LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8377 13.04.2015 Datum des Originals: 10.04.2015/Ausgegeben: 16.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3241 vom 19. März 2015 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/8230 Können Eltern ihren individuellen Bedarf an Betreuungszeiten auch in der Kindertagespflege frei wählen? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 3241 mit Schreiben vom 10. April 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Während es bei der Auswahl der Betreuungszeiten (25 Stunden, 35 Stunden oder 45 Stunden) in Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen selbstverständlich ist, dass Eltern die eigene Wahl nicht begründen müssen, gilt dies bei der Wahl der Betreuungszeit in der Kindertagespflege leider nicht ausnahmslos. So sind nachweislich Fälle bekannt, in denen das Jugendamt oder der im Auftrag des Jugendamts handelnde Träger sich verpflichtet sieht, den „individuellen Bedarf“ der Eltern selbst zu ermitteln. Von beiden Elternteilen wird daher meist ein Nachweis über den Umfang der Berufstätigkeit, beispielsweise Arbeitsverträge , eingefordert. Die Höhe der durch das Jugendamt gewährten Förderung richtet sich dann nach der Arbeitsbelastung der Eltern. Verliert ein Elternteil den Arbeitsplatz oder übt den Beruf vorrübergehend nicht aus, beispielsweise aufgrund von Mutterschutz bzw. Elternzeit für ein weiteres Neugeborenes, kann sich dadurch die Höhe der Förderung sogar verringern . In § 3a (Wunsch- und Wahlrecht) des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) heißt es in Absatz 3 jedoch: „Der zeitliche Umfang des Betreuungsanspruchs richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Die Eltern haben das Recht, die Betreuungszeit für ihre Kinder entsprechend ihrem Bedarf und im Rahmen dieses Gesetzes zu wählen. Die Träger der Tageseinrichtungen und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) sollen das Angebot an den Bedarfen der Familien ausrichten und den Wünschen für den Betreuungsumfang in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege entsprechen.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8377 2 Eine ähnliche Formulierung findet sich auch in § 24 Absatz 1 des achten Sozialgesetzbuches : „Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.“ Dementsprechend haben Eltern, die ihr Kind in die Kindertagespflege geben, das Recht auf eine freie Wahl der Betreuungszeiten. Diese Rechtsauffassung würde auch der sukzessiven Gleichstellung von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege entsprechen. 1. Wie sind aus Sicht der Landesregierung § 3a Absatz 3 des Kinderbildungsgeset- zes (KiBiz) bzw. § 24 Absatz 1 SGB VIII auszulegen? § 3a Absatz 3 KiBiz und § 24 Absatz 1 Satz 3 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bedeuten inhaltlich übereinstimmend, dass sich der Umfang der Betreuung nach dem individuellen Bedarf richtet, das heißt er ist einzelfallbezogen zu überprüfen. Zu berücksichtigen sind dabei sowohl kind- als auch elternbezogene Bedarfskriterien. 2. Ist es aus Sicht der Landesregierung zulässig, wenn Jugendämter für die Überprü- fung des angemeldeten individuellen Bedarfs Nachweise über die Berufstätigkeit einfordern? Im Rahmen der einzelfallbezogenen Prüfung kann es zulässig sein, dass Jugendämter sich die Gründe für den Betreuungsbedarf darlegen lassen. 3. Ist es aus Sicht der Landesregierung zulässig, wenn Träger für die Überprüfung des angemeldeten individuellen Bedarfs Nachweise über die Berufstätigkeit einfordern ? Bei Beachtung der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen wie dem Diskriminierungsverbot (§ 7 KiBiz) sind die Träger frei darin, welche Kriterien für sie beispielsweise in Zusammenhang mit der Aufnahme und dem Abschluss von Betreuungsverträgen relevant sind. 4. Wie viele Jugendämter verlangen die Vorlage von Arbeitsverträgen oder ähnlicher Nachweise zur Ermittlung des individuellen Bedarfs (bitte Jugendamtsbezirke einzeln auflisten)? Das Land erhebt hierzu keine Daten. 5. Was unternimmt die Landesregierung, damit die gesetzlichen Vorgaben eingehal- ten werden? Die Landesregierung geht davon aus, dass Jugendämter und Träger gesetzliche Vorgaben einhalten.