygienischen Zustandes unterdessen ganz meiden würden. Dass öffentliche Schulen oder ihre Fördervereine solcherart nun zu „Bettelbriefen“ greifen müssten, um hygienische Mindeststandards zu gewährleisten, bewerten die Eltern für einen modernen Bildungsstandort im internationalen Wissenswettbewerb als peinlich und entwürdigend . Sie beklagen, dass die Stadt Bonn ihre Verantwortung für die Instandhaltung des Schulgebäudes und seiner sanitären Anlagen vernachlässige. Sie berichten von einer weitläufigen Rücksprache der Eltern untereinander, nach der es mittlerweile „an der Tagesordnung “ sei, dass Eltern die angesichts unhaltbarer Zustände notwendigen Sanierungsmaßnahmen an den Schulen ihrer Kinder in Eigenleistung übernehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8357 2 Sie werfen vor allem aber auch den verantwortlichen Bildungspolitikerinnen und -politikern des Bundeslandes Versagen vor, da keinerlei wahrnehmbare Gewähr übernommen werde gegen den anhaltenden, verbreiteten und völlig inakzeptablen Verfall sanitärer Einrichtungen an nordrhein-westfälischen Schulen. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 497 (Drs. 15/1254), die am 03.02.2011 Berichte über „miserable und beklagenswerte Zustände der sanitären Anlagen in unseren nordrheinwestfälischen Schulen“ aufgreift und als ‚altbekanntes Problem‘ dazu auch mutwillige Beschädigungen zitiert, lässt die Landesregierung am 08.03.2011, Drs. 15/1452, wissen, dass ihr zu den kontextbezogenen Bewältigungsstrategien und Entwicklungen wichtige Informationen fehlen. So gibt sie an, keine Erkenntnisse zu haben im Blick auf den Umfang der Beschäftigung von Toilettenfrauen, die angesichts der hygienischen Missstände auf Veranlassung einer jeweiligen Schule unterdessen zusätzlich zu dem regulären Reinigungspersonal aktiv werden, das der Schulträger verantwortet. Sie gibt an, ebenfalls keine Erkenntnisse zu haben im Blick auf Art, Anzahl, Umfang und Schadenshöhe mutwilliger Zerstörungshandlungen bzw. in puncto Vandalismusschäden, durch die an nordrhein-westfälischen Schulen nicht selten der sanitäre Bereich betroffen wird. Befragt nach Maßnahmen, die zur wirksamen Reduzierung von Verunreinigungs- oder Zerstörungshandlungen im Schulgebäude beitragen können, teilt die Landesregierung mit: „Die Bewirtschaftung und Instandhaltung der Schulgebäude ist Schulträgerangelegenheit (s. § 79 SchulG). In welcher Form Verunreinigungs - und Zerstörungshandlungen mit pädagogischen Mitteln begegnet werden soll, ist Angelegenheit der Schule vor Ort. Empfehlungen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung bestehen hierzu nicht.“ Diese Nicht-Haltung, die die Landesregierung zu den Problemen in den sanitären Bereichen vieler Schulen, die landesweit immer wieder öffentlich werden, einnimmt, ist verstörend. Beispielhaft wird aus den Reihen der Bonner Elternschaft moniert, dass eine Schulaufsicht offenbar selbst dann nicht ausgeübt wird, wenn der Schulträger notwendige Sanierungslasten aufgrund der hochdefizitären Kommunalhaushalte offenkundig und auf unabsehbare Zeit schlechthin aufschiebt oder aufschieben muss. 1. Mit welchen Maßnahmen übernimmt das Ministerium für Schule und Weiterbil- dung als oberste Schulaufsichtsbehörde für die Einrichtungen des nordrheinwestfälischen Schulwesens Gewähr für die Beschaffenheit, Sauberkeit, Sicherheit und Funktionalität der sanitären Einrichtungen? 2. Wie trägt das Ministerium für Schule und Wissenschaft dazu bei, dass die Schüle- rinnen und Schüler Nordrhein-Westfalens an dem jeweiligen Ort ihrer Beschulung kontinuierlich davor geschützt sind, verunreinigte und/oder baufällige sanitäre Einrichtungen in Anspruch nehmen zu müssen? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet . Die Bewirtschaftung und Instandhaltung der Schultoiletten wie des gesamten Schulgebäudes obliegen gemäß § 79 SchulG NRW dem kommunalen Schulträger im Rahmen seiner mit Verfassungsrang ausgestatteten kommunalen Selbstverwaltung. Die Schulaufsicht hat gemäß § 86 Abs. 2 SchulG NRW die Aufgabe, die Schulträger zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten und das Interesse der kommunalen Selbstverwaltung an der Schule zu fördern. In den vergangenen Jahren hat die Landesregierung die systematische Stärkung der Kommunen weiter ausgebaut. Die Befugnisse der Schulaufsicht sind hinsichtlich der Schulträgerangelegenheiten darauf begrenzt, die Rechtmäßigkeit der Schulträgerentscheidungen zu über- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8357 3 wachen. Im Falle zu befürchtender gesundheitlicher Risiken kann das Gesundheitsamt nach Maßgabe des Infektionsschutzgesetzes informiert werden. 3. Mit welchen Initiativen reagiert die Landesregierung auf die besondere Situation an der Paul-Klee-Grundschule in der Bundesstadt Bonn, die ihr bekannt gemacht wurde? Die derzeitigen sanitären Anlagen der Paul-Klee-Grundschule sind nach Auskunft des kommunalen Schulträgers (Stadt Bonn) zwar nicht mehr zeitgemäß, jedoch funktionstüchtig. Nach Mitteilung des kommunalen Schulträgers ist eine umfassende Sanierung der Toilettenanlagen noch für das Jahr 2015 vorgesehen. Der Schulträger kommt seiner Verpflichtung zur Instandhaltung der Schulgebäude ordnungsgemäß nach. Maßnahmen der Schulaufsicht sind vor diesem Hintergrund derzeit nicht geboten. 4. Mit welchen Maßnahmen reagiert die Landesregierung auf einen aufgrund von Vandalismus zunehmenden Wartungsbedarf der sanitären Bereiche nordrheinwestfälischer Schulen? Siehe Antwort auf Frage 1 und auf Frage 2. 5. Wie beurteilt die Landesregierung ein unmittelbares oder mittelbares Ersuchen von Schulen an Eltern, eine Basis-Sauberkeit des sanitären Schulbereichs mit eigenen Mitteln zu gewährleisten? Es gelten hier die Regelungen des § 98 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SchulG NRW. Danach können Schulen für den Schulträger grundsätzlich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben durch Sachund Geldzuweisungen Dritter unterstützt werden. Rechtlich werden die Zuwendungen an den Schulträger und nicht an die Schule geleistet, da es sich bei den einzelnen Schulen nicht um rechtsfähige Anstalten des Schulträgers handelt. Über die Annahme einer Zuwendung entscheidet grundsätzlich die Schulleitung, sofern der Schulträger hierfür keine anderen Vorgaben macht. Die Zuwendungen entbinden den Schulträger gemäß § 98 Abs. 2 SchulG NRW nicht von seinen finanziellen Verpflichtungen nach dem Schulgesetz.