LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8384 15.04.2015 Datum des Originals: 14.04.2015/Ausgegeben: 20.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3223 vom 11. März 2015 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/8184 Radikalisierung in nordrhein-westfälischen Gefängnissen. Was tut die Landesregierung dagegen? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 3223 mit Schreiben vom14. April 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach den Anschlägen islamistischer Extremisten in Paris ist deutlich geworden, dass vor allem Gefängnisse Orte der Radikalisierung junger Muslime sind. Bereits seit 2007 kümmerte sich der Berliner Verein „Violence Prevention Network“ bundesweit um fanatisierte jugendliche Straftäter. Die EU-Förderung für diese Arbeit lief im Jahr 2014 aus. In der Folge hat auch Nordrhein-Westfalen das Präventionsprojekt eingestellt. Umso erfreulicher ist es, dass jetzt auch der nordrhein-westfälische Justizminister endlich erkannt hat, wie wichtig die präventive Arbeit in Strafanstalten ist, und hat ein 5-PunkteProgramm angekündigt. Thomas Kutschaty hat mitgeteilt, dass er die Beschäftigung von Islamwissenschaftlerinnen und Islamwissenschaftlern in den Gefängnissen des Landes prüft, die radikalisierte Islamisten und solche, die von Radikalisierung bedroht sind, betreuen. Bislang wird diese Arbeit, soweit sie überhaupt geschieht, von ehrenamtlich Tätigen in Zusammenarbeit mit den muslimischen Gemeinden vor Ort übernommen. Zudem kündigte Justizminister Kutschaty an, dass die Landesregierung derzeit mit muslimischen Verbänden im Gespräch sei, um die Voraussetzungen für die Einstellung hauptamtlicher muslimischer Gefängnisseelsorger zu prüfen. Weiterhin soll der Salafismus wissenschaftlich erforscht werden . Unter Einbindung von Islamwissenschaftlern wolle das Land ein Forschungsprojekt zur Prävention von Radikalisierung in Haftanstalten starten. Es sei auch vorgesehen, so Kutschaty, künftig den Anteil von Migranten im Justizvollzugsdienst zu erhöhen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8384 2 1. Seit wann ist die Landesregierung mit den muslimischen Verbänden im Gespräch , um die Voraussetzungen für die Einstellung hauptamtlicher muslimischer Gefängnisseelsorger zu prüfen? Die Landesregierung ist im Rahmen des "dialog forum islam" seit mehreren Jahren im Gespräch mit den im Koordinationsrat der Muslime vertretenen islamischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde Deutschlands. Entsprechend der Ankündigung im Rechtsausschuss des Landtags am 25.02.2015 werden vom Justizministerium selbst Gespräche mit den Verbänden geführt, die den Ausbau der religiösen Betreuung muslimischer Gefangener zum Ziel haben. Die Frage einer Einstellung hauptamtlicher muslimischer Seelsorger ist bisher nur am Rande angesprochen worden, da eine solche die - noch nicht vorliegende - Anerkennung der muslimischen Verbände als Religionsgemeinschaft voraussetzt. 2. Wann kann mit einem Ergebnis und konkreten Schritten gerechnet werden? Eine zeitliche Prognose ist derzeit nicht möglich. 3. Welche Kriterien muss ein "muslimischer Ansprechpartner" erfüllen, um Zulas- sung zu Gefangenen zu bekommen? Ein Zugang zu Gefangenen ist nach einer Zulassung als ehrenamtliche Betreuerin oder Betreuer möglich. Die Voraussetzungen sind der AV des JM vom 02.04.2009 (4450 - IV B. 56) zu entnehmen. 4. Wann wird die Landesregierung das Forschungsprojekt zur Prävention von Ra- dikalisierung in Haftanstalten starten? Wie bei der Ankündigung des 5-Punkte-Programms mitgeteilt, soll die Kompetenz von Islamwissenschaftlerinnen und Islamwissenschaftlern hinzugezogen werden; eine entsprechende Stellenausschreibung wird derzeit vorbereitet. 5. Wie gedenkt die Landesregierung mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte für die Vollzugsanstalten zu gewinnen bzw. ist dazu z.B. eine Kampagne geplant ? Die Schaffung und Förderung interkultureller Kompetenz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des nordrhein-westfälischen Justizvollzugs ist ein wichtiges vollzugspolitisches Anliegen . Hierzu können Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer eigenen persönlichen Lebenswege und Erfahrungen einen wertvollen Beitrag leisten. Im Rahmen des Art. 33 Abs. 2 und 3 GG wird daher nachdrücklich versucht, ihren Anteil am Personal des Justizvollzugs zu erhöhen.