LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8394 16.04.2015 Datum des Originals: 15.04.2015/Ausgegeben: 21.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3222 vom 11. März 2015 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/8183 Wie steht die Landesregierung zum Vorstoß aus den Ländern, Asylsuchenden in Ausbildung ein eigenständiges, befristetes Aufenthaltsrecht zu gewähren? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3222 mit Schreiben vom 15. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gab es im Jahr 2014 in Deutschland insgesamt 202.834 Asylanträge (BAMF „Aktuelle Zahlen zu Asyl“, S. 3). Allein im Monat Januar 2015 wurden 21.679 Asylanträge verzeichnet (Vorjahr: 12.556). Die hohe Zahl an Flüchtlingen ist mit erheblichen finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand verbunden. Viele Asylsuchende sind gewillt, eine Berufstätigkeit aufzunehmen und für den eigenen Lebensunterhalt und den Unterhalt der Angehörigen zu sorgen. Für sie stellt sich neben der Unterbringung und Versorgung die Frage nach einer sozialen Absicherung und beruflichen Perspektive. Die geplanten Änderungen des Aufenthaltsgesetzes hinsichtlich der Arbeitserlaubnis weisen daher in die richtige Richtung. Hinsichtlich einer Berufsausbildung allerdings steht dem Ausbildungswunsch zahlreicher junger Flüchtlinge und der Ausbildungsbereitschaft vieler Unternehmen bislang ein Mangel an Planungssicherheit entgegen. So nachvollziehbar es ist, dass Handwerksmeister und Unternehmer davor zurückschrecken Ausbildungsverträge abzuschließen, solange jederzeit mit einer Abschiebung des Auszubildenden zu rechnen ist, so nachteilig wirkt sich dies auf die Bildungschancen junger Menschen aus. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist es dringend notwendig, die Integration der Flüchtlinge schnellstens voranzutreiben. Dazu gehören neben Sprach- und Integrationskursen auch berufliche Perspektiven. Ein Nebeneffekt könnte die Entlastung öffentlicher Haushalte sein. Möglich werden kann dies z. B. durch ein eigenständiges, befristetes Aufenthalts- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8394 2 recht für Menschen in Berufsausbildung. Die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben hierfür in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin geworben. 1. Warum hat sich die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen nicht an der Initiative der Ministerpräsidenten aus Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland -Pfalz beteiligt? Die mit dem Schreiben vom 04. Februar 2015 verfolgte Zielsetzung findet sich auch im Beschluss des Bundesrates vom 06. Februar 2015 (BR-Drs. 642/14B), in dem die Bundesregierung unter Nr. 2 Buchstaben d bis f aufgefordert wird, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung zu prüfen, ob der Gesetzentwurf um Regelungen ergänzt werden kann, die die aufenthaltsrechtliche Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Berufsausbildung verbessern. Dieser Beschluss wurde von der Landesregierung mitgetragen. 2. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung z.B. auf dem Erlass- wege dafür zu sorgen, ausreisepflichtigen Menschen in Berufsausbildung den Abschluss ihrer Ausbildung zu ermöglichen? Gemäß § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und den hierzu ergangenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz (AVwV-AufenthG) besteht u.a. die Möglichkeit, eine Duldung aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen zu erteilen. Zu diesen Gründen gehört auch der Abschluss einer Schul- oder Berufsausbildung (Nr. 60a.2.3.1 in Verbindung mit Nr. 25.4.1.6.1 AVwV-AufenthG). Die Länder sind an die bundesrechtlichen Vorgaben der AVwV gebunden. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates (BTDrs . 18/4199) bereits angekündigt, weitergehenden in diesem Zusammenhang bestehenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu prüfen. 3. Wie viele Flüchtlinge befinden sich in Nordrhein-Westfalen in einer Berufsausbil- dung (aufgeschlüsselt nach Ausbildungsberuf, Alter, Geschlecht, Herkunft und Wohnort)? Hierzu werden keine statistischen Erhebungen durchgeführt. 4. Wie viele Menschen in Berufsausbildung wurden bislang abgeschoben, ohne dass sie ihre Ausbildung beenden konnten (aufgeschlüsselt nach Ausbildungsberuf, Alter, Geschlecht, Herkunft und Wohnort)? Hierzu werden keine statistischen Erhebungen durchgeführt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8394 3 5. Wie unterstützt die Landesregierung Flüchtlinge, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, bei der Integration in den Arbeitsmarkt? (Bitte die einzelnen Maßnahmen unter Angabe von Projektträger, Durchführungsort, Höhe der Fördermittel und Zahl der geförderten Personen auflisten.) Beim Flüchtlingsgipfel NRW Ende 2014 wurde von der Landesregierung NRW der Anspruch formuliert, Flüchtlinge auch in Arbeit und Ausbildung zu integrieren, um ihnen eine Chance auf ein selbstbestimmtes und selbstfinanziertes Leben zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund wird aktuell durch das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW in Kontakten mit allen zu beteiligenden Akteuren geprüft, welche Kriterien eine Konzeption enthalten muss, um Flüchtlinge bei ihrem Wunsch nach Arbeit und Ausbildung möglichst erfolgreich zu unterstützen. Pilotprojekte sollen dazu beitragen, Wege zu ebnen und die Kooperation der Beteiligten zu verbessern. Da hier viele Institutionen zusammenwirken müssen, können exemplarisch Standardformate zur beruflichen Entwicklung von Flüchtlingen entwickelt und verankert werden . Aktuell stehen zwei solcher Pilotprojekte in der Arbeitsmarktregion Siegen-Wittgenstein/Olpe (Berufsbildungszentrum bbz der IHK Siegen) sowie der Arbeitsmarktregion Niederrhein (Qualifizierungs- und Vermittlungs-GmbH der Kreishandwerkerschaft Duisburg) kurz vor dem Projektstart. Insgesamt werden rund 70 Flüchtlinge erreicht. Die Förderung beträgt ca. 250.000 Euro. Darüber hinaus wird bei der Förderung der Arbeitsmarktintegration durch Feststellung der mitgebrachten Qualifikationen das Programm „Beratung für berufliche Entwicklung“ zur Beratung der Flüchtlinge zu Anerkennungsverfahren miteinbezogen. Damit die Möglichkeiten der Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen ausgeschöpft werden können , hat das Arbeitsministerium ein flächendeckendes Beratungsangebot geschaffen. 125 Beratungsstellen in ganz Nordrhein-Westfalen stehen hier zur Verfügung (www.weiterbildungsberatung.nrw.de).